Justizvollzugsanstalt Düppel in Berlin

Offener Vollzug: klare Regeln, geringe Sicherheitsvorkehrungen

Eingebettet in eine Feld- und Waldlandschaft und gegenüber von einem Zehlendorfer Reithof liegt die neue Justizvollzugsanstalt Düppel. Sie ist eine von vier Anlagen des offenen Männervollzugs in Berlin und wird durch einen einfachen Stahlgitterzaun begrenzt. MGF Architekten aus Stuttgart konzipierten das Gefängnis als dreigeschossigen, U-förmigen Bau, in dem Unterbringung, Versorgung und Verwaltung der Insassen vereint sind.

Das Gelände ist begrenzt durch einen einfachen Stahlgitterzaun
Einzelunterkunft im offenen Vollzug: weder vandalen-, noch ausbruchsicher
Der Betonbau mit Vorsatzschale aus Ziegelmauerwerk

Die Seitenflügel beherbergen die Einzelunterkünfte für bis zu 250 Strafgefangene; gemeinschaftlich genutzte Räume und solche für die Verwaltung befinden sich im Verbindungsteil dazwischen. Hier liegt auch der zentrale Eingangsbereich, der den Blick zum hellen, großzügigen Innenhof ermöglicht. Die Außenbereiche sind klar gegliedert, alle Gemeinschaftsbereiche orientieren sich zum Hof, an dessen offener Seite ein Fußballplatz und Werkstätten anschließen. Auf dem übrigen Gelände entstehen Gärten und Felder sowie als Erweiterung eines bestehenden Gewächshauses ein moderner Verkaufsbereich für die hauseigene Gärtnerei.

Das Gebäude ist in massiver Betonbauweise errichtet und teilweise unterkellert. Im Keller befinden sich neben der Technik und Umkleideräumen für das Personal ein Fitnessraum mit Friseurbereich und ein Hauswirtschaftsraum für alle Häftlinge. Alle äußeren Fassaden sind mit einer hinterlüfteten Vorsatzschale aus Ziegelmauerwerk verkleidet, die Fassaden zum Innenhof mit einem hellgrau verputzten Wärmedämmverbundsystem. Durchgehend hohe und schmale Fensterelemente mit drehbaren, vertikalen Lamellen aus dunkelgrauem Stahl als Sicht- und Sonnenschutz rhythmisieren die Gebäudehülle. Wände aus Sichtbeton und helle Holztüren prägen das Innere der JVA. Die Einzelunterkünfte sind identisch und schlicht möbliert, gruppenweise stehen Gemeinschaftsküchen und Sanitärbereiche zur Verfügung.

Sicherheit
Die Sicherheitsvorkehrungen in dieser Anstalt des offenen Männervollzugs sind eher gering, die Gefangenen können sich hier grundsätzlich frei bewegen. Ziel ist ihre Resozialisierung – die Insassen sollen auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Deshalb sind in der JVA Düppel nur Inhaftierte untergebracht, die für den offenen Vollzug geeignet sind, kein Sicherheitsrisiko für die Gesellschaft darstellen und denen eine korrekte Lebensführung und konsequente Mitarbeit unter geringer Aufsicht zugetraut werden. Für Gefangene, die gegen Auflagen und Vorschriften verstoßen, gibt es zwei (vandalen-) gesicherte Hafträume im Erdgeschoss. Von dort werden sie zurück in den geschlossenen Vollzug der JVA Tegel oder JVA Charlottenburg gebracht.

Insofern ähnelt das Konzept eher einer streng geregelten Männerpension. Jeder Insasse besitzt die Schlüssel zu seinem Zimmer, die er beim Verlassen der Anstalt in einem Schließfach im Bereich der durchgehend besetzten Pforte einschließt. Einzelunterkünfte und Büroräume der Verwaltung sind mit den gleichen Holztüren versehen und über ein mechanisches Schließsystem mit Profilzylindern gesichert. Die Gefangenen gehen teilweise einer geregelten Tätigkeit außerhalb der JVA nach oder sind tagsüber auf dem Gelände unter Aufsicht in der Gärtnerei, den Werkstätten oder im Gebäude beschäftigt. Häftlinge mit eigenem Einkommen verpflegen sich selbst und kochen in Gemeinschaftsküchen.

Nachts bleibt das Gebäude verschlossen, die Gefangenen können sich aber innerhalb der Wohngruppen frei bewegen. Außer dem Eingangsbereich sind drei weitere Ausgänge, die als Notausgänge fungieren, elektronisch gesichert. Neben den (vandalen-) gesicherten Hafträumen sind der Server- und Technikraum sowie die Zahlstelle im Verwaltungstrakt speziell gesichert. Hier steht ein Tresor mit Zahlenschloss, es gibt schusshemmende Türen, eine Geldausgabestelle mit manueller Schiebemulde, Gegensprechanlage und schusshemmender Verglasung sowie diverse Bewegungsmelder. Eine Überfall- und Einbruchmeldeanlage mit direkter Schaltung zur Polizei sichert diesen geschützten Bereich.

Besuche von Außenstehenden in den Unterkünften sind nicht erlaubt, Handys dürfen nur außerhalb der Anstalt benutzt werden. Die Besuchszeit beträgt in der Regel eine Stunde am Wochenende zwischen 15 und 17 Uhr; der Besuchsraum ist nicht überwacht. Insassen mit Freigangserlaubnis können monatlich bis zu 60 frei nutzbare Stunden Ausgang erhalten. Ihre Einzelräume entsprechen dem Standard des offenen Vollzugs und sind weder vandalen- noch ausbruchsicher ausgeführt. Die Fenster sind dementsprechend auch nicht vergittert - eine vertikale Mittelstange dient vorrangig als Absturzsicherung. Ein Verlassen des Zimmers (beispielsweise über Nacht) durch die Fenster ist mit Gewalt zwar möglich, bliebe aber nicht unentdeckt, da sich die Stahlstäbe dauerhaft verbiegen. Ein solcher Regelverstoß hätte die Verlegung in den geschlossenen Vollzug zur Folge.

Im Evakuierungsfall informiert eine optische und akustische Alarmanlage die Insassen und das Personal, sodass sie das Gebäude über die Notausgänge verlassen können.

Bautafel

Architekten: MGF Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Einsbisneun Architekten, Berlin (Bauleitung); GMS Architekten + beratende Ingenieure, Berlin (Projektsteuerung); Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Berlin (Projektleitung); IBB Ingenieurgemeinschaft für Baustatik und Baukonstruktion, Berlin (Statik); Ricarda Mieth, Berlin (Kunst am Bau)
Projektname: Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin (JVA OVBerlin) – Bereich Robert-Von-Ostertag-Straße
Bauherr: Senatsverwaltung für Justiz, Berlin
Fertigstellung: 2010
Standort: Robert-von-Ostertag-Straße 2, 14163 Berlin-Zehlendorf
Bildnachweis: Urte Schmidt, Berlin

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