Kindertagesstätte Planckton in Tübingen

Umbau und Erweiterung mit gefalteter Dachlandschaft

Ein zentraler Forschungsbereich auf dem Campus der Max-Planck-Gesellschaft in Tübingen ist die Entwicklungsbiologie; auch die spezifischen Steuerungs- und Regelungsvorgänge von Organismen und Ökosystemen stehen hier im Fokus. Die kompakten, teils solitären Institutsgebäude entstammen verschiedenen Jahrzehnten und sind entlang einer zentralen Achse organisiert. Eine noch junge Einrichtung ist das Institut für Intelligente Systeme. Zurückversetzt zu diesem befindet sich an der südöstlichen Hangseite die Kinderkrippe Planckton. Die Kindertagesstätte erfüllt nicht nur den wachsenden Betreuungsbedarf für den Nachwuchs der hier Forschenden, sie erhöht auch die Attraktivität des Standortes für internationale Fachkräfte.

Als Kinderkrippe Planckton bietet der Bau mit anliegendem Garten nun Platz für 30 Kinder unter drei Jahren. Die Planung oblag dem Büro Architekten und Partner Dannien Roller.
Den Bestand aus der Nachkriegszeit, einen schlichten zweigeschossigen Massivbau mit Satteldach, umschließt die eingeschossige Erweiterung an drei Seiten.
 Eine Fassadenbekleidung aus sandfarbenen Faserzementtafeln in verschiedenen Formaten eint alt und neu.

Ein ehemaliges Direktorenwohnhaus aus den 1950er-Jahren wurde dafür umstrukturiert, energetisch saniert und um einen Anbau ergänzt. Die Planung oblag dem Büro Architekten und Partner Dannien Roller. Die Kita ist gut erreichbar und dennoch ruhig gelegen. Das zum südlichen Tal abfallende Gelände geht in Grünanlagen mit Baumbestand über. Ein befestigter Spazierweg verläuft zu benachbarten Gartengrundstücken. Das Gebäude bietet Platz für 30 Kinder unter drei Jahren, die im Außenbereich mit Rasen und Beerensträuchern, Obstbäumen, Bobbycar-Fahrstrecke und Sandkasten spielen können.

Einheitliche Hülle für Bestand und Anbau

Von dem schlichten Nachkriegsbau mit Satteldach, der auf zwei Etagen 285 m² umfasst, blieb nur die massive Struktur erhalten. Der eingeschossige Anbau umschließt den Bestand an drei Seiten und bietet weitere 280 m² Fläche. Eine Fassadenbekleidung aus sandfarbenen Faserzementtafeln in verschiedenen Formaten eint alt und neu. Die Hülle erstreckt sich vom Satteldach des Bestands über dessen Fassaden und die des Anbaus, einem Holzrahmenbau. Dessen mehrfach gefaltetes Dach ist begrünt. Das Auf und Ab der Dachform bleibt in den zwei neuen Gruppenräumen sichtbar.

Räumliches Konzept
In Zusammenarbeit mit den pädagogischen Fachkräften der Kita entwickelten die Planer ein halboffenes Raumkonzept. Neben Gruppenarbeit sollen die Kinder auch selbstständig im Haus unterwegs sein und eigene Entdeckungen machen. Jede der drei Krippengruppen hat einen eigenen Raum: Zwei befinden sich in der Erweiterung und einer an der südlichen Ecke des Bestands. Sie sind über einen breiten Gang verbunden, an dessen Nordostseite sich der Eingang befindet, und der auch zur südwestlichen Gartenseite verglast ist. Diese Erschließungszone ist niedriger als der Anbau. Ein Windfang leitet über in den Flur, von dem auch die kindgerechten Toiletten, die Küche und weitere Räume erschlossen werden. Im Obergeschoss sind Büros untergebracht. Durch die im Erdgeschoss fast bodentiefen Fenster gelangt viel Tageslicht ins Gebäude, sie geben den Blick ins Grüne frei. Interne Sichtbezüge entstehen durch Fensternischen in den Wänden und einige Glastüren.

Akustik: Sprachverständlichkeit und Nachhallzeit
Bis zu 80 Dezibel kann die Lautstärke während Spielphasen in Gruppenräumen von Kindergärten erreichen. Das entspricht dem Lärmpegel einer Hauptverkehrsstraße. Bekanntermaßen verursacht Lärm Stress – sowohl bei Kindern als auch pädagogischen Fachkräften. Auch beeinträchtigen laute Hintergrundgeräusche die Hör- und Sprachfähigkeit. Für eine gute Raumakustik in der Tübinger Betreuungsstätte wurde daher bereits in einer frühen Planungsphase ein Akustikkonzept eingebunden. Bauliche Maßnahmen zur Lärmminderung verbessern die Arbeitsbedingungen der Erzieher und fördern die Sprachentwicklung der Kleinkinder, Kommunikation und Verständlichkeit werden erleichtert. Insbesondere für mehrsprachige Kinder, die aus internationalen Familien stammen und erst Deutsch lernen, ist dies wichtig. Für eine gute Hörsamkeit in Räumen ist die Nachhallzeit ausschlaggebend. Um sie zu optimieren, das heißt zu verkürzen, kommen Schallabsorber an der Decke zum Einsatz.

Schallabsorbierende Holzwolle-Leichtbauplatten

Alle Deckenflächen der unteren Etage sind mit magnesitgebundenen Holzwolle-Leichtbauplatten (HWL) in kräftigem Rosa verkleidet. Während die beiden Gruppenzimmer im Anbau eine doppelte Raumhöhe mit bewegter Deckenform haben, sind die Deckenflächen im Bestand plan. Im Brandüberschlagsbereich zum zweigeschossigen Baukörper konnte durch eine Mineralfaserauflage der Brandschutz in der Feuerwidestandsklasse F30 sichergestellt werden. So ist die Deckenuntersicht überall einheitlich. Die Akustikelemente im Format 1.200 x 600 mm sind im unregelmäßigen Läuferverband angeordnet. Mit unauffälligen Schrauben sind sie über eine Holzlattung an die OSB-Platten der Holzdachkonstruktion befestigt. Der Zwischenraum bietet Platz für die Installationsebene.

Die schallabsorbierenden und ballwurfsicheren Sauerkrautplatten bestehen aus zwei Millimeter dicken Holzfasern und einem emissionsfreien Bindemittel, sind daher gesundheitlich unbedenklich. Für die Einfärbung der Platten werden Silikatfarben auf der Basis von Kaliwasserglas und organischem Bindemittel verwendet. Der Schallabsorptionswert einer 15 Millimeter dicken Platte liegt zwischen αw = 0,65 und αw = 0,75 (abgehängt mit Akustikauflage).

Die Akustikdecke verkürzt nicht nur die Nachhallzeiten, sondern setzt zugleich einen gestalterischen Akzent. Der gewählte warme Farbton fällt insbesondere vor den weißen Wänden und dem hellgrünen, marmorierten Bodenbelag auf. -jb

Bautafel

Architektur: Architekten+Partner Dannien Roller, Tübingen
Projektbeteiligte: Schneck Schaal Braun Ingenieurgesellschaft Bauen, Tübingen (Statik und Bauphysik); Stefan Fromm, Dettenhausen (Außenanlagen); Ingenieurbüro Raible, Eningen (Elektrotechnik); Planungsgruppe M+M, Böblingen (Versorgungstechnik), Knauf AMF, Grafenau (Akustikplatten)
Bauherrschaft: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, München
Fertigstellung: 2017
Standort: Max-Planck-Campus, Spemannstr. 32, 72076 Tübingen
Bildnachweis: Dietmar Strauß, Besigheim

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