Kulturzentrum in Shenzhen

Ganz auf Linie

Öffentliche Bauten in China werden gerne groß gedacht. Das ist bisweilen auch nötig, denn die Dimensionen der Projekte übersteigen die bei uns üblichen erheblich. Die Stadt Shenzhen nördlich von Hongkong bewohnen insgesamt etwa 12,5 Millionen Menschen. Im Unterbezirk Longgang leben mit fast zwei Millionen Einwohnern ungefähr so viele Menschen wie in Hamburg – und das auf ungefähr der Hälfte der Fläche der Hansestadt.

Kulturzentrum und Park bilden einen neuen Schwerpunkt des öffentlichen Lebens in Longgang.
China gestern und heute: vorne im Bild eine niedrige Siedlung im traditionellen Stil, hinter dem Kulturzentrum die Wohn- und Bürohochhäuser.
Stillleben mit Hunden: Blick aus dem traditionellen Quartier zum Kulturzentrum

Das von Mecanoo Architekten aus Delft entworfene Longgang Kulturzentrum bildet, zusammen mit einem Park, auf 3,8 Hektar Grundstücksfläche einen neuen Schwerpunkt des öffentlichen Lebens in dieser Stadt in der Stadt. Seine 95.000 Quadratmeter Nutzfläche verteilen sich auf vier Baukörper, die auf fast einem halben Kilometer Länge hintereinander aufgereiht worden sind. Kultur und Konsum sind in ihrem Inneren miteinander verflochten: Im größten der Volumen sind ein riesiger Buchladen sowie Cafés und Restaurants untergebracht. In den anderen drei Baukörpern finden sich ein Kunstmuseum, ein Jugendzentrum mit Räumen für Musik und Sport sowie ein Wissenschaftszentrum für Kinder und Jugendliche. Ergänzt wird der Komplex durch eine unterirdische Shopping-Passage und eine Tiefgarage.

Gitterartiges Skelett

Die geneigten, geschwungenen Fassaden der vier Baukörper sind mit einem roten Metall verkleidet. Gegliedert werden sie durch schmale eingeschnittene Bänder mit teilweise verglasten Flächen. Punktuell finden sich auch größere Öffnungen mit öffenbaren Fenstern in der Fassade. Zwischen den einzelnen Volumen bleiben torartige Durchgänge. Sie verbinden den Park mit der Bebauung jenseits des lang gestreckten Komplexes. Durch die Positionierung an den Schmalseiten der vier Bauten befinden sich die Eingänge an diesen Passagen, die ihnen so als überdachte Vorplätze dienen.

Die tragende Hülle der Skelettbauten ist eine Mischkonstruktion aus Stahl und bewehrtem Ortbeton. Ihre teils stark geneigten Außenwände haben ein gitterartiges Tragwerk, bei dem mit Stahlbeton ummantelte Verbundstützen die Hauptlast tragen. Neben der hohen Tragfähigkeit bietet die Hybridkonstruktion einen besseren Brandschutz als eine reine Stahlkonstruktion. Innen sieht man sowohl die Stützen und Träger des Fachwerks als auch die Ausfachungen, die vor allem in den geschwungenen Bereichen in Glasfaserbeton ausgeführt wurden. Durchgehende Lufträume und Treppenanlagen an der Innenseite der Gebäudehülle erlauben es den Besuchern, die Konstruktion in ihrer ganzen Höhe zu erleben.

Gerüst: Bastelarbeit mit Stahlrohren
Was auf den Bildern der Baustelle auf den ersten Blick wie ein Bambusgerüst aussieht, ist in Wirklichkeit ein handwerklich montiertes Stahlrohrkupplungsgerüst. Insbesondere zur Bewältigung ungewöhnlicher Gebäudegeometrien – aber auch sonst – werden in China Gerüste oft mit verschieden langen Stahlrohrprofilen und Verbindungsmuffen den Bedürfnissen der jeweiligen Baustelle individuell angepasst.

Wegen der geringeren Kosten sind solche Gerüste in China populärer als Systemgerüste. Darüber hinaus gibt es dort günstig verfügbare Arbeitskraft – in Longgang etwa leben überdurchschnittlich viele Wanderarbeiter – und im Vergleich zu westlichen Ländern niedrigere Sicherheitsstandards. Von diesem lückenhaften Arbeitsschutz zeugen auch die Baustellenfotografien in der Bildergalerie dieses Beitrags.

Bautafel

Architekten: Mecanoo, Delft
Projektbeteiligte: CCDI, Shenzhen (Partnerbüro / Bauleitung)
Bauherr: Bezirksregierung Longgang / China Vanke / SPDG, Shenzhen
Standort: Bezirk Longgang, Stadt Shenzhen, Provinz Guangdong, China
Fertigstellung: 2019
Bildnachweis: Zhang Chao; Eungyoung; Mecanoo, Delft


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