Grundschule Hohe Landwehr in Hamburg

Energetische Sanierung eines Schulensembles aus den 1960er Jahren

Wie viele Schulgebäude aus den 1950er und 1960er Jahren war auch die Grundschule Hohe Landwehr im Bezirk Hamburg-Mitte aus energetischer Sicht stark sanierungsbedürftig. Außerdem galt das Raumprogramm als veraltet und entsprach nicht mehr den gegenwärtigen Nutzeranforderungen. Als eines von 50 Projekten zur vorbildlichen Sanierung von Nichtwohngebäuden erfuhr die Schule ab 2010 im Rahmen des vom Bund geförderten Modellvorhabens Effizienzhäuser eine energetische Modernisierung. Die Gebäudehülle wurde samt Fenstern und Türen erneuert, Innenräume, Sanitärbereiche und Außenanlagen saniert, und die Anlagentechnik komplett modernisiert. Mit diesen vom Hamburger Büro DR-Architekten geplanten Maßnahmen kann nun der geforderte KfW-Effizienzhaus-Standard 85 erfüllt werden.

Die ursprünglichen Klinkerfassaden konnten nicht erhalten werden, stattdessen wurden die Außenwände grau verputzt bzw. mit roten Faserzementplatten verkleidet
Stützen und Deckenscheiben sind als graue Kassetten mit WDVS nachgeformt
Die Fenster liegen weiter eingerückt in der Fassade als die grau verputzten Elemente - dadurch entsteht ein Relief

Die Grundschule liegt inmitten des Wohnviertels Hamm, umgeben von Bäumen und verklinkerten Zeilenbauten aus der Nachkriegszeit. Erbaut wurde der Komplex mit einer Gesamtnutzfläche von 7.000 m² zwischen 1957 und 1962 nach Plänen des Architekten und damaligen Oberbaudirektor der Stadt Hamburg Paul Seitz. Zur Anlage gehören acht ein- bis dreigeschossige Gebäuden und eine Sporthalle. Alles sind Betonskelettbauten mit Ausfachungen aus rotem Mauerwerk, die so angeordnet sind, dass auf dem weitläufigen Gelände zwei geschützte Pausenhöfe entstehen.

Zunächst wurden die Architekten mit der Fassadensanierung von vier Gebäuden beauftragt (siehe Abb. 11), die alten Klinkerfassaden konnten aus Kostengründen nicht erhalten werden. Dächer und Kellerdecken wurden gedämmt, die zuvor sichtbaren Stützen und Deckenscheiben der Fassaden mit einem Wärmedämmverbundsystem als Kassette neu nachgeformt und anschließend grau verputzt. Zwischen diesen Elementen befinden sich, etwas tiefer eingerückt, die sanierten Fenster samt Verblendung aus roten, wärmegedämmten Faserzementplatten. Durch die verschiedenen Ebenen entsteht in der Fassade ein Relief. Eingänge, Vordächer und Innentüren sind zur besseren Orientierung in Gelb gestaltet.

Gebäudetechnik

Neben der Sanierung der Gebäudehülle wurden im Inneren die Räume neu strukturiert und erweitert. Da jedes Klassenzimmer über einen eigenen Nebenraum verfügt, entschieden sich die Architekten für eine mechanische Lüftung mit einem dezentralen Fassaden-Lüftungsgerät, das mit seiner kompakten Form in der abgehängten Decke des kleinen Raumes untergebracht ist. Auf diese Weise werden einerseits Leitungsführungen eingespart, andererseits kann das Lüftungsgerät bedarfsgerecht auf den jeweiligen Raum reagieren.

Das Einzelraumgerät misst permanent die CO₂-Konzentration im Klassenzimmer, der Luftaustausch wird so gesteuert. Über die integrierte Wärmerückgewinnung mit einem Kreuz-Gegenstrom-Wärmetauscher erfolgt das Vorwärmen der kalten Frischluft vor dem Eintritt ins Gebäude. Die Abluft wird über ein Wetterschutzgitter im Fensterrahmen abgeführt, ohne die Dämmung der Fassade zu durchdringen. Um die Funktionsweise des Lüftungsgerätes nicht zu beeinträchtigen, haben die Fenster keine Öffnungshebel. Mobile Hebel ermöglichen aber jederzeit ein manuelles, bedarfsweises Öffnen. Ohne die Lüftungsanlagen müssten die Klassenraum mit einer Größe von 60 m² alle 20 Minuten stoßgelüftet werden, damit der für Schulgebäude zulässige CO₂-Wert von 1.500 ppm nicht überschritten wird. Im Sommer können die Geräte auch zum Kühlen der Klassenzimmer genutzt werden. Die Beheizung der Unterrichtsräume erfolgt mit Fernwärme.

In allen anderen Bereichen, wie der Verwaltung, den sanitären Anlagen oder dem Fachklassentrakt, kommen ebenfalls an der Decke montierte Lüftungsgeräte mit den Maßen 279 x 1.274 x 768 mm (H/B/T) zum Einsatz, die eigentlich für Geschosswohnungen entwickelt wurden. Mit einem Wärmerückgewinnungsgrad von bis 90% und einem integrierten Feuchtefühler können sie stündlich ein Luftvolumenvon bis zu 155 m³/h transportieren und sorgen so u.a. für einen kontinuierlichen Abtransport von Schadstoffen.

Nach Abschluss der Maßnahmen soll die Grundschule im laufenden Betrieb einen Primärenergiebedarf von 121 kWh/m²a erzielen, rund 15% weniger als der von der EnEV 2009 vorgeschriebene Wert. Durch die Kombination aus gedämmter Gebäudehülle und dem Einbau der Lüftungsanlagen liegt der errechnete Heizwärmebedarf aller sanierten Gebäude bei 32,16 kWh/m²a, unsanierte Schulen der gleichen Größe verbrauchen jährlich rund 211 kWh/m².

Bautafel

Architekten: DR-Architekten, Hamburg (Sanierung), Paul Seitz, Hamburg (Bestand 1962)
Projektbeteiligte: Helmut Wiemer, Hamburg (Tragwerksplanung); GMW Ingenieurbüro, Hamburg (Haustechnik);  Stiebel Eltron, Holzminden (Lüftungsgeräte); LTG, Stuttgart (Fassadenlüftungsgeräte);  Sto, Sühlingen (WDVS); Eternit, Heidelberg (Fassadenplatten); Glas Trösch, Nördlingen (Verglasungen)
Bauherr: Freie und Hansestadt Hamburg
Fertigstellung: 2012
Standort: Hohe Landwehr 19, 20535 Hamburg
Bildnachweis: Markus Dorfmüller | Markus Kröger | Johanna Klier, Hamburg

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