Laborgebäude des Bundesamts für Materialforschung in Berlin

Eisenoxidarmes Ornamentglas mit Riffelstruktur

Die Weiterentwicklung der Sicherheit in Technik und Chemie ist die zentrale Aufgabe der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin. Für ihre Zweigstelle im Technologiepark Adlershof war ein neues Laborgebäude notwendig geworden, da die Bestandsbauten den gestiegenen Anforderungen nicht mehr genügten. Die Erweiterung erfolgte durch das Berliner Architekturbüro Kleyer Koblitz Letzel Freivogel Architekten. Sie schufen einen mäanderförmigen Baukörper mit z-förmigem Grundriss, der den orthogonalen Stadtgrundriss fortführt und die vorhandenen Institutsgebäude zu einem gemeinsamen Campus verbindet.

Allen Fassaden gemein ist eine feine Abstufung zwischen Transparenz und Semitransparenz
Ornamentglas und Kunst-am-Bau-Projekt aus farbig bedruckten Folien bilden eine Einheit
Insgesamt verfügt das Gebäude über sechs unterschiedliche Fassadenausbildungen

Herz der Anlage ist ein großzügig angelegter Platz, der zweiseitig von dem Neubau gefasst wird. Hier liegt auch der Haupteingang – deutlich erkennbar an dem darüber auskragenden Seminarraum mit Textilhülle. Er erschließt ein geschossübergreifendes Foyer, von dem aus sich die Labor- und Büroflure des dreispännig organisierten Gebäudes verteilen. Die Architekten entschieden sich für diese Gliederung, da sie eine horizontale Verbindung der Labore mit den dazugehörigen Büros ermöglicht. Die drei im Raumprogramm als Sonderelemente ausgewiesenen Nutzungen: Seminarraum, Technikum und Spektrometer sind anhand ihrer jeweils unterschiedlichen Fassaden als Einzelkörper klar ablesbar und dennoch in die Gesamtstruktur des Gebäudes integriert.

Insgesamt verfügt das Gebäude über sechs unterschiedliche Fassadenausbildungen: die Laborfassade, die Bürofassaden Südost/Südwest, die Bürofassaden zum Innenhof, die Fassaden der Sonderbaukörper, die Foyerfassaden und die Fassade der Technikaufbauten. Allen gemein ist eine feine Abstufung zwischen Transparenz und Semitransparenz. Zusammen erzeugen sie ein mal transparent, mal transluzent und mal glitzernd reflektierendes Erscheinungsbild, das sich je nach Blickwinkel, Licht- und Wettersituation verändert.

Glas
Als Fassadenmaterialien kommen großflächige Isolierverglasungen, textile Fassadengewebe, Profilbaugläser sowie Verglasungen aus linear strukturiertem Ornamentglas zum Einsatz. Letztere wurden in enger Zusammenarbeit mit den Architekten eigens für dieses Projekt entwickelt. Statt der sonst üblichen Glasstärke von 4 mm, produzierte der Hersteller ein 10 mm dickes Dekorglas, das sowohl den ästhetischen als auch den statischen Anforderungen genügte. Dazu verwendete er farbneutrales Weißglas, das aufgrund des geringen Eisenoxidanteils nicht den glastypischen Grünstich aufweist. Insgesamt 4.200 Quadratmeter der Ornamentgläser wurden thermisch zu ESG vorgespannt. Da es ich um vertikale Einfachverglasungen handelt, mussten die Gläser nach dem Vorspannen einem Heißlagerungstest unterzogen werden. Dieser senkt das Spontanbruchrisiko infolge Nickelsulfid-Einschlüssen deutlich.

Die Ornamentglasscheiben wurden überwiegend als hinterlüftete Fassade mit einem größeren Abstand zur Außenwand befestigt, was für eine gewisse Tiefenwirkung sorgt. Sie wurden so eingebaut, dass ihre Struktur quer verläuft und dadurch mit der horizontalen Gliederung der Fassade korrespondiert. Lediglich auf der Südwest- und Südostseite des Gebäudes ist die Glasstruktur in Teilbereichen vertikal ausgerichtet, weil das dort installierte Kunst-am-Bau-Projekt aus farbig bedruckten Folien mit der Oberflächenstruktur des Glases zusammenspielt. So erleben Passanten, wie sich im Vorbeigehen durch ihre eigene Bewegung die Farbe der künstlerisch gestalteten Ornamentglasscheiben verändert.

Zu einer mehrschichtigen Isolierverglasung laminiert, bilden die Ornamentglasscheiben in nicht hinterlüfteten Fassadenbereichen mit einer Gesamtfläche von 110 Quadratmetern den unmittelbaren thermischen Abschluss des Gebäudes. Für die restlichen Fassaden- und Fensterflächen kamen Wärme- und Sonnenschutzgläser in verschiedenen Ausführungen zum Einsatz.

Bautafel

Architekten: Kleyer Koblitz Letzel Freivogel, Berlin
Projektbeteiligte: Saar, Enseleit + Partner, Berlin (Tragwerksplanung); Witte, Berlin (Projektsteuerung); Büro für Bauphysik Weiße, Wansleben (Bauphysik); Technische Prüfstelle Bendin, Berlin (Brandschutz); Dr. Heinekamp, Berlin (Laborplanung); Müller & Bleher, Berlin und Ingenieurbüro Mayer, Berlin (TGA); Metallbau Möller, Erfurt (Metallbau); Saint-Gobain Glass Werk Mannheim (Glashersteller: Cool-Lite xtreme 60/28, Cool-Lite SKN 174, Securit-H Estradio Diamant); Glaskontor Erfurt, Flachglaswerk Radeburg, Thiele Glas, Deutsche Glas Berlin-Brandenburg und GVG Deggendorf (Glasverarbeiter)
Bauherr: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Berlin
Fertigstellung: 2014
Standort: Richard-Willstätter-Straße 11, 12489 Berlin
Bildnachweis: Olaf Rohl, Aachen für Saint-Gobain Glass

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Funktionsgläser

Isolierglas

Gussglas am Haus der Zukunft (Futurium) in Berlin, Architekten: Richter Musikowski

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Basisgläser

Ornamentglas

Bruchbild infolge von Nickelsulfid-induziertem Spontanbruch

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Schäden

Spontanbruch von ESG durch Nickelsulfid-Einschluss

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