Erweiterungsbau des Museums Küppersmühle in Duisburg

Mittig gebrochene Ziegel kreieren einzigartige Struktur

„Als wäre er schon immer da gewesen“ – so beschreibt das Architekturbüro Herzog & de Meuron den nach seinen Plänen errichteten, neuen Erweiterungsbau des Museums Küppersmühle am Duisburger Innenhafen. Einst Umschlagplatz für Kohle, Holz und Getreide ist der Hafen heute ein Mischgebiet aus Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit. Verantwortlich für die Umnutzung war der von Norman Foster und Partner erstellte Masterplan im Rahmen der internationalen Bauausstellung Emscher Park 1994. Eine Bürgerinitiative hat sich zusätzlich für den Erhalt des ältesten Speichergebäudes, der Küppersmühle, stark gemacht. Heute beherbergt dieses denkmalgeschützte Gebäude hinter seiner historischen Backsteinfassade eine der umfangreichsten und renommiertesten Sammlungen deutscher Gegenwartskunst. Die Speicherflächen wurden 1999 ebenfalls nach Entwürfen von Herzog & de Meuron in Ausstellungsräume umgestaltet. Nun erhielt das Museum durch einen östlich an den Bestand angrenzenden, in rote Ziegel gehüllten Neubau weitere 2.500 Quadratmeter Fläche, verteilt auf vier oberirdische Stockwerke und ein Untergeschoss.

Zwei Gebäudeteile umfassen die neuen Ausstellungsflächen, während der dritte Teil der Erschließung dient und zudem Einrichtungen für den Kunsttransport beherbergt.
Durch den Anbau erhielt das Museum 2.500 weitere Quadratmeter Ausstellungsfläche.
Die Speicherflächen des historischen Bestands (links im Bild) waren 1999 ebenfalls nach Entwürfen von Herzog & de Meuron in Ausstellungsräume umgestaltet worden.

Am Bestand orientiert

Die ursprüngliche Idee, einen Leuchtkubus aus Stahl auf das Dach der Silos zu heben, musste 2008 verworfen werden. Danach orientierten sich die Verantwortlichen stärker am Bestand und an den Baudenkmälern des Innenhafens. In Materialwahl, Proportion und Fassadengliederung lehnt sich der neue Baukörper, der aus drei unterschiedlichen, in der Höhe leicht variierenden Volumina zusammengesetzt scheint, an den Bestand an. Die Ostseite verläuft parallel zur Autobahn 59 und trifft jeweils im spitzen Winkel auf die Nord- und Südfassade. Der Hauptbaukörper schließt mit einem trapezblechförmigen Dach ab, in das Oberlichter integriert wurden. Bei Betrachtung vom Hafen aus erinnert die ungewöhnliche Formgebung an eine Krone.

Die historischen Stahlsilos blieben Teil des Entwurfs – auch weil sie ein wichtiger Bestandteil der Küppersmühle als Industriedenkmal sind. In ihrer neuen Funktion als Erschließungselement verbinden sie die bestehenden mit den neuen Ausstellungsräumen über Brücken im ersten und zweiten Obergeschoss. Darüber hinaus wurden sechs Innensilos herausgenommen und die Decke über dem Erdgeschoss geöffnet. Die entstandene Ausstellungsfläche bietet den Besucherinnen und Besuchern ein einmaliges Raumerlebnis. Eine gewendelte Treppe aus rot gefärbtem Beton, die Teil des Entwurfs aus den 90er-Jahren ist, führt vom Haupttreppenhaus aus in die neuen Bereiche (Baunetz Wissen berichtete; siehe Bauerwerke zum Thema).


Kunstvoller Schriftzug zwischen gebrochenen Ziegeln

Die markante Gestaltung der weitgehend geschlossenen Mauerwerksfassaden wird nur an wenigen Stellen durch lange und schmale, vertikale Fensteröffnungen unterbrochen. Mithilfe von Besuchen im Werk sowie großformatigen Musterwänden fanden die Architekturschaffenden den passenden Klinker mit Fußsortierung, Kohlebrand und Salzglasur und konnten so das charakteristische Material des Bauwerks fortführen. Die Schwierigkeit bestand vor allem darin, dass das gewünschte Farbspiel auch im Klinkerinneren erreicht werden musste, da er gebrochen verarbeitet wurde. Ausgewählt wurde schließlich ein rot changierender Ziegel mit den Maßen 280 x 115 x 144 mm. Dieser wurde der Länge nach mittig gebrochen und mit der Bruchseite nach außen vermauert, was der Fassade eine unverwechselbare Struktur verleiht. Mauerwerkslisenen an Nord- und Südfassade gliedern die großen Fassadenflächen und betonen ebenso wie die Fenster die Vertikale.

Besonders kunstvoll wirkt der abgesetzte Schriftzug „Küppersmühle“ am geschrenkten Mauerwerk der Ostfassade. Knapp 1.000 Klinker mussten dazu in Millimeter genauer Planung handgeschliffen und vermauert werden. Für Bögen wie im Buchstaben R mussten zudem einzigartige Formsteine aus einem Stück produziert werden. Um die Buchstaben zusätzlich von der Fassade abzuheben, wurden sie nicht mit bruchrauher, sondern mit glatter Oberfläche verarbeitet. -sh

Bautafel

Architektur: Herzog & de Meuron Architekten, Basel
Projektbeteiligte: Drees & Sommer, Basel (Generalplaner); Drees & Sommer Advanced Building Technologies, Köln (Gebäudetechnik); Drees & Sommer Advanced Building Technologies, Stuttgart (Bauingenieur); Diete + Siepmann Ingenieur, Kaarst (Baustellenmanagement); Vogt Landschaftsarchitekten, Zürich (Landschaftsarchitekt); GIMA, Marklkofen (Ziegellieferant, Produkt: Klinker Breno FKS, 280/115/144 mm)
Bauherr/in: MKM-Stiftung, Darmstadt
Fertigstellung: 2021
Standort: Philosophenweg 55, 47051 Duisburg, Deutschland
Bildnachweis: Jörg Seiler, Köln

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