Grand-Tour-Apartment in Bari

Bodengestaltung mit Epoxidharz, Leinentüchern und Wolle

Das Bauen im Bestand ist nicht nur in Italien eine Aufgabe, der sich Architekten heute immer häufiger stellen müssen. Auf besondere Weise meisterten die Planer des Turiner Büros UdA diese Herausforderung bei einem 200 m² großen Apartment im Zentrum von Bari. Bei der Neugestaltung der Wohnung im zweiten Obergeschoss eines Palazzo aus dem späten 19. Jahrhundert gelang den Architekten und Designern eine ungewöhnliche Überlagerung von Alt und Neu.

Wohnraum mit historischem Gewölbe und rotem Kunstharzboden; die schwarze Stahlrohrkonstruktion zieht sich als Gestaltungselement durch verschiedene Räume
Blick in die Raumflucht mit Sitzgruppe, Essplatz und offener Küche
Essplatz im mittleren Raum der Enfilate; der dunkelrote Kunstharzestrich wurde schwellenlos verlegt

Der Entwurf lebt von der modernen Interpretation traditioneller, lokaler Motive, Farben, Formen, Materialien und Techniken, die patchworkartig aneinandergefügt sind. Kombiniert wurden Holz, Terrakotta, Kork und Leinen, wobei durch die historische Konnotation der Materialien eine stilistische Kontinuität gewahrt blieb. Die Planer schufen eine Reihe fragmentarischer Architekturen, die sich mit der vorhandenen Raumstruktur des Altbaus mit seinen Rundbogenfenstern und den regional auch für Stadthäuser typischen Gewölbedecken überlagern. Leichte Einbauten, teils als Haus-im-Haus konzipiert, nehmen Funktionsräume wie Garderoben oder Badezimmer auf; in Spalten und Zwischenräumen zeigen sich vergangene Zeiten, wie etwa Teile originaler Fresken an den Gewölbedecken. Ein sich durch mehrere Räume hindurchziehendes Stahlgestell definiert neue Zusammenhänge und dient zugleich als Halterung für Schiebetüren, Einbaumöbel oder die Beleuchtung.

Man betritt die Wohnung über eine kleine Diele. Hier befindet sich rechter Hand die Garderobe und das Gäste-WC, links ein zu dieser Seite geschlossener Einbau, hinter dem sich ein Ankleidezimmer verbirgt. Geradeaus führt der Weg in den großzügigen Wohnraum, der sich als Enfilate von insgesamt drei Zimmer entpuppt. Die ehemaligen Trennwände dazwischen wurden bis auf jeweils weniger als einen Meter tiefe Wandvorlagen entfernt. Über drei Fensterachsen nimmt die Raumfolge eine große Sitzgruppe, einen Essplatz und eine um einen zentralen Block organisierte, offene Wohnküche auf. Jede Einheit ist über eine breite Schiebetür mit dem parallel zur Raumflucht verlaufenden, innenliegenden Korridor verbunden. Dieser wiederum erschließt an seinen Stirnseiten auf der einen Seite ein Schlafzimmer mit angegliedertem Bad und begehbarem Kleiderschrank, auf der anderen ein Studio. Dort erreicht man auch das Hauptschlafzimmer, und zwar über einen weiteren kleinen Stichflur, der rechts und links von den Wänden der eingangs erwähnten, großen Ankleide begrenzt wird. Das Masterbad belegt einen Teil der Grundfläche innerhalb des großen Schlafraumes. Der eingebaute Würfel mit seinen lukenartigen Fenstern, seiner angedeuteten Dachkonstruktion und der gemusterten Wandvertäfelung erinnert ein wenig an ein kleines apulisches Steinhaus.

Boden

Die Verbindung oder auch Differenzierung einzelner Räume wird durch die Gestaltung der Böden unterstützt. So fassen dunkelrote Kunstharzböden, die in ihrer Farbgebung und mit ihrer matten Versiegelung ein wenig an Terrakottaoberflächen erinnern, die Wohnräume zusammen. Die 3 bis 5 mm dicke Beschichtung versiegelt einen dünnen Heizestrich, der oberhalb der bestehenden Fußböden eingebaut wurde. Sofa und Sessel gruppieren sich um einen auf dem so behandelten Boden aufliegenden, rot-weiß gemusterten Kelim. Der Entwurf für den mit Rauten gestalteten Webteppich stammt von Ronan und Erwan Bouroullec und interpretiert traditionelle Muster und Techniken. Er wurde in Pakistan aus 100% handgesponnener afghanischer Wolle mit 156.000 Knoten pro Quadratmeter handgewebt, besitzt eine Gesamthöhe von 4 mm und ein Gewicht von 1,40 kg/m². Die Außenmaße betragen ca. 3,00 x 4,00 m.

Die Bodenflächen im Flur erhielten bei gleichem Unterbau wie die Wohnräume eine Epoxidharzbeschichtung. Allerdings wurden hier naturfarbene Leinentücher in die Harzschicht eingelegt. Die Tücher sind leicht unregelmäßig zugeschnitten; dort, wo sie sich überlappen, erhält der Belag eine dunklere Färbung (siehe Abb. 6). Dieselbe Technik diente auch zur Gestaltung der Wände. Hier sind die Leinentücher zusätzlich mit einem vergrößerten Kreuzstichmuster bedruckt, das nach dem Design von Sergio Perrero im Siebdruckverfahren auf das Gewebe aufgebracht wurde.

In den Schlafzimmern liegt dunkles Eichenparkett aus. Die Stirnseiten der im Fischgrätmuster angeordneten Parkettstäbe sind im 45°-Winkel gesägt und auf Gehrung gefügt, wodurch auch dieses traditionelle Motiv eine moderne Übersetzung erhält.

Bautafel

Architekten: UdA Architects (Andrea Marcante, Adelaide Testa), Turin
Baubeteiligte: Om Project, Turin (Stahl, Trockenbau, Elektro); Cristalking, Turin (Glas); Rezina, Turin (Kunstharz-Böden), Domenico Mori, Porto San Giorgio (Parkett); Made a Mano, Caltagirone (Fliesen); Materia Design, Turin (Möbelbau); Nanimarquina, Barcelona (Kelim)
Bauherr: privat
Standort: Bari
Fertigstellung: 2014
Bildnachweis: Carola Ripamonti, Turin; UdA Architects (Andrea Marcante, Adelaide Testa), Turin

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