Hauptsitz Erste Bank Group in Wien

Begehbares Gründach als städtischer Erholungsraum

Nordöstlich des Wiener Hauptbahnhofs nimmt der neue Hauptsitz der Erste Bank Group einen ganzen Baublock ein und bildet eine Schnittstelle für die hier aufeinandertreffenden Stadtteile. Der sogenannte Erste Campus soll als ein gemeinschaftlich genutzter Stadtraum wahrgenommen werden – so das Anliegen der Architekten und Bauherren. Realisiert wurde das Ensemble aus vier geschwungenen Baukörpern nach Plänen von Henke Schreieck Architekten aus Wien.

Haupteingang an der Westseite
Verbindendes Element ist eine organisch-fließend konturierte Überdachung, die eine teilweise verglaste Passage überspannt
Die verbindende Dachfläche dient den Mitarbeitern als Erholungs- und Rückzugsort

Die beiden unteren Etagen der acht bis zwölf Geschosse hohen, kurvenartig gewundenen Bürohäuser sind öffentlich zugänglich. Verbindendes Element dieser Zone und der übrigen Gebäudeteile ist eine organisch-fließend konturierte Überdachung, die eine teilweise verglaste Passage überspannt. Begrünt und begehbar, wird sie durch eingeschnittene Höfe, Brücken und Treppen gegliedert. Zur Belebung des neuen Quartiers tragen außerdem Cafés und Restaurants bei.

Die Bürogebäude sind klar horizontal strukturiert, mit raumhohen Verglasungen zwischen den schmalen, dunkel bekleideten Geschossdecken. Die fein gegliederte Glasfassade besteht aus zwei Schichten: einer äußeren, rahmenlosen Festverglasung und einer inneren Holzrahmenkonstruktion mit teils öffenbaren Fensterflügeln. Der Sonnenschutz ist zwischen den Fenstern angebracht, die im Übrigen unverspiegelt sind und ungehemmt Einblick in die Großraumbüros zulassen – eine sowohl in technischer als auch ideeller Hinsicht gewünschte Transparenz. Die offene Gestaltung der Büros oblag Kinzo Berlin. Leichtigkeit und Flexibilität waren gewünscht, die Mitarbeiter wurden bei der Konzeption der Arbeitsplätze einbezogen. Letztere sind örtlich nicht festgelegt, sondern thematisch zoniert und der entsprechenden Nutzung gemäß untergliedert.  

Flachdach
Die organisch-fließende Überdachung überspannt den gesamten öffentlichen Raum und dient mit üppiger Begrünung als Erholungs- und Rückzugsort für die Mitarbeiter. Sie führt den angrenzenden Schweizergarten als begehbare Grünfläche fort, zudem schafft sie Versickerungsgrund und Regenrückhalteflächen im Ausgleich für die Überbauung. Die Dachaufbauten unterscheiden sich je nach Nutzungsbereich. Wo ein Warmdach ausgeführt wurde, ist die Stahlbetondecke mit einem bituminösen Anstrich versehen, worauf die Dampfsperre und die Notabdichtung aufgebracht wurden. Darüber liegt eine EPS-Gefälledämmung. Der weitere Aufbau variiert je nach Belag und Nutzschicht und wurde in vielen Teilen der weitläufigen Dachfläche speziell angepasst (siehe Abb. 9-11). Der Dachabschluss unterhalb der Glasgeländer konnte durch eine Auskragung der ungedämmten, 24 cm starken Betonplatte sehr filigran ausgeführt werden. Im Bereich der Gründächer dient die Attika der Dachentwässerung. Der Rinnenrand wird optisch mit einem Rundrohr abgeschlossen und mit einer 29 cm hohen Lamellenverblendung versehen.

Die Dachlandschaft zeigt liebevoll gestaltete Grünanlagen und sorgfältig ausgearbeitete Details. Die Wege sind großzügig angelegt und mit Betonplatten gepflastert, teils verspringende Dachebenen mit unterschiedlichen Materialien belegt. Insgesamt entsteht der Eindruck eines kleinen Parks und nicht der eines Gründachs. Sowohl im Aufbau als auch bei der Materialwahl zielten die Planer auf Langlebigkeit und Nachhaltigkeit. Bereits bei den Bauarbeiten wurde ausschließlich Strom aus regenerativen Energiequellen bezogen, die verwendeten Hölzer stammen durchweg aus nachhaltiger, zumeist heimischer Forstwirtschaft.

Bautafel

Architekt: Henke Schreieck Architekten, Wien
Projektbeteiligte: Auböck + Kárász Landschaftsarchitekten, Wien (Freianlagen); Gmeiner Haferl, Wien (Tragwerksplanung); Altherm Engineering, Baden (Haustechnik); Pfeiler, Graz (Bauphysik); Kinzo Berlin (Innenarchitektur)
Bauherr: Erste Group, Wien
Fertigstellung: 2015
Standort: Am Belvedere 1, 1100 Wien
Bildnachweis: Toni Rappersberger und Christian Wind, Wien sowie Werner Huthmacher, Berlin

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Fachwissen zum Thema

Die Nutzung der Dachlandschaft umfasst viele Bereiche, die bis ins Detail exakt gelöst werden müssen, um in Zukunft mögliche Schäden sowie damit verbundene Aufwendungen vermeiden zu können.

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Nutzung Flachdach

Anforderungen an genutzte Dachflächen

Begehbares Dach und Vorplatz an der Casa da Musica in Porto (OMA, 2005)

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Nutzung Flachdach

Aufbau von begeh- und befahrbaren Flachdächern

Sedumarten

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Polystyrol-Partikelschaum (EPS)

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