Internat auf dem Agronomie-Campus in Bella Vista

Deutsche Architekturstudenten bauen in Bolivien

Rund zwanzig Kilometer nordwestlich der bolivianischen Großstadt Cochabamba liegt das Dorf Bella Vista auf gut 2.800 Metern Höhe in den Anden. In Kooperation mit der Fundación Cristo Vive Bolivia, deren Ziel die Armutsbekämpfung in Lateinamerika ist, haben von 2013 bis 2015 Studierende des Fachgebiets Entwerfen und Baukonstruktion der TU Berlin unter Leitung von Professor Ralf Pasel in einem ersten Bauabschnitt ein bereits bestehendes Ausbildungszentrum um eine Landwirtschaftsschule für 75 Schülerinnen und Schüler erweitert (Baunetz Wissen berichtete – siehe Surftipps). In einer zweiten Bauphase wurde nun das Internat auf dem Agronomie-Campus fertiggestellt und im Oktober 2018 eröffnet.

Bella Vista liegt auf 2.800 Meter Höhe inmitten der Anden. Im Hintergrund sieht man das Sheddach der Landwirtschaftsschule.
Mit dem Internatsgebäude bietet sich nun auch jungen Menschen aus abgelegenen Dörfern Boliviens die Möglichkeit, die Landwirtschaftsschule zu besuchen.
Der Wohn- und Gemeinschaftsraum öffnet sich mit großen Fenstern zum Platz und zum ummauerten Hof.

Lernen und Wohnen auf dem Campus

Das Internatsgebäude ermöglicht jetzt auch jungen Menschen aus abgelegenen Dörfern Boliviens den Besuch der Landwirtschaftsschule, um dort eine fundierte Ausbildung zu erhalten. Unter der Woche übernehmen die Schüler den Betrieb des Agronomie-Campus in Eigenverantwortung.

Wie zuvor bei dem Lehrgebäude wurde der Internatsneubau von Studierenden der TU Berlin entworfen, geplant und anschließend gemeinsam mit lokalen Partnern vor Ort umgesetzt. Auf eine erste Entwurfsphase in Gruppenarbeiten folgte die Entwicklung des finalen Projektentwurfs in enger Rücksprache mit dem Bauherrn und in Zusammenarbeit mit den Fachplanern aus den Lehrstühlen Tragwerksplanung und Gebäudetechnik der TU Berlin.

Errichtet wurde das Internat im südlichen Teil des Campus. Zusammen mit der Schule bildet der eingeschossige Neubau einen als öffentlichen Treffpunkt dienenden Platz aus. Sein Grundriss ist in drei Zonen gegliedert: den großen flexibel unterteilbaren Wohn- und Gemeinschaftsbereich, der zum Feld und zum Platz orientiert ist, der ruhigere, platzabgewandte Schlaftrakt mit dem privaten, von Mauern umfassten Innenhof und dazwischen, quasi als Pufferzone zwischen Schlafen und Gemeinschaft, die Nebenräumen mit den Bädern, der Abstellkammer, der Technik und den Schränken.

Energieeffizient konzipiert

Die großflächigen Glaselemente in der Fassade erhöhen tagsüber die solaren Energieerträge und sorgen für ein mildes Raumklima am Abend. Das gedämmte Dach stülpt sich zu einem Oberlicht aus für eine weitere, natürliche Lichtquelle im Gebäudeinneren. Strom erhält das Gebäude über die gemeinsame Photovoltaikanlage mit der Schule. Ein Thermosiphon für Warmwasser versorgt die Bäder und die Küche. Das Internat und die Landwirtschaftsschule sind an eine neue gemeinsame Kanalisation mit Sammelbecken für Regenwasser, Grauwasser und Schwarzwasser angeschlossen.

Mauerwerk: Monolithische Bauweise im Blockverband

Der Neubau wurde wie das Schulgebäude ausschließlich mit vor Ort erhältlichen Materialien errichtet.

Die 39 cm starken, einschaligen Außenwände sind ohne zusätzliche Wärmedämmung konzipiert und wurden im Blockverband mit abwechselnden Binder- und Läuferschichten aufgemauert. Die verwendeten Tonziegel sind aufgrund großer Vorkommen an hochwertiger Tonerde in der Gegend weit verbreitet und stammen aus einer örtlichen Ziegelei. Speziell für das Projekt wurden sie als Handformstein in einem Sonderformat mit den Maßen 19 x 9 x 5 cm hergestellt. Als Mörtel wurde ein grauer Zementmörtel verwendet.

Die selbstragenden Mauern, die den Hof einfassen, wurden ebenfalls in monolithischer Bauweise errichtet. Aufgrund der statischen Anforderungen sind sie in 49 cm Stärke ausgeführt.

Beim Deutschen Ziegelpreis 2019 wurde das Projekt mit einer Anerkennung ausgezeichnet.

Bautafel

Architektur: Prof. Ralf Pasel, TU Berlin, Entwerfen und Baukonstruktion (CODE – Construction and Design), Berlin
Projektbeteiligte: Ralf Pasel, Andreas Skambas, Lorena Valdivia, Anna Wortmann, Max Hacke mit Studierenden der TU Berlin (Team); Klaus Rückert, TU Berlin (Tragwerksplanung); Lokale Handwerker (Ziegelhersteller)
Bauherrschaft: Fundación Cristo Vive Bolivia
Fertigstellung: 2018
Standort:
Bella Vista, Cochabamba, Bolivien
Bildnachweis: Cristóbal Palma; CODE, Berlin

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