Kulturzentrum Pierre Blanche in Saint-Jean-de-Boiseau

Perforiertes Mauerwerk für außen und innen

Wie ein zusammengeschobenes Dorf wirken die Blöcke mit ihrer Hülle aus sandfarbenen Terrakotta-Ziegeln, die gemeinsam das Espace Culturel des Pierre Blanche in Saint-Jean-de-Boiseau, westlich von Nantes bilden. Das Kulturzentrum wurde nach Entwürfen des Büros Raum realisiert und beherbergt drei Proberäume für Tanz, Theater und Musik sowie einen bestuhlten Saal. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Umgang mit den Mauersteinen sowohl in der Fassadengestaltung als auch im Innenraum.

Der Bau wirkt, als sei er aus monolithischen Blöcken unterschiedlicher Größe zusammengesetzt.
Die einzelnen Volumina unterscheiden sich in Höhe, Breite und Neigung der Dachflächen, sodass ein Ensemble aus heterogenen Formen entsteht.
Die Formen sind von den verschiedenen räumlichen Nutzungen abgeleitet, die sie jeweils beherbergen.

Das Kulturzentrum liegt am südlichen Rand des Ortes, umgeben von Einfamilienhäusern, Sportanlagen und Feldern. Aus der Ferne erscheint der Neubau als sei er aus monolithischen Blöcken unterschiedlicher Größe zusammengesetzt. Diese unterscheiden sich in Höhe, Breite und Neigung der Dachflächen, sodass ein Ensemble aus heterogenen Formen entsteht. Ihre Kubaturen sind von den verschiedenen räumlichen Nutzungen abgeleitet, die sie jeweils beherbergen. Über eine Wiese führt ein Weg – ebenfalls aus Terrakotta-Ziegeln – zu dem nordöstlich gelegenen Haupteingang.

Von der Umgebung geformt

Die Basis des Grundrisses bildet ein Rechteck, dessen Seiten teilweise wie nach innen gedrückt anmuten, um mit der Ausrichtung der Außenwände Bezug zu der Umgebung aufzunehmen. Einzig die südwestliche Rückseite des Gebäudes, die Richtung der Wiese und Felder orientiert ist, wurde ohne Versatz ausgebildet. Der Innenraum wird durch einen Korridor, der über die gesamte Gebäudelänge von Nordwesten nach Südosten verläuft, in zwei ungleiche Hälften geteilt. Gleich hinter dem Haupteingang liegt ein quadratischer Patio, der in den Pausen geschützten Aufenthalt im Freien ermöglicht. Eine Fensterfront auf der Gebäuderückseite kann vollständig geöffnet werden, sodass sich der hier angeordnete Konzertsaal in den Außenraum ausdehnen lässt. Immer wieder stellen großzügige Öffnungen Bezüge zur Landschaft her.

Das Innere des Gebäudes zeichnet sich durch die Materialsichtigkeit der Bauelemente aus: unverputzter Beton, Holztüren- und Fenster sowie Parkett als Bodenbelag und Mauerziegel als Wandbekleidung. Diese harmonieren farblich mit den sichtbaren, hölzernen Deckenträgern des Konzertsaals.

Mauerwerk: Ziegel für außen und innen

Die kantigen Konturen der einzelnen Volumina werden durch den organisch-weichen Charakter der sandfarbenen Terrakotta-Ziegel der Gebäudehülle kontrastiert. Die Außenwände sind zweischalig ausgeführt. Hinter dem Vormauerwerk befindet sich eine Wärmedämmung aus Mineralwolle, die tragende Schale besteht aus Beton. Das Mauerwerk ist im Flämischen Verband ausgeführt. Bei einzelnen Wandflächen wurden verkürzte Binder nach hinten versetzt und vor Fenstern sogar gänzlich weggelassen, was der Fassade einen gitterartigen Charakter verleiht. Damit spielen die Architekten auf Maschrabiyyas – dekorative Holzgitter aus der traditionellen islamischen Architektur – an, die zum Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung oft für Fenstern oder Türen verwendet wurden. Neben der dekorativen Funktion und dem Sonnenschutz dient das Gitter-Mauerwerk zugleich als Sicht- und Einbruchschutz.

Besonders interessant ist der Umgang der Architekturschaffenden mit den Innenwänden des Veranstaltungssaals: Diese erhielten ebenso wie die Fassade eine Bekleidung aus Sichtmauerwerk, das hier zudem für eine gute Raumakustik sorgt. Dafür wurde auf der Betonwand zunächst schalldämmender Filz verlegt. Darauf folgen die Terrakotta-Ziegel, die wie die äußere Vormauerschale im Flämischen Verband vermauert sind. Auch hier sind die verkürzten Binder nach hinten versetzt. Die angrenzenden Stoßfugen wurden nicht vermörtelt, sodass viele kleine Hohlräume entstanden. Damit wurde die schallabsorbierende Fläche erhöht, wodurch sich die Raumakustik deutlich verbessert. -lw

Bautafel

Architekten: Raum, Nantes
Projektbeteiligte: Serba, Challans (Tragwerk); Isocrate, Nantes (Tragwerk); cmb44, Nantes (Bauökonomie); serdb, Nantes (Akustik); Laurence Leroy, Paris (Bühnengestaltung); d'ici là, Nantes (Landschaftsarchitektur)
Bauherr: Ville de Saint-Jean-de-Boiseau
Fertigstellung: 2019
Standort: Rue des Pierres Blanches, 44640 Saint-Jean-de-Boiseau, Frankreich
Bildnachweis: Audrey Cerdan, Nantes; Raum, Nantes

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