Forschungsstation Bharati in der Antarktis

Hoch wärmedämmendes Dreifach-Isolierglas mit Sonnenschutzbeschichtung

Die vorgefertigten Elemente hatten eine weite Reise: Hergestellt in Duisburg, verschifft über Antwerpen und Kapstadt, wurden sie schließlich in der Region Larsmann Hills in der Antarktis als Forschungsstation Bharati zusammengefügt. Der Entwurf stammt von BOF Architekten, realisiert wurde er gemeinsam mit der IMS Ingenieursgesellschaft, beide aus Hamburg. Vorausgegangen war ein Wettbewerb im Dezember 2006. Geplant wurde in Hamburg, abgestimmt in Goa, wo der indische Bauherr, das National Center for Antarctic and Ocean Research seinen Sitz hat.

Die Pinguine haben sich an ihre neuen Nachbarn schon gewöhnt
Nichts als Eis, Wasser und Gestein: Die Forschungsstation liegt einsam inmitten einer unwirklichen Umgebung
In der wohltemperierten Lounge können sich die Forscher erholen und einen Blick auf ihre eisige Arbeitswelt genießen

Aufgrund der extremen Klimaverhältnisse am Südpol mit Temperaturen bis zu minus 70° Celsius, Windgeschwindigkeiten bis 260 Kilometer pro Stunde und 24 Stunden Tageslicht ist klar, dass Konstruktion und Bauteile enormen Belastungen ausgesetzt sind, weshalb ihre Planung und Auswahl, ihre Nachhaltigkeit und Mobilität die wichtigsten Aspekte der Planung waren.

Der Bau besteht aus 134 Standard-Schiffscontainern, die nicht nur die individuellen Räume, sondern auch die Gesamtstruktur der Station bestimmen. Diese Bauteile sind vergleichsweise gut zu transportieren, außerdem sind sie in kürzester Zeit sowohl auf- als auch abzubauen. Die Container sind von einer wärmedämmenden Metallschicht eingehüllt, die mit Windkanaltests optimiert wurde. Neben drohenden Schneeverwehungen war die Windlast einer der größten Herausforderung an die Konstruktion. Die Lösung waren Stahlstützen, die das Gebäude „höherlegen“, und eine windschnittig angelegte, um 15° geneigte Außenfassade. Eine weitere Herausforderung war der Bau der Station, der nur im Sommer erfolgen konnte. Mit einem Mobilkran wurde die geneigte Außenfassade angebracht, anschließend die Fenster eingesetzt. Insgesamt verbauten die Metallbauer 275 ausgeschäumte Stahl-Fassadenelemente. Rechtzeitig zu Beginn des antarktischen Winters konnten die ersten Forscher die fünfzig Meter lange, 30 Meter breite und 12 Meter hohe Station beziehen.

Im Inneren nimmt die Station auf der unteren Ebene Labore, Lager- und Technikräume, eine Garage und eine Werkstatt auf. Auf der zweiten Ebene befinden sich 24 Einzel- und Doppelzimmer, Küche, Esszimmer, eine Bibliothek, ein Sportstudio, ein Operationsraum, Büros sowie eine Lounge. Diese und der Essraum liegen an den Enden des Baukörpers; große Glasflächen geben Panoramablicke auf das Eis und das Meer frei. In der dritten Ebene ist die Lüftungsanlage untergebracht, außerdem gibt es hier eine Terrasse. Die ist allerdings nicht zum Sonnen gedacht, sondern für Forschungszwecke. Im Sommer können sich bis zu 47 Forscher in der Station aufhalten, im Winter nur 24.

Die Forschungsstation ist ein Selbstversorger: Die Energie für die Heizung und Kühlung sowie das Frischwasser werden vor Ort hergestellt. Bei der Herstellung der Elektrizität fällt dabei mehr Wärme an, als für das Heizen der gesamten Station benötigt wird. Sollte ein Bauelement beschädigt werden, ist vor Ort Ersatz vorrätig.

Glas
Die Anforderungen an die Planung der Fassade waren enorm: das Gebäude muss sehr gut gedämmt, windschnittig, vor Schneeverwehungen und hohem Sonneneintrag geschützt sein. Ziel war es, in der Station eine Raumtemperatur von 23º Celsius zu erreichen. Hierfür wurde eine spezielle Aluminium-Glas-Konstruktion in Pfosten-Riegel-Bauweise entwickelt, die auf einer Fläche von 207 Quadratmetern mit hoch wärmedämmendem Dreifach-Isolierglas und elektrisch beheizten Rahmen ausgebildet ist. Die Außenhülle besteht aus 17 Zenitmeter starken, modifizierten Kühlhauspaneelen, die die Container mit einem Abstand von rund 50 Zentimeter umschließen.

Ausgehend von einer Außentemperatur von -40º Celsius sollten Paneele und Dreifach-Isolierverglasung die Temperatur im Zwischenraum auf 10º Celsius erhöhen. Es musste also ein Temperatursprung von 50º Celsius erreicht werden. Dies konnte nur mit einer Verglasung erreicht werden, die beste Wärmedämmwerte aufweisen. Verbaut wurde ein Hochleistungsglas, das mit 0,5 W/m²K nahezu den U-Wert einer gemauerten Wand erreicht. Zusammen mit der 10 cm starken Mineralwolldämmung an den inneren Containerwänden werden im Innern der Station 23º Celsius erreicht.

Da in der Antarktis bis zu 24 Stunden lang die Sonne scheint und sich das Gebäude aufheizen kann, bietet eine spezielle Glasbeschichtung zudem einen selektiven Sonnenschutz: Sie lässt mit einem Transmissionswert  TL von 68% ein Maximum an Licht ins Innere und schützt gleichzeitig vor UV-Strahlen, die durch das Ozonloch über der Antarktis besonders stark sind. Das gewählte Glas sorgt für viel Helligkeit und angenehme Temperaturen im Inneren und damit einem komfortablen Aufenthalt für die Forscher in einer für Menschen unwirtlichen Umgebung.

Bautafel

Architekten: BOF Architekten, Hamburg mit IMS Ingenieursgesellschaft, Hamburg
Porjektbeteiligte: Christophe Lenderoth, Bremen (Glasfassaden und Metallbau); Wicona, Ulm (Hersteller Fassade); Stahlbau Lamparte, Kaufungen (Stahlkonstruktion); Lehmann und Keller Ingenieure, Lauffen ‎(Konstrukiver Glasbau); Saint-Gobain Glass, Aachen (Glashersteller Climatop Cool-lite 174 in der Ausführung Planitherm Ultra N und Ultra N II)
Bauherr: National Center for Antarctic and Ocean Research (NCAOR), Goa, Indien
Fertigstellung: 2013
Standort:
Antarktis
Bildnachweis: IMS/BOF Architekten, Hamburg

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