Heilpädagogisches Zentrum Uri in Altdorf

Moderner Holzrahmenbau mit dunkel lasierter Fichtenholzfassade

Die Gemeinde Altdorf ist mit beinahe 9.000 Einwohnern der Hauptort des Schweizer Kantons Uri. Im historischen Teil des Ortes befindet sich das Heilpädagogische Zentrum, das mit mehreren Gebäuden unterschiedlicher Epochen eine große, baumbestandene Spielwiese umfasst. Die Einrichtung widmet sich der Erkennung und Therapie kindlicher Entwicklungsverzögerungen und wurde vor einiger Zeit durch eine Therapiestelle ergänzt. Die Luzerner Architekten Niklaus Graber & Christoph Steiger ordneten den Holzbau nahe der westlichen Mauer-Einfriedung an und vervollständigten damit die ringförmige Anordnung des Gebäudebestands.

Von der Treppe mit angrenzender Aufenthaltszone sind in jedem Stockwerk andere Ausschnitte der Landschaft zu sehen
Auskragungen und Rücksprünge entstehen durch die kreuzweise Stapelung der Therapiebereiche
Heilpädagogisches Zentrum Uri in Altdorf

Die Erschließung erfolgt über Eingänge im Norden und Süden, die in eine großzügige Eingangs- und Aufenthaltszone mit zentral gelegener Treppe führen. Im Erdgeschoss sind die Räume für das Personal, ein Sitzungs- und Schulungsraum sowie Besprechungs- und Gruppenräume untergebracht. In den darüber liegenden Etagen befinden sich die Behandlungsräume der Psychomotorik, der Logopädie, der Ergo- und der Physiotherapie. Basierend auf einem einfachen Entwurfskonzept ist der 21 x 31 x 11 m große Baukörper durch Rücksprünge und Auskragungen gegliedert: Durch die kreuzweise Stapelung verschiedener Therapiebereiche entstehen panoramaartige Ausblicke in die Umgebung sowie Terrassen, Plattformen und Außenbereiche, die den jeweiligen Raumgruppen zugeordnet sind. Jedes Stockwerk erhält dadurch eine eigene Identität, wobei eine leichte Orientierung durch die Treppe mit angrenzender Aufenthaltszone gewahrt bleibt.

Mit Ausnahme der Tiefgarage und eines seitlich angeordneten Treppenkerns wurde das Gebäude in Holzbauweise errichtet. Holzkastenelemente mit integrierten Unterzügen bilden die Decken- und Dachkonstruktion inklusive der Auskragungen. Die Außenwände sind in Holzrahmenbauweise ausgeführt, als Aussteifung gegen Erdbeben und Windlasten dienen Brettsperrholzsegmente, die den exzentrischen Treppenkern entlasten. Weil das Baugrundstück sehr eng ist, wurde der überwiegende Teil des Gebäudes vorgefertigt: Die bis zu 8,00 m hohen Holzbauelemente konnten über eine benachbarte Wiese angeliefert und innerhalb von drei Wochen zusammengesetzt werden.

Mit der Verwendung des Baustoffs Holz beziehen sich die Architekten nicht auf die steinernen Bauten des Stadtzentrums, sondern auf die umliegenden Wohn- und Landwirtschaftsbauten, die in traditioneller Holzbauweise errichtet wurden. Die Fassaden der Therapiestelle bestehen aus vertikalen, vierfach dunkelgrau lasierten Fichtenbrettern, durch die Verwendung von Aluminiumpigmenten schimmern sie metallisch. Im Gegensatz zur dunklen Fassade ist der Innenraum hell gestaltet: Die Wände sind mit Dreischichtplatten aus Fichte/Tanne verkleidet, für die Decken wurden Holzriemchen verwendet. Die Böden in den Erschließungszonen bestehen aus einem fugenlos vergossenen, mit feinen Holzspänen versehenen Magnesitbelag (Hartsteinholz-Belag), der für ein angenehm warmes, elastisches Gefühl unter den Füßen sorgt. Das einzige dunkle Material im Innern ist das geölte Eichenparkett, das den Therapieräumen Wärme und Intimität verleihen soll. Das Gebäude wurde nach den Vorgaben des Schweizer Minergie-Standards errichtet. Für die Behandlung der Oberflächen kamen nur Produkte zum Einsatz, die kein Formaldehyd enthalten.

Die Therapie kindlicher Entwicklungsverzögerungen ist ein Bereich der Sonderpädagogik, für den bisher eindeutig erkennbare Sonderbauten errichtet wurden. Mit der Therapiestelle des Heilpädagogischen Zentrums Uri haben Bauherren und Architekten ein Gebäude geschaffen, das kein „Ausnahmeort“, sondern ein selbstverständlicher Teil des alltäglichen, gebauten Umfelds ist. Die Materialität der Räume, die Textur der Oberflächen, der Bezug zwischen innen und außen und nicht zuletzt die vom Künstler Beat Streuli in den Fenstern aufgebrachten, transluzenten Kinderporträts erlauben es den Kindern, das Gebäude mit allen Sinnen zu erfahren. -cr

Bautafel

Architekten: Niklaus Graber & Christoph Steiger, Luzern
Projektbeteiligte: Pirmin Jung, Rain (Holzbauingenieur); Projekta, Altdorf (Bauingenieur Stahlbeton); Falk Grimm, Altdorf (Bauleitung); Camenzind Haustechnik, Bürglen (Gebäudetechnik); Scherler, Baar (Elektroingenieur); Koepfli Partner, Luzern (Landschaftsarchitektur); Beat Streuli, Brüssel (Kunst am Bau); Arge Holzbau Uri (Ausführung/Unternehmer Holzbau): Gebr. Bissig Holzbau, Schattdorf (Federführung); Schuler Holzbau, Schattdorf; Herger Klimaholz, Spiringen; Stadler Holzbau, Flüelen
Bauherr: Heilpädagogisches Zentrum Uri, Altdorf
Fertigstellung: 2011
Standort: Gotthardstraße 14a, Altdorf
Bildnachweis: Dominique Marc Wehrli, Regensdorf; Niklaus Graber & Christoph Steiger, Luzern

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