Experimentelle Nachweise für Horizontalverglasungen

Experimentelle Nachweise für Verglasungen im Überkopfbereich sind erforderlich, wenn diese zu Reinigungszwecken betreten werden können oder durch die gegebene bauliche Situation mit weiteren Stoßeinwirkungen oder Kantenverletzungen gerechnet werden muss, sodass die Resttragfähigkeit in diesen Fällen in Frage gestellt ist. Werden dagegen die konstruktiven Anforderungen an Horizontalverglasungen nach DIN 18008-2 Glas im Bauwesen - Bemessungs- und Konstruktionsregeln - Teil 2: Linienförmig gelagerte Verglasungen und begehbare Verglasungen nach DIN 18008-6 Glas im Bauwesen - Bemessungs- und Konstruktionsregeln - Teil 6: Zusatzanforderungen an zu Instandhaltungsmaßnahmen betretbare Verglasungen und an durchsturzsichere Verglasungen erfüllt, so sind Resttragfähigkeitsnachweise generell entbehrlich. Bei Abweichung von diesen Normen muss eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) durch einen Nachweis der Resttragfähigkeit erwirkt werden. Die zu erbringenden Nachweise werden von der Obersten Bauaufsicht der einzelnen Bundesländer festgelegt.

Glasdach über dem Great Court British Museum in London, Architekten: Foster & Partners
Experimentelle Nachweise sind für Verglasungen im Überkopfbereich erforderlich, wenn ihre Resttragfähigkeit  in Frage gestellt ist
Als experimenteller Nachweis ist ein einfacher Stahlkugel-Fallversuch aus 1,0 m Höhe üblich

Für Horizontalverglasungen darf hinsichtlich der Resttragfähigkeit lediglich Verbundsicherheitsglas (VSG) verwendet werden. Als experimenteller Nachweis ist ein einfacher Fallversuch mit einer 4,1 kg schweren Stahlkugel aus 1,00 m Höhe üblich. Beim anschließenden Resttragfähigkeitsversuch muss die Verglasung in der Regel eine Belastung von 0,5 kN m−2 (im Innenbereich 0,2 kN m−2) abtragen können. Noch intakte Einzelschichten der Verglasung sind vorher durch Anschlagen zu brechen. Die Dauer der erforderlichen Resttragfähigkeit bis zum völligen Versagen muss individuell, in Abhängigkeit von der baulichen Situation und Nutzung festgelegt werden. Bei den gängigen Anwendungsfällen variieren die Anforderungen zwischen 30 Minuten und 48 Stunden. Während dieser Zeit dürfen keine Bruchstücke herabfallen, welche die darunter liegende Verkehrsfläche gefährden. Die Prüfung wird normalerweise bei Raumtemperatur durchgeführt; eine erhöhte Temperatur kann aber gefordert werden. Denn die starke Temperaturabhängigkeit der polymeren Zwischenschichten im Verbundsicherheitsglas können einen erheblichen Einfluss auf die verbliebene Tragfähigkeit haben.

Im Hinblick auf eine ausreichende Resttragfähigkeit bei Zerstörung aller Scheiben können zweiseitig liniengelagerte Horizontalverglasungen nicht empfohlen werden. Bei dieser Lagerungsart kommt es bei dem Versagen aller Scheiben zu einem Riss parallel zur gelagerten Kante in Scheibenmitte, der kaum Resttragfähigkeit zulässt, da die gesamte Zugkraft von der Verbundfolie aufgenommen werden muss. Diese dehnt sich derartig stark, dass die gesamte Scheibe einklappt und von den Auflagerungen abrutscht. Ähnliches gilt für die Verwendung von VSG aus Einscheibensicherheitsglas (ESG), da aufgrund des feinkrümeligen Bruchbildes keine Verzahnung der Bruchstücke möglich ist und die Scheibe schlaff wie ein Handtuch durchhängt.

Das günstigste Resttragfähigkeitsverhalten zeigen VSG aus Floatglas und VSG aus teilvorgespanntem Glas (TVG) bei vierseitiger Lagerung oder Punktlagerung, da eine gute Verzahnung der großformatigen Bruchstücke möglich ist und die Risse in den einzelnen Scheiben weder direkt übereinander noch parallel zu einer Kante verlaufen.

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Spiralrampen mit Glasboden und Glasgeländer im Kongresszentrums für das Genforschungsinstitut EMBL (European Molecular Biology Laboratory) in Heidelberg.

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Horizontalverglasung über der Berliner Reichstagskuppel; Architekten: Foster & Partners

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