Landesdenkmalamt in Esslingen

Retrolamellen ersparen die Klimaanlage

Ein Ensemble aus sechsgeschossiger, schmaler und vollständig verglaster Scheibe und hufeisenförmigem Schulbau aus dem 19. Jahrhundert ist der Sitz des Landesdenkmalamts Baden-Württemberg in Esslingen. Den Glasquader entwarfen Planer des Esslinger Architekturbüros Odilo Reutter, für die Modernisierung des ehemaligen Schelztorgymnasiums zeichnet der ebenfalls aus Esslingen stammende Architekt Heinz Dümmel verantwortlich. Der Neubau dient der Unterbringung von Labor-, Werkstatt- und Büroarbeitsplätzen.

Landesdenkmalamt in Esslingen
Landesdenkmalamt in Esslingen
Lageplan

Gelegen an einer Schnittstelle zwischen mittelalterlichem Stadtkern und gründerzeitlicher Stadterweiterung (Westend) nimmt das neue Haus gezielt Bezug auf die vorhandenen Strukturen: Als stadträumlicher Abschluss der Blockrandbebauung klinkt es sich an den bestehenden Solitär an und schafft eine differenzierte Raumfolge entlang der Martinstraße von Straßenraum zu Platzraum. Eine Torsituation zwischen Altstadt und Weststadt entsteht.

Der im Innenhof der historischen Anlage implantierte Kubus für die Restaurierungswerkstatt fügt dem Hof eine weitere Dimension hinzu. Ein so genannter Werkgraben in Analogie zum mittelalterlichen Stadtgraben an gleicher Stelle dient der Verzahnung von Alt und Neu und der Belichtung der Werkstätten im Untergeschoss. Zudem erweitert er die Arbeitsbereiche ins Freie und bietet der Öffentlichkeit Einblicke in die Restaurierungstätigkeit.

Sonnenschutz
Dank weit gespannter Deckenträger entlang der Mittelachse sind die Grundrisse der gläsernen Scheibe stützenfrei, die Lasten werden nahe den Gebäudeenden über kräftige Betonscheiben abgetragen. Eine feste Sonnenschutzverglasung mit im Scheibenzwischenraum integrierten Retrolamellen dient der Konzentration von thermischer Hülle, Sonnenschutz und Lichtlenkung innerhalb einer Schicht. Mit diesem System sind rund 80 % der verglasten Flächen des Baukörpers ausgestattet. Das Lichtlenksystem wurde neu entwickelt und ermöglicht bei einem Reflektionsgrad von 95 % noch eine Durchsicht von 56 %. Als Blendschutz gegen die tief stehende Wintersonne dienen innenliegende, bewegliche Rollos als transluzente Screens.

Daneben sorgen hochformatige und flächenbündige, parallel ausziehbare Fensterflügel mit raumseitigen, beweglichen Jalousien für natürliche Belüftung. Der gute Sonnenschutz innerhalb der Fassade ermöglicht auch bei hohen sommerlichen Temperaturen einen Betrieb des Gebäudes ohne zusätzliche künstliche Kühlung. Heizung und Minimalkühlung des Gebäudes erfolgen daher über die Decken im Mittelbereich zur Grundtemperierung, individuell regelbare Betonfertigteilkassetten im Deckenrandbereich sowie Unterflurkonvektoren für Leistungsspitzen.

Die Restaurierungswerkstatt im Innenhof des Altbaus bildet mit einer Hülle aus Streckmetall ein körperhaftes Gegengewicht zur transparenten Leichtigkeit des Sechsgeschossers. Das nach den Vorgaben der Architekten gefertigte Gitter dient sowohl dem Sonnen- als auch dem Einbruchschutz. -cv

Bautafel

Architekten: Odilo Reutter Architektur, Esslingen a.N. (Neubau und Ergänzung), Dipl.-Ing. Heinz Dümmel, Esslingen a.N. (Sanierung Altbau)
Projektbeteiligte: GN Bauphysik, Stuttgart (Gebäudeklimatik + Bauphysik); Köster Lichtplanung, Frankfurt/Main (Fassadenberatung und Tageslichttechnik) Dipl.-Ing. Heinz Meissnest, Esslingen (Tragwerksplanung), Firma Okalux, Marktheidenfeld (Isolierverglasung mit Lichtlenksystem), Firma Warema, Marktheidenfeld (Innenliegender Blendschutz), Firma Retro-Solar, Kirn (Innenliegende Retrolamellen), Firma Rau Streckgitter, Sinsheim (Streckmetallgitter)
Bauherr: Stadt Esslingen, Hochbauamt
Fertigstellung: 2003
Standort: Berliner Str.12, 73728 Esslingen
Bildnachweis: Okalux, Marktheidenfeld

Fachwissen zum Thema

Um sowohl Direkt- als auch Reflexblendung am Arbeitsplatz zu verhindern, sollten die Fenster mit variabel verstellbaren Verschattungselementen ausgestattet sein.

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Funktionen

Blendschutz an Arbeitsplätzen

Isolierverglasung mit integriertem Metallgitter (Okatech) im Kulturhaus der schwedischen Stadt Kungsängen

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Arten und Formen

Sonnenschutz im Isolierglasverbund

Um Sonnenschutzanlagen, wie hier Außenraffstoren, perfekt in die Fassade zu integrieren, müssen sie früh in der Planung berücksichtigt werden. Architektur: Chipperfield Architects, Forum Museumsinsel, Berlin

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Grundlagen

Sonnenschutz und Fassade

Die wolkengleiche Ultraleichtkonstruktion „Solar Spline“ besteht aus scheinbar frei schwebenden PV-Modulen. Der Prototyp des Fachgebiets für Experimentelles Entwerfen und Konstruieren (EEK) der Universität Kassel in Kooperation mit der Studienwerkstatt für Digitale Entwurfs- und Fertigungsmethoden der Kunsthochschule Kassel verbindet Energiegewinnung und Verschattung.

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Grundlagen

Zur Entwicklung des Sonnenschutzes

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