Everyman Theatre in Liverpool

Kunstwerk und Schattenspender aus perforiertem Aluminium

Nicht elitäres Schauspielhaus, sondern ein Theater für alle soll es sein, das Everyman Theatre in Liverpool. Dieses Ansinnen ist auch an seiner Fassade ablesbar, die über 100 Abbildungen von Bewohnern Liverpools zeigt. Die Spielstätte wurde 1964 in den Räumen einer ehemaligen Kapelle aus dem 19. Jahrhundert in der belebten Hope Street gegründet. Zunächst informeller Treffpunkt von Künstlern, Dichtern und Musikern um Arthur Dooley, Roger McGough und Adrian Henri, machte sich das Theater bald einen Namen als Ort der Kreativität, Geselligkeit und Streitkultur – was bis heute so geblieben ist. Um die Jahrtausendwende gab es Bestrebungen, das Theater an anderer Stelle neu zu errichten, um den technischen Anforderungen moderner Inszenierungen gerecht zu werden. Im Rahmen eines europaweit ausgeschriebenen Wettbewerbs überzeugten die Architekten Haworth Tompkins jedoch mit ihrem Entwurf für einen Neubau am angestammten Platz in der Hope Street.

Die 105 Aluminiumpaneele an der Schaufassade zeigen je einen Bewohner der Stadt
Die Bilder auf den Alupaneelen entstanden nach Fotos des Künstlers Dan Keynon
Mittels Wasserstrahlverfahren wurden die Linien aus den 8 mm starken Blechen herausgeschnitten

Um das geforderte Raumprogramm auf der knappen Grundstücksfläche unterbringen zu können, wurde sie komplett überbaut. Die Grundrisse sind straff um den 400 Plätze fassenden großen Theatersaal mit Hebebühne und flexibler Bestuhlung organisiert. Das Theater verfügt außerdem über zwei Veranstaltungs- und Proberäume sowie Ausstellungs- und Gastronomieflächen in den Foyers, die entlang der Fassaden angeordnet sind. Zusätzlich gibt es Werkstätten, Büros und Nebenräume. Zur optimalen Ausnutzung des Gebäudevolumens sind die Räume je nach Nutzung und Funktion unterschiedlich hoch ausgebildet.

Bezüge zur Umgebung stellen vor allem die ortstypischen Backsteine an einem Teil der Fassaden sowie die vier gemauerten, an Industrieschornsteine erinnernden Laternen her, die zur Entlüftung des großen Saals dienen. Für dessen Wände wurden rund 25.000 zuvor sorgsam abgetragene, etwa 150 Jahre alte Ziegel der alten Spielstätte verbaut.

Die thermische Masse der Ziegel und der Betondecken wirkt sich positiv auf die Heizenergiebilanz aus. Energiesparend ist auch die natürliche Belüftung der innen liegenden Räume und des Theatersaals. Sie erfolgt über große Dachluken und eine Ansauganlage im Unterboden. Die Büros und Foyers sind mit manuell zu öffnenden Fenstern ausgestattet. Zusammen sorgen diese Maßnahmen für einen geringen Betriebsenergiebedarf, der bei der Einstufung des Bauwerks als BREEAM-zertifiziertes Gebäude (Rating: Excellent) half: Das vom britischen Forschungszentrum Building Research Establishment entwickelte Punktesystem zur Charakterisierung der Umweltbelastung durch Gebäude berücksichtigt neben dem Betriebsenergiebedarf auch den Aufwand für die Errichtung von Bauwerken. Bei dem Theater waren dies die effiziente Ausnutzung des Grundstücks und die Verwendung der recycelten Ziegel.

Sonnenschutz
Prägendes Gestaltungselement des Theaters ist der Sonnenschutz an seiner nach Westen ausgerichteten Schaufassade. Es handelt sich um 105 etwa 1,00 x 2,00 Meter große Paneele aus perforiertem, teils glattem, teils geätztem Aluminium. Befestigt sind sie an einer der Außenwand vorgesetzten Rahmenkonstruktion, die an einem Stahlträger hängt. Die einzelnen Elemente sind beidseitig um 22,5° um die vertikale Achse drehbar und lassen sich entlang einer halbrunden Metallschiene dem Sonnenstand anpassen.

Jedes Paneel zeigt das lebensgroße Abbild eines anderen Bewohners der Stadt – eine Art Schnappschuss quer durch die Liverpooler Gesellschaft. Als Vorlagen dienten Schwarz-Weiß-Bilder des Fotografen Dan Kenton, aufgenommen bei ganz unterschiedlichen öffentlichen Veranstaltungen. Um die Motive samt unterschiedlicher Grautöne auf die 8 mm starken Aluminiumplatten aufzubringen, waren mehrere Arbeitsschritte notwendig. Zunächst wurden die Fotos in vertikale Linien unterschiedlicher Breite aufgerastert, die durch Schleifen und Ätzen auf die Bleche übertragen wurden. Dann wurden einige Linien im Wasserstrahlverfahren ausgeschnitten. Schließlich wurden die Paneele ausgewaschen und eloxiert, wobei durch den chemischen Prozess an den unterschiedlich vorbehandelten Bereichen differenzierte Oberflächenstrukturen entstanden.

Im Zusammenwirken mit der Perforation erscheinen die Abbildungen bei Tageslicht in verschiedenen Grauwerten. Im Dunkeln sind dagegen nur die ausgeschnittenen Linien zu sehen; die Bilder gleichen Schattenrissen. Von innen und oben angestrahlt, erscheinen die Bürgerinnen und Bürger wiederum in anderem Licht.

Bautafel

Architekten: Haworth Tompkins, London
Projektbeteiligte: Haworth Tompkins / Citizens Design Bureau, London (Innenausbau); Gilbert-Ash, Belfast (Bauausführung); GVA Acuity, London (Projektsteuerung), Gardiner & Theobald, London (Kostenplanung); Charcoalblue, London (Beratung Theater); Alan Baxter & Associates, London (Statik); Watermans Building Services, London (Haustechnik); Gillieron Scott Acoustic Design, London (Akustik)
Künstler: Antoni Malinowski, London (Deckengemälde Foyer), Jake Tilson, London (Schriftzug), Dan Kenyon, Liverpool (Fassadenportraits)
Bauherr: Liverpool and Merseyside Theatres Trust, Liverpool
Fertigstellung:
2013
Standort: 3-11 Hope Street, Liverpool
Bildnachweis: Philip Vile und Hélène Binet für Haworth Tompkins

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