Hamburg House auf der Expo Shanghai 2010

Passivhaus im Klinkermantel

Ein typisches Hamburger Haus mitten in China, genauer gesagt: auf dem Areal der Expo Shanghai 2010, haben die Hamburger Architekturbüros Spengler Wiescholek Architekten und Dittert & Reumschüssel (DR-Architekten) in diesem Frühjahr fertig gestellt. Ihr Hamburg House soll, in Anlehnung an ein bereits bestehendes Haus in der Hafencity, die aktuelle Architektur in der Hansestadt repräsentieren und zugleich beispielhaft den Passivhausbau nach deutschem Standard veranschaulichen.

Hamburg House auf der Expo Shanghai 2010
Hamburg House auf der Expo Shanghai 2010
Hamburg House auf der Expo Shanghai 2010

Obwohl an die spezifischen Anforderungen vor Ort angepasst, bezieht sich das Haus in Shanghai mit seiner roten Ziegelfassade, den expressiven Auskragungen sowie Schrägstützen hinter den Glasfassaden deutlich auf das „H2O“ am Sandtorkai von Spengler Wiescholek Architekten. H2O war zuvor als Referenzobjekt für Shanghai ausgewählt worden, allerdings ließ sich die ursprünglich angestrebte Nutzungsmischung von Wohnen und Arbeiten aufgrund der baurechtlichen Regelungen in China nicht verwirklichen. Daher entstand eine Art flexibles Büro- und Ausstellungsgebäude, das eine Maisonettewohnung als eigenständiges Objekt in die Ausstellung integriert.

Die durch das Grundstück vorgegebene Ausrichtung des Gebäudes spielte eine wichtige Rolle für seine Gestalt: Größere Glasflächen wurden konsequent nach Norden ausgerichtet und einige Volumen „schubladenartig“ aus dem Baukörper herausgezogen. So konnten die nach Norden gerichteten Fassadenflächen zusätzlich vergrößert werden und es entstanden mehrere schattige Loggien. Sie erhalten - klimatisch sinnvoll - bei hoch stehender Sonne im Sommer wenig, bei tiefem Sonnenstand im Winter mehr Sonneneinstrahlung. Bei den nach Nordost orientierten Glasflächen kann aufgrund einer hochwertigen Verglasung auf außen liegende Verschattungselemente verzichtet werden, ohne die definierte maximale Innentemperatur von 26° C zu überschreiten. So wird auch im Shanghaier Sommer ein angenehmes Raumklima sicherstellt.

Mauerwerk
Das fünfgeschossige Gebäude erhielt ein Traggerüst aus Stahlbeton und Stahlverbundstützen. Die zweischalige Außenwand besteht aus einer 30 cm dicken inneren Betonschale und einer äußeren 10,5 cm starken Klinker- Vormauerschale. Eine dazwischen liegende 20 cm dicke Polystyrol-Schicht gewährleistet die nötige Wärmedämmung. Auch die Innenwände wurden teilweise als Ziegelmauerwerk ausgebildet.

Besonders charakteristisch für das Gebäude ist der verwendete Ziegel der Fassaden. Die Architekten hatten zunächst einen rotbunten norddeutschen Klinker mit starkem Relief favorisiert, der auch typisch für viele Kontorhäuser in Hamburg ist. Da der lange Transportweg aber nicht nur teuer, sondern auch unökologisch gewesen wäre, drängte der Bauherr darauf, einen chinesischen Stein zu verwenden. Die Suche danach verlief zunächst erfolglos, da Ziegel mit unregelmäßiger Oberfläche in China nicht produziert werden. Auf einem Gang durch die Straßen Shanghais fiel den Architekten schließlich ein roter Pflasterstein mit einem Relief aus hervorstehenden Punkten ins Auge, der als Markierung für Blinde diente: Der Stein für das Haus war gefunden, sein Relief ziert nun die Ziegelfassade des Hamburg House und soll auch einen Schnittpunkt zwischen beiden Kulturen darstellen.

Obwohl das regionale Klima in Shanghai mit seinen heißen, feuchten Sommern eine kontinuierliche Kühlung und Entfeuchtung der Raumluft erfordert, weist das Gebäude einen äußerst niedrigen Energiebedarf auf. Dies ist zu einem Teil auch seiner kompakten Bauweise geschuldet, die eine geringe Außenfläche im Verhältnis zum beheizten oder gekühlten Volumen des Innenraumes bewirkt. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die gut gedämmte und luftdichte Gebäudehülle. Die Ost-, Süd- und Westseiten des Gebäudes sind konsequent in massiver Bauweise ausgeführt. Unterstützt wird die positive Ökobilanz durch eine zentrale Lüftungsanlage, den Einsatz regenerativer Energien sowie eine Geothermie-Wärmepumpe. Eine auf dem Dach platzierte, ca. 360 m² große Photovoltaikanlage liefert ca. 55 % der benötigten elektrischen Energie für den Betrieb des Gebäudes. Vor diesem Hintergrund bildet das Hamburg House nicht nur den Raum für die Hamburger Ausstellung auf der Expo in Shanghai, sondern stellt mit der Umsetzung des Passivhausstandards selbst das wichtigste Ausstellungsobjekt dar.

Bautafel

Architekten: Arge Hamburg-Haus, Spengler Wiescholek Architekten und Stadtplaner mit Dittert & Reumschüssel Architekten; beide Hamburg; Mitarbeiter: Sven Dunker
Projektbeteiligte: Bencer Real Estate Consultancy Shanghai (Bauleitung); WTM Windels (Fachingenieure:); Timm Morgen (Tragwerksplanung); Klett Ingenieur (TGA); BIAD Bejing Institute of architectural design (Chinesische Umplanung)
Bauherr: Freie und Hansestadt Hamburg
Fertigstellung: 2010
Standort: No.564 Nan Che Zhan Road, Huang Pu district, Shanghai

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