Haus der Zukunft – Futurium in Berlin

Sensorgesteuertes LED-Beleuchtungskonzept

In zahlreichen Romanen, Filmen und Computerspielen werden Szenarien für ein künftiges gesellschaftliches Zusammenleben, für technische, wissenschaftliche oder politische Entwicklungen ausgemalt. Statt Utopien oder Dystopien aus der Science-Fiction nimmt das Futurium Berlin greifbare Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung in den Blick. Den Besuchern sollen die Themen Energie, Wohnen und Städte, Kunst, Ernährung und Gesundheit, sowie Wirtschaften und Arbeit interdisziplinär und anschaulich vermittelt werden. Konkret und in prominenter Lage am Berliner Spreebogen verortet ist das kürzlich fertiggestellte Gebäude, das gleichermaßen Bühne, Museum, Labor und Forum sein soll. Entworfen haben den Neubau Richter Musikowski Architekten, die als Sieger aus dem zuvor ausgelobten Wettbewerb hervorgegangen waren.

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Auf einem Grundstück zwischen S-Bahngleisen im Norden, der Spree im Süden, einem Bürogebäude im Osten und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung im Westen erhebt sich das Haus der Zukunft auf polygonalem Grundriss mit unterschiedlich langen Seiten. Etwas niedriger als die Nachbarbebauung zeigt es sich mit metallisch glänzender Hülle. Die Vorhangfassade besteht aus quadratischen, auf der Spitze stehenden Elementen aus gefalteten Edelstahlreflektoren und keramisch bedrucktem Gussglas. Insgesamt 8.000 der 0,70 x 0,70 Meter großen opaken sowie halbtransparenten Module umschließen das Ausstellungs- und Veranstaltungsgebäude. Zwei der fünf Fassadenflächen sind dunkler: Im Süden und Norden öffnet sich jeweils eine 28 Meter breite und acht bzw. elf Meter hohe Glasfläche als Screen. Darunter zurückgesetzt befinden sich die beiden Haupteingänge.

Im Inneren bieten drei Geschosse, eines davon unterirdisch, insgesamt rund 8.000 Quadratmeter Nutzfläche. Im Erdgeschoss verbindet das lichte Foyer die beiden Eingänge. Hier befinden sich neben Garderobe, Gastronomie und Toiletten auch ein Multifunktionssaal, der durch mobile Trennwände und dank variabler Haustechnik in 50 bis 670 Quadratmeter große Räume unterteilt werden kann. Während das helle Erdgeschoss wie ein White Cube anmutet, erinnern Ober- und Untergeschoss in ihrer Gestaltung an Black Boxes. Auf diesen beiden Ebenen sind sämtliche Raumoberflächen dunkel gestaltet. Das Obergeschoss bietet 3.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche sowie im Norden und Süden weite Ausblicke durch die Panoramafenster. Im fensterlosen Untergeschoss ist mit dem 600 Quadratmeter großen Futurium Lab ein Ausstellungsbereich mit Werkstattcharakter untergebracht.

Einen Vorzeigecharakter hat das ganze Bauwerk inne: Als Niedrigstenergiegebäude konzipiert, beträgt der Primärenergiebedarf nur 16,8 kWh/m². Das Dach ist großflächig mit Solar- und Photovoltaik-Modulen für das Erzeugen von Strom und Wärme belegt. Rundum verläuft ein Weg, der Besuchern sowohl einen Blick auf die Energiekollektoren als auch auf das Berliner Stadtpanorama eröffnet. Um die Sonnenwärme und hausinterne Energiegewinne für den Betrieb des Gebäudes nutzbar zu machen, wurden Hybridspeicher eingesetzt, die das latente Phasenwechselmaterial Paraffin mit dem sensiblen Speichermedium Wasser verbinden. Sie basieren auf einer patentierten Makroverkapselung und erreichen so die achtfache Kapazität von herkömmlichen Wasserspeichern. Für alle sichtbar sind sie als gestalterisches Element in den Gebäudekern integriert: Neben dem Erschließungstrakt mit Fahrstuhl sind vertikal fünf Latentwärmespeicher mit je 10.000 Liter Fassungsvermögen hinter dunklen Glasscheiben aufgestellt. Runde Auslassungen und eine effektvolle Beleuchtung sorgen für Sichtbarkeit des Versorgungskonzepts.

Elektro / Beleuchtung

Der Einsatz von Licht spielt im gesamten Gebäude eine wichtige Rolle. Das Beleuchtungskonzept folgt der Raumaufteilung und unterstreicht die unterschiedliche Gestaltung der drei Ebenen. Im hellen und offenen Erdgeschoss tritt die weiße, dreidimensional geformte Metallrasterdecke deutlich in Erscheinung. Dahinter verbirgt sich eine Matrix von 840 versetzt angeordneten Leuchtdioden-Langfeldleuchten. Die Kombination aus Metallrasterdecke und Leuchte lenkt und streut das Licht, sodass sowohl Blendeffekte als auch die Einsicht in die darüber liegende Technik verhindert werden.

In ihrer Grundausstattung sind die eingesetzten LED-Leuchten einzeln ansteuer- und dimmbar. Über die intelligente Verknüpfung der Signale mit einem zentralen Rechner lässt sich die Rasterdecke im Erdgeschoss in eine horizontale Medienfassade verwandeln. Feine dynamische Lichtmuster oder wolkenhaft amorphe Schattenfiguren mit differenzierten Kontrasten können über sie treiben, ohne dass die Beleuchtungsstärke am Boden merklich variiert. Zwischen den Lichtbändern wurde ein dichtes Netz von fingergroßen Bewegungsmeldern installiert, die auf die Besucher und ihre Wege im Gebäude reagieren. Durch die Auswertung der Sensoren und die Adaption von speziellen Schwarmalgorithmen kann das Licht interaktiv korrespondieren. Je mehr Personen sich im Raum befinden, um so heller wird es beispielsweise. Der Deckenleuchtschirm macht die Position und auch die Wege der im Raum verteilten Menschen sichtbar. Temporär ungenutzte Raumbereiche verharren in einem Stand-by Modus mit deutlich reduzierten Beleuchtungsstärken. Neben der optischen Raffinesse wird auf diese Weise der Stromverbrauch reduziert.

Durch die Anthrazit-Schwarz gestalteten Ausstellungsbereiche im Ober- und Untergeschoss kann die grafische Inszenierung von Licht, Medien und Ausstellungsobjekten in den Vordergrund treten. Im Obergeschoss wird die schwarze Metallrasterdecke in regelmäßigen Abständen von u-förmigen Installationskanälen durchzogen, die alle für den Betrieb wichtigen Medien aufnehmen und die reversiblen Deckenfelder tragen. Die LED-Langfeldleuchten sind hier in einem linearen Versatzmuster angeordnet, dessen charakteristische Erscheinung durch die großen Fensterfronten auch nach außen sichtbar ist. Die individuell ansteuerbare Grundbeleuchtung bildet zusammen mit umfangreichen Stromschienen sowie Erweiterungs- und Anschlussmöglichkeiten die technische Basis für die künftige Ausstellungsbeleuchtung.

Im Untergeschoss mit dem Futurium Lab besteht die Grund- und Ausstellungsbeleuchtung aus 124 skulptural anmutenden Leuchtschirmen. Sie erhellen den sechs Meter hohen Raum mit seinem schwarzen Gussasphaltboden und den dunkel eingefärbten Sichtbetonwänden. Die 1,60 x 1,60 Meter großen, aus dünnem Metall gefalteten Lichttrichter sind mit diffus strahlenden Langfeldleuchten und individuell bestückbaren Downlights ausgerüstet. Darüber befinden sich kaum mehr wahrnehmbar die schwarz abgedunkelten haustechnischen Medien. -jb

Bautafel

Architekten: Richter Musikowski, Berlin
Projektteam: Christoph Richter, Jan Musikowski, Sebastian Haufe, Elke Sparmann, Martina Huber, Nele Gessner, Daniel Eckert, Dominico Foti, Yvo Coseriu, Christine Dorn, Elisabetta Vito, Johann Schulze-Greve, Philip Rohe
Projektbeteiligte: BAM Deutschland, Stuttgart (Generalunternehmer); Juca Architektur + Landschaftsarchitektur, Berlin (Freianlagen); Schüßler-Plan Ingenieure, Berlin (Tragwerk); IB BauArt, Berlin (Prüfstatik); GM Planen + Beraten, Griesheim / IBS-Net Ingenieure, Köln / Ingenieurgesellschaft Grabe, Hannover (Haustechnik HLS); WSGreen Technologies, Stuttgart / Müller BBM, Berlin (Bauphysik/Nachhaltigkeit); Axiotherm, Eisenberg (Latenspeichertechnik); hpberlin Ingenieure für Brandschutz, Berlin (Brandschutz); Arup Deutschland, Berlin (Fassadenberatung); MHZ (Sonnenschutz); Raumkonzepte + Interior Design I Zauleck, Berlin (Raumbildende Ausbauten); Ellen Müller, Sachverständige Design for All, Berlin (Fachberatung Barrierefreiheit); Prinzing Elektrotechnik, Frankfurt a. M.(Haustechnik Elektro); Realities United, Berlin (Lichtplanung); Jung, Schalksmühle (Schalter/Taster)
Bauherr: Bundesanstalt für Immoblienaufgaben (BImA), Bonn
Fertigstellung: 2017
Standort:
Alexanderufer 2, 10557 Berlin
Bildnachweis: Schnepp Renou, Berlin

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