Kirchensanierung in Vilanova de la Barca

Weißes Ziegelmauerwerk trifft gotisches Bruchsteinmauerwerk

Über Jahrzehnte war die Kirche Santa Maria im spanischen Vilanova de la Barca dem Verfall anheimgegeben. Das gotische Gotteshaus aus dem 13. Jahrhundert war durch Bomben im Spanischen Bürgerkrieg 1936 schwer getroffen worden und seitdem ungeschützt der Witterung ausgesetzt. Den Angriff hatten lediglich Vierung, Westfassade sowie Teile des Haupt- und des nördlichen Seitenschiffes überstanden. Im Jahr 2009 beschloss die Stadtverwaltung zusammen mit der katalanischen Regierung zu handeln und beauftragte AleaOlea architecture & landscape mit der Sanierung – mit dem knappen Budget von 275.000 Euro. Von Beginn war vorgesehen, dass aus der einstigen katholischen Kirche eine säkulare Multifunktionshalle wird, die für Konzerte, Hochzeiten, Ausstellungen oder auch Workshops gemietet werden kann.

Ein zentrales Element der Restaurierung ist die Verlegung des Haupteingangs an die Südseite
Dort spannen die alten Mauern zusammen mit dem benachbarten Einfamilienhaus einen an drei Seiten gefassten Raum auf, der als ruhiger Vorplatz dient
Die Planer ergänzten die Versatzstücke der alten Bruchsteinmauern um ein luftig-leichtes, weißes Ziegelmauerwerk, das sich eindeutig als moderne Vervollständigung zu erkennen gibt

Die Planer ergänzten die Versatzstücke der alten Bruchsteinmauern um ein luftig-leichtes, weißes Ziegelmauerwerk, das sich eindeutig als moderne Vervollständigung zu erkennen gibt. Als oberen Abschluss erhielt der Bau ein neues flach geneigtes Satteldach, das im Inneren ebenfalls weiß gestaltet wurde. Wesentliche historische Bauteile wie beispielsweise das Strebewerk romanischen Ursprungs und das Kreuzrippengewölbe der Vierung im spätgotischen Stil wurden erhalten. Ein zentrales Element der Sanierung war die Verlegung des Haupteingangs an die Südseite des Gebäudes. Dort spannen die alten Mauern zusammen mit einem benachbarten Einfamilienhaus einen an drei Seiten gefassten Raum auf, der als ruhiger Vorplatz dient. Das ehemalige straßenseitige Ostportal direkt in der Vierung wird nicht mehr als Zugang genutzt, die historischen Holztüren blieben jedoch bestehen. Der einst vermauerte Westzugang wurde wieder geöffnet und mit einer Glastür versehen.

Neben dem Haupteingang entstand ein kleiner Anbau, der die für die neue Funktion als Multifunktionshalle notwenigen Sanitäranlagen beherbergt. Der sanierte Bau bietet nun auf 300 Quadratmetern Platz für unterschiedlichste Veranstaltungen, ohne dass er seine spirituelle Atmosphäre einbüßen musste. Beim Fritz-Höger-Preis 2017 für Backsteinarchitektur wurde der Umbau in der Kategorie Bestes Sanierungsprojekt mit der Auszeichnung Winner Gold prämiert. Außerdem erhielt er den Special Prize in der Kategorie Building out-side the box des Wienerberger Brick Awards 2018.

Mauerwerk

Die Bestandsaufnahme der erhaltenen Bausubstanz im Vorfeld der Sanierung ergab, dass die weichen aus der Region stammenden Steinblöcke des Bruchsteinmauerwerks stark verwittert und porös waren. In Ergänzung zu den vorhandenen Fragmenten konzipierten die Planer eine 68 cm starke zweischalige Wand, die innen und außen mit den alten Steinquadern des Bestandsmauerwerks bündig abschließt. Zwischen der inneren und äußeren Schale des Wandaufbaus verblieb ein 35 cm tiefer Hohlraum. Zum Innenraum bilden hochkant vermauerte Hochlochziegel mit den Maßen 28 x 12,5 x 9 cm den Raumabschluss. Dahinter wurde eine 5 cm Wärme- und Schallschutzdämmung aufgebracht. Durch die Ausrichtung der Lochung in den Hochlochziegeln zum Innenraum, konnte gleichzeitig auf kostengünstige Weise die Akustik verbessert werden, da der Schall gestreut und nicht von einer glatten Fläche reflektiert wird.

Den äußeren Witterungsschutz bildet eine selbsttragende Klinker-Vorsatzschale. Weiße Vormauerziegel mit den Maßen 24 x 11,5 x 5 cm wurden im Flämischen Verband, bei dem sich innerhalb der Schicht Läufer und Binder regelmäßig abwechseln, vermauert. Durch die Entscheidung, die Binder gegenüber den Läufern jeweils um 3 cm einzurücken, entsteht der Eindruck einer gewobenen Textur. Einzig im Anschluss um die Fragmente des alten Bruchsteinmauerwerks sind die Fassaden glatt ausgeführt. Vor den neuen Fensteröffnungen in der Südfassade wurden die Binder weggelassen, sodass ein Lochmuster entsteht durch das Licht ins Innere einfallen kann.

Bautafel

Architekten: AleaOlea architecture & landscape, Barcelona
Projektbeteiligte: Baldomer Ric, Barcelona (Ausführungsplanung); Campanyà Vinyeta SL, Barcelona (Tragwerksplanung); UTE Construccions Jaen-Vallés - Urcotex Inmobiliaria, Gandesa (Bauunternehmen); Tejeria Iturralde, Navarra (Ziegelhersteller)
Bauherr: Gemeinde Vilanova de la Barca
Fertigstellung: 2016
Standort:
Carrer Raval de la Creu, 25, 25690 Vilanova de la Barca, Lleida, Spanien
Bildnachweis: Adrià Goula, Barcelona; AleaOlea architecture & landscape, Barcelona

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