Experimentelles aus Fliesen
Designer-Kollektionen für neue japanische Fliesenmarke
Die Welt ist seit diesem Frühjahr um eine unkonventionelle
Fliesenmarke reicher: Tajimi Custom Tiles, benannt nach dem Sitz in
der Stadt Tajimi, einer historischen Fliesenproduktionsgegend in
Japan. Zwei Kollektionen, die zur Markteinführung vom britischen
Designer Max Lamb und seinem koreanischen Kollegen Kwangho Lee
entworfen wurden, zeigen die gestalterischen Möglichkeiten auf, die
die Marke ihren Kundinnen und Kunden bietet.
Beide Designer waren zuvor nach Tajimi gereist, um zunächst von den dortigen Kunsthandwerkern die Produktion – ausgehend vom Ton über die Glasur bis zum Brennen der Fliesen – kennenzulernen. Das Ergebnis sind keine konventionellen flachen Fliesen für die Boden- oder Wandbekleidung, sondern dreidimensionale, skulpturale Elemente, die als Möbel, Trennwände oder Objekte dienen können.
Max Lamb verwendete für seine modularen Fliesen, mit denen sich
eine Vielzahl von geometrischen Formen kreieren lässt, typisch
japanische Tonarten mit charakteristisch erdiger Materialität und
spezielle Glasuren mit mehrschichtigen Farben, abgeleitet von
klassischer japanischer Keramik. Für eine Sitzgelegenheit mit
abgerundeten Kanten, die Lamb entwickelt hat, kamen ein-, zwei- und
mehrfach gekrümmte Fliesenelemente zum Einsatz. Die lokalen
Druckformen ermöglichten eine besonders präzise Ausführung.
Kwangho Lee ließ sich von einer der typischen Produktionsmethoden in Tajimi – der Tonextrusion – inspirieren. Er entwarf ein Modul in Form einer Schleife, das in verschiedenen Längen fließgepresst werden kann. Die Elemente können vertikal oder horizontal zu unterschiedlichen Objekten, etwa Trennwänden oder Vasen, gestapelt werden. Werden die Module auf einer Linie nebeneinander platziert, erzeugt die sich wiederholendende Schleifenform ein Muster, das an Strick erinnert. Stricken ist ein wichtiges Thema in der Arbeit des Designers, dem er sich in der Vergangenheit bereits mit unterschiedlichen Materialien und Maßstäben angenähert hat.
In der Gegend um die Stadt Tajimi nordöstlich von Nagoya findet sich im Boden besonders mineralienreicher Ton. Vor etwa 1.300 Jahren entstand dort eine erste Keramikindustrie, die die bekannte Mino-Keramik hervorbrachte. Im frühen 20. Jahrhundert begann in Tajimi die Fliesenproduktion im großen Stil. Seitdem hat sich der Ort zum Zentrum der Fliesenherstellung in Japan entwickelt und verantwortet heute 90 Prozent der Produktion des gesamten Landes.