Gebäude E der Universität Piura

Kombination von Ortbeton mit Fertigteilen

In rekultivierter Wüstenlandschaft liegt die in den 1960er-Jahren gegründete, private Universität Piura (UDEP) am Rand der gleichnamigen Stadt im Nordwesten Perus. Kälter als 18 Grad Celsius wird es hier selten, die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 24,5 Grad Celsius. In diesem Klima sind schattige Plätze und kühle Brisen willkommen – besonders auch dort, wo gelernt und Forschung betrieben wird.

Mit ihren zwei tunnelartigen Zugängen ist die Nordostfassade zum Campus orientiert
Die Nordecke zeigt das leicht unregelmäßige Schalungsbild der mit Brettern geschalten Bereiche
Vor den Hörsälen reduzieren breite Lamellen aus Beton die Sonneneinstrahlung

Da in den letzten Jahren dank eines Förderprogramms vermehrt einkommensschwache Studierende aus ländlichen Gebieten aufgenommen wurden, war eine Erweiterung des bestehenden Campus' nötig geworden. Barclay & Crousse Architecture aus Lima entwarfen dafür mit Ihrem Gebäude E auf 70 mal 70 Metern Grundfläche einen introvertierten Bildungsbau, der mit seinen als Lernlandschaft gestalteten Zwischenräumen informelles Lernen durch selbstverständliche Begegnungen und den Austausch von Ideen fördern soll.

Von außen erscheint der Bau als weitgehend geschlossenes, kompaktes Volumen. Je nach Himmelsrichtung und dahinter liegender Nutzung sind die Fassaden unterschiedlich ausgebildet. Ein Hauptelement der Gestaltung sind gitterartige Bauteile aus Beton, deren unregelmäßigen Öffnungen das Tageslicht filtern. Die im Südosten und Nordwesten angeordneten Hörsäle hingegen werden durch vertikale Lamellen vor zu viel Sonneneinstrahlung geschützt.

Der Hauptzugang der Erweiterung ist nach Nordosten orientiert. Im Inneren zeigt sich der disperse Aufbau des Komplexes: Elf Gebäude sind mit variierenden Abständen und leicht versetzt zueinander auf der quadratischen Grundfläche platziert. Dadurch ergibt sich eine spannende Abfolge von Zwischenräumen auf zwei unterschiedlichen Niveaus. Der Wechsel von weiten und schmalen Räumen und die abwechslungsreiche Gestaltung mit Sitzstufen und Galerien laden zum Verweilen ein. An das Raumnetz zwischen den Volumina docken die verschiedenen Nutzungen an: Neben Vorlesungssälen in unterschiedlichen Größen gibt es Seminar- und Gruppenarbeitsräume, einen Verwaltungsbereich und eine Cafeteria.

Die Zwischenräume werden in weiten Teilen von auskragenden Dächen überdeckt, zwischen denen ein schmaler Schlitz Licht und Luft ins Innere lässt. Dabei fällt stets nur ein dünner Streifen Tageslicht ein, der im Laufe des Tages – ähnlich dem Schatten einer Sonnenuhr – über Böden und Wände wandert. Auch die perforierten Fassadenelemente und die Bepflanzungen, die in einigen dieser Bereiche angelegt wurden, bereichern das abwechslungsreiche Licht- und Schattenspiel.

Beton

Auf der Architekturbiennale 2018 in Venedig zeigten Barclay & Crousse Architects eine der Stahlschalungen für die Gitterstrukturen, die Teile der Fassade der Universitätserweiterung bekleiden. Mit solchen 1,40 auf 2,90 Meter großen Schalungselementen wurden vor Ort Betonfertigteile hergestellt, die man anschließend vor die Fassade montierte. Zudem präsentierten die Architekten die Schalungen für die Sitzelemente im zentralen Bereich zwischen den Vorlesungssälen: Zwei unterschiedliche Volumen aus Beton hat man hier zu Sitzinseln gruppiert. Mit ihrer Entscheidung, die Schalungen in der Lagunenstadt auszustellen, thematisierten die Architekten die Unmöglichkeit, Räume eines Gebäudes im Rahmen einer Ausstellung wirklich zu erleben. Sie zeigten stattdessen ein für die Errichtung eines Gebäudes wesentliches Element, das am fertigen Bau später nicht mehr zu sehen ist. So wurde die Betonbauweise in den Fokus der Präsentation gerückt.

Die Ortbeton-Oberflächen der Universität Piura machen Sichtbeton in verschiedenen Erscheinungsformen erlebbar: Die Außenwände der Bauten zeigen zum Großteil den Abdruck von schmalen Holzbrettern in unterschiedlichen Längen, die auf eine Trägerschalung aufgebracht wurden. Der Farbton variiert leicht und an den Fugen zeichnen sich Spuren des ausgetretenen Zementleims ab. Die Untersichten der Decken und einige Außenwände verweisen hingegen auf die Verwendung von Schaltafeln. Ihre Oberflächen wurden nach der Fertigstellung teilweise farbig gestrichen. Vertikale Lamellen aus Beton schützen die Hörsäle vor zu viel Sonneneinstrahlung. Die 7,40 m hohen und 12,5 cm starken Elemente sind – zusammen mit den 40 cm starken Stützen, die jeweils nach 5 Lamellen angeordnet wurden – auch die Pfosten, an denen die Verglasung seitlich befestigt wurde.

Die Böden der Zwischenbereiche ließen die Architekten in Prägebeton gestalten. Der dabei verwendete Stempel lässt Oberflächen entstehen, die durch ihre angedeuteten Furchen und Risse an Lehmböden erinnern. -chi

Bautafel

Architekten: Barclay & Crousse Architecture, Lima (Sandra Barclay / Jean Pierre Crousse mit David Leininger)
Projektbeteiligte: Huarcaya Construcción – Ingeniería, Lima (Bauunternehmen); Higashi Ingenieros, Lima (Tragwerksplanung); Essac Engineering, Lima (Sicherheit und Brandschutz); MQ & Ingenieros Asociados, Lima (Elektroplanung); Equipo “G”,Lima (Haustechnik);
Bauherr: Universidad de Piura (UDEP)
Standort:
Av. Ramón Mugica 131, Piura, Peru
Fertigstellung: 2016
Bildnachweis: Cristobal Palma, Santiago de Chile

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