Industrialisierter Wohnungsbau der 70er Jahre/Plattenbauten

In den 1970er-Jahren gewinnt das industrielle Bauen ganz entscheidend an Bedeutung. In der Bundesrepublik entsteht eine ganze Reihe von Fertigteilbausystemen. Durch Verlagerung der Produktion von der Baustelle in die Werkhalle erhofft man sich die Ausschöpfung zusätzlicher Ressourcen zur Steigerung der Produktivität und zur Senkung der hohen Baukosten. Hohe Stückzahlen sollen, ähnlich wie in der Industrie, eine größere Wirtschaftlichkeit garantieren. Zahlreiche Großsiedlungen aber auch viele Universitätsneubauten und Verwaltungsgebäude zeigen die weite Verbreitung dieses Bautyps aus der Zeit der 70er Jahre.

Plattenbauten in Berlin-Marzahn
Wohnbebauung in der Berliner Hedemannstraße errichtet 1974 nach Plänen von Werner Düttmann.
Die Berliner Rathauspassagen mit ihren facettenartig gegliederten Fassaden entstanden 1967-72 in Stahlbetonskelettbauweise

In der DDR wird das industrialisierte Bauen zum dominierenden Bauverfahren. Hier sind es vor allem Plattenbausysteme, Bausysteme der Beton-Großtafelbauweise, die ab den 70er Jahren den Wohnungs- und Verwaltungsbau völlig beherrschen. Hierbei hatte der Produktionsablauf Vorrang vor allen anderen Kriterien. Grundrisse mussten sich bedingungslos dem Konstruktionsraster unterordnen.
Zunächst vor allem in der DDR ohne jede Wärmedämmung versehen, werden bei steigender Rohstoffknappheit zunehmend wärmegedämmte Konstruktionen aus Schaumbeton oder aus zwei- und dreischalige Platten ausgeführt. Mit Einführung der wärmegedämmten Konstruktionen wurden die Energiebilanzen dieser Gebäude besser als viele aus vergleichbaren anderen Bauepochen.

Besonders nachteilig auf das Image dieser Gebäudekategorie hat sich ihr außerordentlich massives und uniformes Erscheinungsbild ausgewirkt. Hinzu kommen gravierende Verarbeitungsmängel und eine oft lieblose Gestaltung.

Was muss besonders beachtet werden?

  • Sanierungsschwerpunkte dieser Gebäude sind die Verbesserung der äußeren Gestaltung, im Allgemeinen verbunden mit einer Verbesserung des Wärmeschutzes, eine Erneuerung der Dacheindeckung, Ergänzungsmaßnahmen beim Brandschutz sowie die Erneuerung der gesamten Haustechnik, einschließlich der Fahrstühle.

  • Ein ganz wesentlicher Mangel dieser Baualtersstufe ist ihre sehr brutale Gestaltung und ihr schlechtes Image. Jede Modernisierung muss deshalb die Verbesserung der äußeren Gestaltung zum vorrangigen Ziel haben.

  • Der konstruktive Brandschutz der Gebäude ist im Allgemeinen gesichert. Ein Problem stellt bisweilen, vor allem bei manchen Gebäudetypen der ehemaligen DDR, die Fluchtwegesituation dar, wenn nur ein Treppenhaus vorhanden ist. Hier sind, in Abstimmung mit den Brandschutzbehörden geeignete Alternativen zu entwickeln. Hinweise hierzu finden sich in: „Böhning; Altbaumodernisierung im Detail“

  • Bei Hochhäusern ist zu berücksichtigen, dass Druckerhöhungsanlagen erforderlich sind, um die oberen Etagen zu versorgen. Bisweilen ist es von Vorteil, weil auf den Etagen der erforderliche Raum fehlt, die Druckerhöhung im Keller vorzusehen, und dann getrennte Einspeisungen etwa alle sechs Etagen vorzusehen.

  • Die Wärmedämmung der Gebäude aus den 70er Jahren, auch die Gebäude der ehemaligen DDR ist besser als bei vielen vergleichbaren Baualtersstufen. Dennoch sollte immer beachtet werden, dass im Zuge der Modernisierung der Wärmeschutz weiter verbessert wird, allein schon um den Anforderungen der Energieeinsparverordnung gerecht zu werden. Konstruktiv ist dies im Allgemeinen kein Problem.

  • Bei den Gebäuden aus der ehemaligen DDR spielt die Sanierung der einzelnen Plattenfugen eine große Rolle. Allerdings muss häufig ohnehin die gesamte Fassade saniert werden, vor allem auch um die Gestaltung zu verbessern, so dass die Sanierung der Fugen in diese Maßnahmen eingebunden wird.
Typische Merkmale
  • Standardisierte Stahlbetonbauteile, industriell vorgefertigt
  • Zunächst keine Wärmedämmung, erst später wärmegedämmte Konstruktionen
  • Teilweise sehr stark experimenteller Charakter
  • Grundrisse auf Produktionsraster aufgebaut
  • Teilweise schwierige Wohnungszuschnitte mit kleinen Räumen
  • Schlechter Schallschutz
  • Fensterflügel mit großen Formaten, häufig undicht und verzogen
  • Schlechte Wärmedämmung der Fenster
  • Zentralheizung, zumeist ohne Energie sparende Regelungsmöglichkeiten
  • Technische Installationen veraltet

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