Fassadenbeleuchtung für das Wissenschaftszentrum Berlin

Zielgerichtete nächtliche Illumination

Als außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die eng mit den lokalen Hochschulen kooperiert, wurde das  Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) 1969 gegründet. Am Reichpietschufer längs des Landwehrkanals gelegen, befindet sich das Institut nicht nur in Nachbarschaft herausragender Bauten, zu denen Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie sowie das Shell-Hochhaus von Emil Fahrenkamp gehört – beeindruckend nimmt sich auch der Akademiekomplex selbst aus. Während der 1988 nach Plänen von Stirling, Wilford & Associates fertiggestellte Gebäudeteil unlängst erweitert wurde, erstrahlt auch der kanalseitige Eingangsbau aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert in neuem Glanz: Für die Neorenaissancefassade des denkmalgeschützten, von August Busse geplanten Bau­werks entwickelte das Lichtplanungsbüro Lichterloh Berlin ein neues Illuminationskonzept.

Der Zugang erfolgt durch das einstige Gebäude des Reichsversicherungsamtes am Reichpietschufer.
Dahinter liegen die postmodernen Bauten von Stirling, Wilford and Associates aus den 1980er-Jahren, die unlängst erweitert wurden.
Derweil wurde die historistische Fassade mit einer Lichtinstallation ausgestattet.

Da längs der Gebäudefront, das bis 1945 das Reichsversicherungsamt beherbergte, die vielbefahrene Uferstraße verläuft, bietet sich kaum je der vollständige Anblick der Fassade – allein vom gegenüberliegenden Südufer des Kanals lässt die Schauseite sich in ihrer Pracht bewundern. Dass die prächtige Fassade ungesehen blieb, war zudem aber auch der unzureichenden Beleuchtung zuzuschreiben. Aus Anlass des fünfzigsten Bestehens des Wissenschaftszentrums fiel deshalb die Entscheidung, die architektonischen Reize der Schauseite durch eine Lichtinstallation hervorzuheben, die das von Bettina Wipfler und Edgar Schlaefle geleitete Büro gemeinsam mit dem Sozialwissenschaftler Joachim Kallinich entwickelte.

Strahler auf vier Stelen
Da das Befestigen von Leuchten an der denkmalgeschützten Fassade nicht erlaubt war, setze man auf eine Lösung mit Lichtmasten. Der Verlauf der Geh- und Fahrradwege bedingte eine Installation der Leuchtkörper an den Lichtmasten, die nicht mehr als fünf bis sieben Meter vom Gebäude entfernt emporwachsen. Jeder der vier Pfosten trägt dabei fünf zylindrische Beleuchtungsmodule, die in ihrem Durchmesser dem Pylon entsprechen und das Licht gezielt auf einzelne Fassadenbereiche lenken. So sind es drei Fassadenmodule, die für die Illumination des unteren und mittleren Bereichs der Gebäudefront sorgen. Mit einer Leistung von 17 bis 22 Watt ausgestattet, bewirkt ein facettierter Sekundär-Reflektor einerseits die gleichmäßige Beleuchtung und verhindert zugleich, dass die Arbeit in den straßenseitigen Räumen durch Blendung gestört wird. Die treffsichere Anstrahlung des oberen Bereichs besorgen hingegen zwei Twin-Spot-Module, denen eine etwas geringere Leistung von 10 bis 12 Watt eignet, sodass sich die Gesamtanschlussleistung der auf den vier Masten installierten Strahler auf 342 Watt beläuft.

Warmweißes, punktgenaues und umweltfreundliches Licht

Durch die warmweißen LEDs, deren Farbtemperatur 3.000 Kelvin beträgt, sollen weniger Insekten als durch konventionelle Leuchten oder kühlere LED-Strahler mit höherer Kelvin-Zahl angelockt werden. Der Umweltfreundlichkeit kommt überdies eine Steuerung zugute, die die nächtliche Absenkung des Lichtstroms ermöglicht. Während die Regelung bislang mittels einer astronomischen punktgenau zu Sonnenaufgang und -untergang erfolgt, besteht die Möglichkeit zur Nachrüstung eines Dämmerungsschalters, der die langsame Erhöhung und abendliche Absenkung der Beleuchtungsstärke gestatten würde. Überdies besteht die Option, durch eine zukünftige Illumination des Gartens die Zusammengehörigkeit des kaiserzeitlichen Altbaus und den postmodernen Gebäudekörpern noch deutlicher zu akzentuieren. Indessen verleiht die Beleuchtung der Fassade dem Wissenschaftszentrum schon jetzt eine gesteigerte Präsenz im Stadtraum, die nach Willen des Planungsteams auch das Interesse an der Forschungsarbeit wecken soll, die hinter den Mauern geleistet wird. –ar

Bautafel

Architektur: August Busse (1894); Stirling, Wilford & Associates (1988)
Lichtplanung: lichterloh.berlin, Berlin (Bettina Wipfler und Edgar Schlaefle) sowie
Joachim Kallinich, Berlin
Projektbeteiligte:
Selux, Berlin (Lichtstelen Lif)
Bauherrschaft:
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Berlin
Fertigstellung:
2020
Standort:
Reichpietschufer 50, 10785 Berlin
Bildnachweis: Bettina Wipfler/lichterloh, Berlin; Bernhard Ludewig/WZB, Berlin; Julia Blöser/Baunetz, Berlin

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