Gleitschalung

Gleitschalungen sind in der Regel doppelhäuptig ausgeführt, für Schächte und Silos gibt es auch einhäuptige Ausführungen.
Gleitphase bei der Erstellung eines Flüssiggastanks in Antwerpen
Flüssiggastank nach Abschluss der Gleitphase

Gleitschalungen kommen zum Einsatz, wenn fugenlose Bauwerke oder kurze Bauzeiten mit hohen Tagesleistungen erforderlich sind oder das Verfahren für eine konkrete Bauaufgabe am wirtschaftlichsten ist. Für den Einsatz des Gleitschalungsverfahrens gelten in der Regel folgende wesentlichen Voraussetzungen:

  • Wanddicke mindestens 18 cm
  • Geometrie des Bauwerks muss geeignet sein (z.B. hinsichtlich Veränderung des Querschnitts, Neigung etc.)
  • möglichst gleichbleibender Grundriss
  • geforderte Ebenheitstoleranzen müssen mit dem Verfahren erreichbar sein
  • Mindestbauwerkshöhe, die z.B. anhand eines Verfahrensvergleichs ermittelt werden kann
  • Lärmbelästigungen müssen gestattet sein (durch Betonverdichtung in den Nachtschichten)
  • Durchlaufbetrieb muss bei fugenlosen Bauwerken möglich sein
  • geeignete Betonrezeptur
  • kontinuierlicher und zeitgerechter Planvorlauf
  • der Anteil der horizontalen Bewehrung muss für den Gleitbetrieb geeignet sein
  • begrenzte Anzahl an Schraubmuffen
  • begrenzte Anzahl an Aussparungen
  • begrenzte Anzahl an Einbauteilen
  • sehr gute Arbeitsvorbereitung
  • funktionierende lückenlose Logistikkette
  • wenige Schnittstellen zu anderen Gewerken, die immer wieder Vorleistungen zu erbringen hätten

Die wesentlichen Bestandteile einer Gleitschalung sind in Abb. 1 dargestellt. Sie ist in der Regel doppelhäuptig ausgeführt, für z.B. Schächte und Silos gibt es auch einhäuptige Ausführungen. Der Frischbetondruck wird über horizontale Kanthölzer oder Stahlprofile in vertikale Stahlrahmen eingeleitet. Von der Schalungshaut wird nur so viel Betonfläche überdeckt, wie für das Erstarren und Erhärten des Betons während des Gleitvorgangs notwendig ist.

Die Schalung gleitet zeitlich parallel und räumlich gleichgerichtet zum Betoniervorgang. Je Gleitvorgang wird das gesamte System in 20 bis 25 mm Hüben nach oben bewegt. Die Hubhöhe kann bei aufwendigen Einbauten und Aussparungen auf 10 bis 12,5 mm halbiert werden, um eine geringere Gleitgeschwindigkeit zu erzielen. Nach ca. 50 cm (von der Schalungsfirma abhängig) wird die Gleitschalung an sogenannten Ausrichtgestängen horizontal justiert. Diese Maßnahme stellt sicher, dass sich alle Heber auf gleicher Ebene befinden.

Das Erstarren und Erhärten des Betons erfolgt in der sich bewegenden Schalung. Es muss deshalb vertikal eine gleichmäßige Bewegung ermöglicht werden, um störende Einflüsse auf den Beton zu verhindern. Daraus ergibt sich notwendigerweise ein 24-Stunden-Betrieb und der Vorteil, dass mit der Gleitschalung vollkommen fugenlose Bauwerke errichtet werden können.

Sind keine fugenlosen Bauwerke erforderlich oder ist Nachtarbeit nicht gestattet, kann auch mit Arbeitsfugen gearbeitet werden. Die Schalung stützt sich über Kletterstangen ab und ist über hydraulische Hubeinrichtungen in ihrer vertikalen Bewegung gezielt steuerbar. Die Kletterstangen werden in Schüssen über Gewindeanschlüsse verlängert und später wieder ausgebaut. Über die an Stahlrahmen befestigten Heber wird die gesamte Gleitschalung nach oben bewegt. Die Hubkraft der Heber beträgt üblicherweise je nach Bauart 3 bis 6 to (es gibt auch 25 to Heber). Der Abstand der einzelnen Stahljoche richtet sich nach der Belastung und der Geometrie des Bauwerks. Bei der Austeilung der Heber ist in der Planung auf Aussparungen und Einbauten Rücksicht zu nehmen.

Der gesamte baubetriebliche Ablauf der Errichtung eines Bauwerks mit einem Gleitschalungssystem bedarf einer entsprechend genauen und umfassenden Planung und Arbeitsvorbereitung. Das Wirkprinzip der Gleitschalung ist in Abb. 2 dargestellt. Die Schalungshäupter sind nach oben hin betrachtet zueinander geneigt (= Schalungsanzug), um den Gleitvorgang zu erleichtern. Der Beton in der Schalung wird in folgende drei Phasen eingeteilt (cm-Angaben ändern sich mit der Betonzusammensetzung):

  • oberster Betonabschnitt mit ca. 20 cm: Frischbeton
  • mittlerer Betonabschnitt mit ca. 80 cm: Beton in der Abbinde-/Erstarrungsphase; mittlerer Betonabschnitt wird mit dem obersten Abschnitt durch Rütteln „vernäht”
  • unterster Betonabschnitt mit ca. 20 cm: Beton in der Erhärtungsphase
Mit dem nächsten Hubvorgang darf erst dann begonnen werden, wenn der Beton in der untersten Schicht ausreichend erhärtet ist, sodass er formstabil ist und nicht ausläuft. Bauseits wird der geeignete Umsetzzeitpunkt durch Stochern im Beton festgestellt.

Die Vermessung hat beim Einsatz der Gleitschalung eine große Bedeutung. Meist kommen Lotlaser zum Einsatz und die Daten in Messprotokollen aufgezeichnet. In das Messkonzept müssen die tageszeitlichen und jahreszeitlichen Temperaturschwankungen aufgenommen werden. Bei ungeplanten Abweichungen kann über Mechanismen im Gleitschalungsverfahren gegengesteuert werden.

Für fugenlose Bauwerke sind keine Betonierfugen geplant. Kommt es in der Ausführung zu Unterbrechungen, wird die Gleitschalung nach oben frei gezogen. Vor dem nächsten Betonierbeginn ist die Betonierfuge mit Hochdruck zu reinigen und gegebenenfalls mit Haftmittel zu behandeln.

Bildnachweis: Bitschnau Gleit & Schalungstechnik GmbH, Nenzing

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