Kunstzentrum Z33 in Hasselt

Kunstvoller Einsatz von Verblendmauerwerk nach römischem Vorbild

Das nach Plänen des Büros Francesca Torzos 2019 im belgischen Hasselt realisierte Haus für zeitgenössische Kunst, Design und Architektur Z33 passt sich in einen geschichtsträchtigen Stadtbaustein ein: Ehemals beherbergte der Zuivelmarkt 33 – hier leitet sich auch der Name des Bauwerks ab – einen Beginenorden, eine religiöse Gemeinschaft von Frauen, die nach dem christlichen Armuts- und Bußideal lebten. Die Architektur des Beginenhofes, einer Klosteranlage aus dem 12. Jahrhundert, setzt sich aus kleinteiligen, heterogenen Baufragmenten zusammen. Im 19. Jahrhundert entstand auf dem Grundstück eine Gin-Destillerie und 1958 realisierte G. Daniëls ein Ausstellungsgebäude. Die Aufgabe für die Planenden umfasste dementsprechend die Renovierung des Bestands sowie einen neuen Erweiterungsbau, der sich in dieses vielschichtige Ensemble einfügt.

Im Innenhof grenzt der Neubau an die alte Destillerie aus dem 19. Jahrhundert.
Die Architektur ist zum Innenhof orientiert, der allseitig von dem Ensemble aus Bestand und Neubau umfasst wird.
Der Bau bildet kleine Nischen aus.

Eine „stille“ Fassade

Der viergeschossige Neubau auf unregelmäßigem, polygonalem Grundriss nimmt die städtebaulichen Prinzipien der Beginerbauten auf: Der Bau grenzt sich zum Stadtraum Richtung Osten mittels einer sechzig Meter langen und zwölf Meter hohen Außenwand, die dem Verlauf des Bürgersteigs folgt klar ab und bildet eine introvertierte, zum Innenhof hin ausgerichtete Architektur. Zu den wenigen Perforationen dieser Mauer gehören zwei übergroße Öffnungen an den äußeren Enden, die Zugang zum Komplex gewähren. Über den südlicheren der beiden gelangen die Besucherinnen und Besucher zu einem kleinen Vorplatz auf dem ein Springbrunnen plätschert – ein Plätzchen, das auf die zahlreichen kleinen Durchgänge, Nischen und Gassen mittelalterliche Städte anspielt.

Die Architektin selbst beschrieb die Mauerwerksfassade als „still“, sie würde sich beschützend um den Garten im Innenhof legen. Was als Ausdruck der Abschirmung verstanden werden könnte, hat hier einen ganz gegenteiligen Effekt: Die massive, monolithische Wand übt aufgrund des kunstvoll und kleinteilig gestalteten Verblendmauerwerks eine geradezu magische Anziehungskraft aus. Die im Querschnitt rautenförmigen Ziegel lösen die mächtige Fläche in eine feine Fischhaut auf. Hierbei spielt die leicht violett schimmernde Terrakottafarbe der Steine eine entscheidende Rolle, welche die Verantwortlichen gemeinsam mit dem Hersteller entwickelten.

Raumnetzwerke

In den Innenräumen des Gebäudes wird mit den Maßstäben gespielt. Durchgänge und Öffnungen variieren stark in ihrer Größe, mal wirken sie überdimensioniert, dann wieder schmal und niedrig. Immer wieder gibt es Deckendurchbrüche, die doppelte Raumhöhen entstehen lassen. Die Aneinanderreihung der Räume legt unterschiedlichste Perspektiven frei, die an die multiplen Blickbeziehungen innerhalb einer mittelalterlichen Stadt wie Hasselt erinnern. Die weiß verputzten Wände wirken wie Leinwände, auf denen sich das in dem Gebäude abspielende Leben abzeichnet. Den oberen Abschluss bilden gefaltete Betonkassettendecken – Reminiszenzen an die aufwendigen Deckenarchitekturen venezianischer Paläste.

34.494 Ziegel

Auch das aufwendige Verblendmauerwerk knüpft an historische Vorbilder an: Es erinnert an die Bautradition des Opus Reticulatum, ein römischer Mauerwerksverband, bei dem die Steine pyramidenförmig bearbeitet und mit der Spitze in den feuchten Putz auf der äußeren Mauerschale gedrückt wurden, sodass ihre quadratische Grundfläche nach außen zeigte. Dabei wurden sie so angeordnet, dass eine der Ecken nach unten zeigt und somit der Eindruck eines Netzes auf der Fassade entsteht. Die Ziegelsteine des Z33 haben eine rautenförmige Grundfläche, sodass dieser Effekt noch verstärkt wird. Insgesamt wurden knapp 34.500 Steine mit den Maßen 13 x 20 x 3,7 cm vermauert. Die Kimm- und Randsteine weichen von dieser Form ab, um jeweils einen geraden Abschluss zu ermöglichen.

Hinter der dekorativen Ziegelfassade verbirgt sich ein zweischaliger Wandaufbau aus außenliegenden bewehrten Mauersteinen und einer innenliegenden, 20 cm starken Betonwand, die durch eine 12 cm dicke Dämmung voneinander getrennt sind. Die Fassade weist nur eine einzige Dehnungsfuge im Gebäudeknick auf. -lw

Bautafel

Architekten: Francesca Torzo architetto, Genua
Projektbeteiligte: Gattoni Piazza, Origlio, eng. Gianfranco Bronzini Conzett Bronzini Partner, Chur / ABT Belgi., Antwerpen (Tragwerks- und Fassadenplanung); Ben Boving, Gattoni Piazza, Origlio (Elektrotechnik)
Bauherrschaft: Provincie Limburg + Z33, Hasselt
Fertigstellung: 2019
Standort: Bonnefantenstraat 1, 3500 Hasselt, Belgien
Bildnachweis: Gion Balthasar von Albertini, Brüssel; Francesca Torzo architetto, Genua

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