Gymnasium in Ergolding

Farbig differenzierte, gegliederte Dachbegrünung als fünfte Fassade

Im niederbayerischen Landkreis Landshut ergänzt seit 2013 das Gymnasium Ergolding im Ganztagsbetrieb das vorhandene Angebot an Sekundarschulen. Der Neubau befindet sich in direkter Nachbarschaft zu einem Sonderpädagogischen Förderzentrum. Südöstlich ist er begrenzt durch eine Bundesstraße, im Westen schließt ein kleines Naturschutzgebiet an. Das vierzügige Gymnasium für 800 Schüler entstand in Arbeitsgemeinschaft von Behnisch Architekten aus München und dem Architekturbüro Leinhäupl + Neuber aus Landshut. Sie konzipierten einen mehrgliedrigen, ein- bis viergeschossigen Baukörper, der sich mit unregelmäßigen Versprüngen von Südwesten nach Nordosten erstreckt. Neben Klassen- und Fachräumen beinhaltet er eine Mensa, Räume für Pausen und spezielle Lernangebote, eine Bibliothek sowie einen großen Pausenraum für Lehrkräfte. Eine Zweifeldsporthalle und zwei unterschiedlich große Allwetterplätze werden als sportliche Einrichtungen auch extern genutzt.

Nordwestansicht: Blick auf den Eingangsbau mit Foyer als Herzstück der Schule
Lichtdurchflutetes Foyer
Gymnasium in Ergolding

Ein Grünzug verbindet das Gymnasium mit dem benachbarten nördlichen Schulgelände, umschließt das gesamte Gebäude und bildet gen Süden unterschiedlich geformte Höfe. Von den oberen Geschossen aus scheinen die ausladenden, begrünten Dächer der niedrigeren Bauten mit der Landschaft zu verschmelzen. Die Schule ist durchweg lichtdurchflutet und farbenfroh gestaltet. Zum Naturschutzgebiet öffnen sich die Räume mit großen Verglasungen, zur Bundesstraße hingegen sind die Öffnungen schmaler oder die Wände geschlossen ausgebildet. Herzstück des Gymnasiums ist ein geräumiges, teilweise über vier Geschosse offenes Foyer, dessen Spitze sich zu einem Vorplatz richtet. Es dient nicht nur der Erschließung, sondern ebenfalls als Pausenhalle – und auch für Veranstaltungen und Ausstellungen bietet es genügend Platz. Helle und breite Flure führen von dort zu den Klassenräumen, erweitern diese und ermöglichen Begegnung und Kommunikation auch außerhalb des Unterrichts. In die Flurzonen sind sogenannte Lernlandschaften integriert, die als Einzel- und Gruppenarbeitsplätze die pädagogische Arbeit unterstützen.

Eine Wärmepumpe für das Niedrigtemperaturheizsystem der bauteilaktivierten Stahlbetondecken dient der Grundlastabdeckung beim Heizen und Kühlen. Sie wird ergänzt durch eine Gasbrennwertheizung zur Abdeckung von Spitzenlasten. Die Belüftung erfolgt über ein hybrides System aus manueller und automatischer Lüftung, das für gute Raumluftqualität sorgt. Ein Lichtlenksystem führt Tageslicht von der Südfassade über den Gang in die Klassenzimmer, die damit an den meisten Tagen kein Kunstlicht benötigen.

Flachdach
Die flachen Dächer wurden ebenso wie die Geschossdecken in Stahlbeton ausgeführt. Die Dampfsperre übernahm während des Bauablaufs die Funktion einer Notabdichtung und wurde vollsatt in Heißbitumen eingeschwemmt, um eine unterlaufsichere Ausführung herzustellen. Die Wärmedämmung des Dachaufbaus ist zweilagig: Als Grunddämmung wurden 100 mm starke Hartschaumplatten (PIR) mit PU-Kleber auf die Dampfsperrbahn geklebt. Darüber wurde eine im Mittel 164 mm starke Gefälledämmung aufgebracht. Als Dachabdichtung dient eine lose verlegte einlagige Kunststoffdachbahn mit Auflast.

Über den entsprechenden Schutzlagen wurde in Teilbereichen eine extensive Dachbegrünung in zwei verschiedenen Einfärbungen vorgesehen. Die Farbnuancen des Vegetationssubstrates wurden durch die Zugabe von mineralischen Zuschlagstoffen aus Lavasteinen (grau) bzw. Tonziegeln (rot) erzielt. Die Begrünung in den unterschiedlichen Farbfeldern erfolgte mit Gräsern, Kräutern und Zierlauch. Die Dachbegrünung ist in abgesetzten Bändern ausgeführt, um die Längsorientierung der Dachflächen zu unterstreichen. Die übrigen Bereiche sind von einer 6 cm starken Kiesschicht als Auflast bedeckt. Die Entwässerung erfolgt außerhalb des Gebäudes über Rinnen. Aufgrund von hoch anstehendem Grundwasser wird das Dachwasser über Rigolen versickert; die Dachbegrünung verzögert zudem die Abflussgeschwindigkeit des Regenwassers. Durch die farbige Gestaltung wird das Flachdach zur fünften Fassade des Schulgebäudes.

Bautafel

Architekten: Behnisch Architekten, München in Arbeitsgemeinschaft mit Architekturbüro Leinhäupl + Neuber, Landshut
Projektbeteiligte:
lab Landschaftsarchitektur Brenner, Landshut (Landschaftsarchitektur); BBI Bauer Beratende Ingenieure, Landshut und ISP Scholz Beratende Ingenieure, München (Tragwerksplanung); Ingenieurgesellschaft Frey-Donabauer-Wich, Gaimersheim (Haustechnik HLS); SBI Schicho Beratende Ingenieure, Regensburg (Elektroplanung); Brandschutzconsulting, München (Brandschutz); PMI – Bauphysik, München (Bauphysik); Transsolar Energietechnik, München (Energiekonzept)
Bauherr:
Landkreis Landshut
Fertigstellung:
2013
Standort:
Am Sportpark 8, 84030 Ergolding
Bildnachweis:
David Matthiessen, Stuttgart und Klaus Leidorf, Buch am Erlbach

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