Experimenta Science Center in Heilbronn

Siebbedruckte Glas-Dämm-Paneele

Der Neubau der im Frühjahr 2019 eröffneten Experimenta erweitert das seit 2009 bestehende Experimenta Science Center in Heilbronn zu einem attraktiven Ensemble. Besucher jeder Altersgruppe erfahren hier Naturwissenschaften und Technik mit allen Sinnen und finden Antworten zu alltäglichen Fragestellungen. Eine Besonderheit neben den Entdecker-, Erlebnis- und Forscherwelten bildet der sogenannte Science Dome, eine Kombination aus Planetarium, 3D-Kino und Experimentaltheater. Er bietet ein bewegliches Auditorium für Shows mit einer sphärisch gekrümmten Leinwand und einem um 180 Grad drehbaren Zuschauerraum sowie eine Sternwarte.

Die „Raum-Spirale" (hinter rechteckigen Isolierverglasungen) durchzieht das gesamte Gebäude als zentraler Verbindungsweg.
Die Fassade der „Themenwelten" hingegen ist mit transluzenten und opaken Modellverglasungen ausgebildet.
Einblick in die Themenwelten: Hinter den opaken Feldern ist Platz für Ausstellungsinhalte.

Spiralförmig versetzte Ausstellungsebenen

Entworfen wurde der außergewöhnliche fünfgeschossige Neubau vom Architekturbüro Sauerbruch Hutton. Die Planer schufen spiralförmig versetzte Ebenen: Die als Pentagon (Fünfeck) ausgebildeten Geschosse sind zueinander verschoben und entwickeln sich um einen festen Kern. Gegliedert wird der Baukörper von raumhohen Fachwerkträgern, die auf jeder Etage an einen Stahlbetonkern anschließen. Die dadurch in sich steife Gesamtkonstruktion ermöglicht stützenfreie Ausstellungsräume. In der Fassade ist die Konstruktion durch dreiecksförmige Elemente und große Glasflächen ablesbar.

Die rund 18.000 Quadratmeter des Ausstellungshauses sind als Spirale um ein zentrales Atrium inszeniert, die vielfältige Raumfolgen und gezielte Ausblicke eröffnet. Nach dem Passieren des Foyers gelangen die Besucher in die über vier Etagen versetzt angeordneten „Themenwelten” und „Kreativstudios”, in denen Inhalte aus Naturwissenschaft und Technik vermittelt werden. Nicht nur die jüngeren Besucher haben Gelegenheit, die dargestellten Zusammenhänge konkret auszuprobieren. Der spiralförmige Weg endet auf einer großen, landschaftlich gestalteten Dachterrasse, die einen Panoramablick über das Neckartal bietet, und auf der sich eine Sternwarte befindet.

Tragwerk und räumliche Gliederung ist ablesbar

Die Verteilung von Glas und Paneelen in der Fassade macht nicht nur die räumliche Gliederung ablesbar, sondern auch den Kräfteverlauf des Tragwerks. Konventionell isolierverglaste Abschnitte signalisieren die Wegeführung der Raum-Spirale zwischen den Stockwerken und verteilen sich über etwa zwei Fünftel der Außenhaut. Die raumhohen Fachwerkträger hingegen, hinter welchen sich die Themenwelten befinden, sind mit opaken und transluzenten Paneelen ausgefacht.

Fassade der „Themenwelten”

Die Fassade ist als Pfosten-Riegel-Konstruktion mit im sichtbaren Bereich scharfkantigen Schweißprofilen ausgebildet. Die Riegel sind als Hohlkastenprofile, die Pfosten als T-Profile und Doppel-T-Profile (Diagonalen) konstruiert. Die Abmessungen der Profile betragen ca. 80 x 200 mm. Die Befestigung der Fassadenkonstruktion erfolgte über Konsolen an den Fachwerkträgern – eine zwängungsfreie Lagerung der Fassade verhindert Lasteinwirkungen aus der Verformung des Tragwerks. Die Lagerung der ausfachenden Fassadenelemente erfolgte mittels Anpressprofilen.

Die etwa 5,70 (bis max. ca. 8,30) Meter hohen und 1,90 - 2,70 Meter breiten 3-fach-Wärmeschutzisolierverglasungen mit Sonnenschutzbeschichtung und zusätzlicher Bedruckung sind als absturzsichernde dreieckige Modellverglasungen ausgeführt. Der Anteil der opaken Fassade beträgt circa 70%, der Anteil der lichtdurchlässigen Fassadenelemente circa 30%. Die transluzenten oder opaken dreieckigen Elemente sind rauten- oder trapezförmig zusammengefasst.

Um eine blendfreie Ausleuchtung der Ausstellungsinhalte ohne Schlagschatten zu gewährleisten, lässt sich bei Bedarf ein Blendschutz einsetzen. Die Außenseite der Gläser hat eine Satinierung im Punktraster. Diese Oberflächenqualität wird mittels Ätzverfahren und Bedruckung erzielt. In dem zu Revisionszwecken zugänglichen Raum zwischen der äußeren und der inneren Fassadenebene kann optional eine steuerbare Blendschutz- bzw. Verdunkelungsanlage integriert werden. Hinter den opaken Fassadenfeldern ist Platz für Ausstellungsinhalte; außenseitig sind es 180 mm starke, mineralisch gedämmte Paneele mit einer Oberfläche aus satiniertem, rückseitig vollflächig bedrucktem Glas.

Fassade der „Raum-Spirale"

Die Fassade der das gesamte Gebäude als zentrale Verbindung durchziehenden Raum-Spirale ist als Pfosten-Riegel-Konstruktion mit transparenten und partiell bedruckten Gläsern ausgebildet. Sie ist bis zu 5,90 Meter hoch. Die Pfosten-Riegel-Konstruktion ist aus scharfkantigen verschweißten Stahl-T-Profilen zusammengesetzt. Die statisch erforderliche, T-förmige Pfostendimension beträgt 200 x 80 mm. Die Maximalabmessungen der absturzsichernden 3-fach-Wärmeschutzisolierverglasung mit Sonnenschutzbeschichtung betragen 2,90 x 3,80 - 5,40 Meter. Mit einer zusätzlichen Bedruckung als zweifarbiger, deckungsgleicher Siebdruck wird der sommerliche Wärmeschutz der Raum-Spirale optimiert.

Optimierung des architektonischen Entwurfs

Ursprünglich umfasste der architektonische Entwurf eine Fassadenkonstruktion mit über 200 unterschiedlichen Fassadenelementen. Durch die digitale Modularisierung im Rahmen eines BIM-Modells gelang es den Fachingenieuren, trotz der komplexen Architektur eine hohe Zahl sich wiederholender Fassadenelemente zu entwickeln, sodass schlussendlich nur noch 50 verschiedene übrig blieben.

Bautafel

Architektur: Sauerbruch Hutton, Berlin
Projektbeteiligte: Rupert App, Leutkirch (Fassade); Schlaich Bergermann Partner, Stuttgart (Tragwerksplanung) Spannverbund, Waldems (Stahlbau); Linzmeier Bauelemente, Riedlingen (opake und transparente Fassadenelemente)
Bauherr: Schwarz Real Estate vertreten durch Drees & Sommer, Stuttgart
Fertigstellung: 2019
Standort: Experimenta-Platz, 74072 Heilbronn
Bildnachweis: Jan Bitter, Berlin

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