Jugendherberge in Bremen

Dachterrasse mit Weserblick

Anlass für den Umbau und die Erweiterung einer Jugendherberge aus den fünfziger Jahren war die Erhöhung der Kapazität der bestehenden Herberge und der Wunsch, die Standards der Gästezimmer zu verbessern. Für die Stadt Bremen war das Projekt ein wichtiger Baustein bei der Revitalisierung des Weserufers und Faulenquartiers.

Um die Bündigkeit des Bauvolumens im 1.OG zu betonen, sind die Attika und der Holzbelag ebenengleich angeordnet ...
Freier Weserblick nach Süden
... das Geländer aus vertikalen Stäben ist so eingebaut, daß der untere Holm ebenenbündig mit dem Belag abschließt und kaum in Erscheinung tritt.

Die Erweiterung der Jugendherberge setzt Alt und Neu bewusst in ein Verhältnis von Resonanz und Reibung zueinander. Das Erscheinungsbild des Neubaus ist vor allem städtebaulich motiviert: Das Baukörperschema der Jugendherberge, das aus einem Riegel mit Flachbau bestand, wurde zu einem verdichteten Ensemble aus drei Volumen unterschiedlicher Gestalt, Höhe und Orientierung transformiert. Ein neuer kubischer Baukörper für die Gästezimmer zeigt weithin Präsenz am Weserufer. Mit sieben Geschossen orientiert sich das Gebäude an der Höhe der Nachbarbebauung und in seiner Stellung an den giebelständigen Häuser der Uferpromenade. An der Westseite schafft die Jugendherberge eine Platzkante und wertet so die räumlich bisher undefinierte Straßenerweiterung zum Platz auf. Nach Süden hin ermöglicht der Erweiterungsbau den Blick aus den Räumen des Altbaus in Richtung Weser. Allseitig ragt der neue Baukörper in die Straßenfluchten und erzeugt so Blickbezüge und spannungsreiche Verengungen des Stadtraums.

Der Farbton Aubergine des Flachbaus lehnt sich an den rot-braunen Ziegelton der Altbaufassaden an, ist aber hochglänzend. Dieser dunkle Ton bringt die hellen Gelbtöne des neuen Bettenhauses zum Leuchten. Die Variationen der Zitronen-, Orange-, Gelb und Beigetöne enthält leichte Disharmonien, die erfrischend wirken. Sowohl das dunkle Aubergine als auch die Gelbtöne lassen das Gebäude je nach Lichtstimmung und Blickrichtung anders wirken; immer aber leuchtet es weithin als Signal, wie die gelb markierten Schifffahrtszeichen in der Weser.

Flachdach
Da das zur Verfügung stehende, knapp geschnittene Grundstück vollkommen überbaut ist, sollte für die Gäste mit einer Dachterrasse ein kommunikativer, windgeschützter Außenraum mit Ausblick nach Süden über die Weser geschaffen werden. Die Terrasse liegt im zweiten Obergeschoss auf dem Dach des Flachbaus, der gemeinschaftliche Nutzungen wie Foyer, Speisesaal und Konferenzräume aufnimmt. Sie wird entweder von einem kleinen Patio des ersten Obergeschosses über eine Außentreppe oder von der 'Lounge' im Rücksprung des zweiten Obergeschosses am Neubau erschlossen. Durch die Terrassenfläche schiebt sich das Oberlicht des Foyers, in das man auch hineinblicken kann. Von den höhergelegenen Gästezimmern geht der Ausblick über die Terrasse auf den Fluss.

Sowohl aus Gründen der Barrierefreiheit als auch aus architektonischen Gründen ist der Übergang von den angrenzenden Räumen des zweiten Obergeschosse nach außen zur Dachterrasse stufenlos gestaltet. Um die Bündigkeit des Bauvolumens im ersten Obergeschoss zu betonen, sind Attika und Holzbelag ebenengleich angeordnet. Die Attika ist - wie der ganze Baukörper des ersten Obergeschosses - aus Aluminium-Verbundplatten gefaltet. Auf der Stahlbetondecke über dem ersten Obergeschoss ist ein gefälleloser Umkehrdachaufbau mit 18 cm Wärmedämmung angeordnet. Über diesem liegt auf einer Unterkonstruktion aus Bohlen über lastverteilenden Platten der Holzbelag. Das Geländer aus vertikalen Stäben im Abstand <12 cm ist so eingebaut, dass der untere Holm ebenenbündig mit dem Belag abschließt und so kaum in Erscheinung tritt. Das Geländer ist gegenüber der Vorderkante des Baukörpers zurückgesetzt und durch seine Kurvierung als eigenständige Figur herausgearbeitet. Pflanztröge aus speziell vorgefertigten Betonelementen mit integrierten Leuchten und Handlauf ermöglichen an der Nahtstelle zum Altbaudach die Anpflanzung einer Hecke als Abgrenzung und Windschutz.

Strom- und Wasseranschluss für den Ausschank auf der Terrasse sind in ein nach außen öffenbares Paneel der Pfosten-Riegel-Fassade integriert.
Der Holzbelag zieht sich konsequent über die ganze Dachfläche des Neubaus und ist somit auch auf den (unbetretbaren) Dachflächen im Bereich des geschosshohen Rücksprungs im zweiten Obergeschoss des gelb-orangen Kubus' zu finden. Hier liegen ein Konferenzraum und - am Kopf - eine 'Lounge' mit Weserblick. Die geschosshohen Fenster der Fassade weisen an dieser Stelle gläserne Brüstungen als Absturzsicherung auf, so dass auf ein Terrassengeländer verzichtet werden konnte. Die Detaillierung unterstützt den Eindruck geometrisch präziser Bauvolumina und eines nahtlosen Übergangs von innen nach außen.

Bautafel

Architekten: Raumzeit Architekten, Berlin
Projektbeteiligte: Greschik & Falk, Lörrach/Berlin (Tragwerksplanung); Hol-Ing, Berlin (Projektsteuerung); IGS Schwerin, (Haustechnik); Baurep Neubrandenburg (Rohbau); Lenderoth, Bremen (Glasfassade); Höhne-Schmidt, Guhrow (Fassade Alucobond)
Bauherr: Deutsches Jugendherbergswerk, Landesverband Unterweser-Ems
Fertigstellung: 2005
Standort: Kalkstraße 6, Bremen

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