French International School in Hongkong

Farbige Brise Soleils, Dachgärten und Pilotis

Dieses Gebäude fällt gleich dreifach auf im Großstadtdschungel Hongkongs: Es ist bunter, stärker ins Grün eingebettet und weitaus niedriger als die eng gestellten Wohntürme der Nachbarschaft. Und – zumindest zeitweise – ist es sicherlich auch lauter. Die French International School, entworfen vom dänischen Büro Henning Larsen Architects, stellt den ganzheitlichen Entwurfsansatz der Architekten prominent zur Schau und bringt die Werte Gemeinschaft und Nachhaltigkeit kreativ zum Ausdruck.

Das Gebäude, entworfen vom dänischen Büro Henning Larsen Architects, hebt sich ab von den Betontürmen der Nachbarschaft.
Nördlich wird das Schulgelände durch einen höheren Riegel begrenzt, in dem sich die Klassenräume der Grundschule befinden.
Alle Fenster sind von Brise Soleils flankiert. Um wirksam zu verschatten, variiert ihre Tiefe je nach Fassadenausrichtung.

Die „grünste Schule Hongkongs“, gelegen im dicht besiedelten Tseung Kwan O District, bietet 1.100 Schülerinnen und Schülern Platz. Wahlweise können diese den französischen oder den international geprägten Schulzweig der Grundschule (Lycée) oder des Gymnasiums (Collège) belegen. Dafür stehen 19.600 Quadratmeter, verteilt auf zwei Gebäude, bereit. Ein fünfgeschossiger Riegel, in dem die Klassenräume der Grundschule untergebracht sind, begrenzt das Schulgelände am nördlichen Rand. Er wird durch ein offenes, mittig platziertes Treppenhaus mit übereinander angeordneten begrünten Terrassen erschlossen. Das südliche Bauvolumen beherbergt neben den Klassenräumen des Gymnasiums Sonderräume wie etwa Kantine, Auditorium und Schwimmbad. Daran schließt die Sporthalle mit großzügiger Dachterrasse an.

Brise Soleils in mannigfaltigen Formen sind fester Bestandteil der Gebäudehüllen, besonders prägend ist in dieser Hinsicht jedoch die Fassade vor der Sporthalle. 627 farbige Keramikelemente spiegeln hier die kulturelle Vielfalt der Schule wider. Und als wäre das noch nicht Le-Corbusier-Referenz genug, ruhen Teile der Gebäude auf Pilotis à la „Unité d’Habitation“.

Grüne Lunge im Großstadtdschungel

Umgeben sind die Baukörper von mehreren farbig gestalteten Pausenbereichen. Durch die Pilotis stehen weite Teile der Grundfläche als Schulhof zur Verfügung. Dazu kommen die Dächer, die fast vollständig begrünt und begehbar sind. Ein botanischer Garten mit einer Auswahl heimischer Pflanzenarten, insgesamt 66 neu gepflanzte Bäume und hängende Gärten vor einigen Fassaden sollen die Schule zur grünen Lunge des dicht besiedelten Stadtteils machen, sobald sich die Vegetation ausgebreitet hat. Ein knallroter Laufpfad, genannt „The Loop”, windet sich durch sämtliche Außenanlagen und fasst sie zusammen. Kantine und Spielplatz sind zu Schulzeiten den Schülern vorbehalten, können aber abends und an Wochenenden für die öffentliche Nutzung freigegeben werden. So soll sich die Schule zu einem Fixpunkt französischer Kultur für die Bürger Hongkongs entwickeln.

Im Bereich der Grundschule lassen sich die Klassenräume großzügig zum zentralen Erschließungsbereich und Aufenthaltsraum öffnen, sodass pro Etage je zwei sogenannte „Villen” mit einem offenen Grundriss für jeweils 125 Kinder entstehen. Farbenfrohes, kindgerechtes Mobiliar regt zum kollaborativen Lernen, Spielen und Ausruhen an.

Sonnenschutz: Brise Soleils in vielen Farben und Formen

Ziel der Architekten war es, durch passiven Wärmeschutz und eine optimierte Tageslichtnutzung den Energieverbrauch möglichst gering zu halten. Ergebnis ist eine formale Vielfalt von Brise Soleils an den verschiedenen Fassaden. Ihre Tiefe variiert entsprechend der jeweiligen Fassadenausrichtung. Die Auskragungen und Dachüberstände sind so geformt, dass die Fensterflächen zur heißesten Zeit des Tages, also mittags, wenn die Sonne steil einfällt, voll verschattet sind. Einen zusätzlichen Blendschutz liefern innen liegende Rollos.

Sämtliche Klassenräume sind nach Norden oder Süden ausgerichtet, um flach einfallendes Sonnenlicht aus östlicher und westlicher Richtung zu vermeiden. Die Südfassade der Sporthalle verfügt über nur kleine, dafür zahlreiche Fensteröffnungen, die teilweise mit Glasbausteinen bestückt sind. Aufgrund der tiefen Keramikelemente dringt kein direktes Sonnenlicht ein. Dafür wird das Tageslicht diffus und farbig in den Innenraum reflektiert. Die Verschattung durch die Brise Soleils ist so effektiv, dass für die Fenster der Schule ein hochtransparentes Glas verwendet werden konnte. Das Tageslicht kann so ungehindert und in seinem natürlichen Farbton eindringen. Tageslichtsensoren mit automatischer Lichtstärkenanpassung sorgen für eine optimale und energiesparende Beleuchtung des Innenraums.

Die Massenverteilung der Gebäudevolumen begünstigt eine Belüftung des Areals durch Ostwinde, die frische Meeresluft mit sich bringen. Das viele Grün dient, beispielsweise auf dem Dach, der passiven Kühlung der Gebäude und als zusätzlicher natürlicher Sonnenschutz vor einigen Fassaden. Die Gesamtheit der Maßnahmen ermöglicht einen Verzicht auf künstliche Belüftung und Klimatisierung während der Trockenzeit von Oktober bis März. -sr

Bautafel

Architekten: Henning Larsen Architects, Kopenhagen
Projektbeteiligte: WSP, Montreal (Tragwerksplanung / Elektro / Nachhaltigkeit); Lichtvision, Berlin (Lichtplanung); Bassinet Turquin Paysage, Paris / Aecom, Los Angeles (Landschaftsarchitektur); Paul Y Builders, Hongkong (Bauausführung)
Bauherr: French International School of Hong Kong
Fertigstellung: 2018
Standort: 28 Tong Yin Street, Tseung Kwan O, Hongkong, Volksrepublik China
Bildnachweis: Philippe Ruault, Nantes

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