Erweiterung des Historischen Museums in Frankfurt am Main

Steil geneigte Schieferdächer zur Einbindung ins Stadtgefüge

Mit mehreren Spitzgiebeln und Mauern aus rötlichem Sandstein, deren Höhe der Umgebungsbebauung angepasst ist, erscheint die Erweiterung des Historischen Museums Frankfurt im Zentrum der Mainmetropole seltsam vertraut. Die Geradlinigkeit der Konturen jedoch, die Strenge in manch dekorativem Detail, ein sanfter Knick der Dachflächen sowie die durchweg saubere Kantenführung weisen auf einen zeitgenössischen Ursprung hin. Den dreigeteilten Anbau zwischen Alter Nikolaikirche und dem bis 2012 durch Diezinger & Kramer Architekten sanierten Museumsensemble aus fünf Baudenkmälern planten die Stuttgarter Architekten Lederer Ragnarsdóttir Oei. Sie fügten zwei viergeschossige Langbauten ein, die unterirdisch durch ein Foyer und oberirdisch durch einen erhöhten Platz verbunden sind. Dieser ist leicht trichterförmig ausgebildet und das Herz des 2017 vollendeten Neubaus. Richtung Osten erlauben die flankierenden Riegel Ausblick auf Frankfurts ältestes Bauwerk, den staufischen Saalhof. Im Westen ist der Platz durch Sitzstufen abgetreppt und öffnet sich zum Haus Wertheym, einem Fachwerkbau der Renaissance. Alt und neu fügen sich damit zu einer Einheit – der Bestand verkörpert immerhin 800 Jahre Baugeschichte – die im Stadtgrundriss fortgeführt wird.

Aus der Luft: Alt und neu fügen sich zu einer Einheit, die sich im Stadtgrundriss weiter fortsetzt
Ansicht des Ensembles von Norden mit dem breiten Ausstellungshaus im Vordergrund: Die Geradlinigkeit der Konturen, die Strenge in manch dekorativem Detail, ein sanfter Knick der Dachflächen und eine durchweg saubere Kantenführung weisen auf den zeitgenössischen Ursprung hin
Blick von Süden auf den Neubau für Wechsel- und Dauerausstellungen: Der Sockel aus Granit, die Fassade aus rötlichem Sandstein, die Dachdeckung aus Schiefer in Altdeutscher Deckung

Der schmalere der beiden Riegel dockt nördlich an ein am Mainufer gelegenes, abgewinkeltes Bestandsgebäude und schließt dessen Hof. Mit einem zentralen, breit verglasten Museumseingang wendet er sich dem neu geschaffenen Platz zu. Die oberen Etagen beherbergen Räume für die Verwaltung. Die Sandsteinfassade ist ornamentiert durch ein Rautenmuster mit großen Punkten oder kreisförmigen Öffnungen jeweils im Zentrum einer Raute. Im übrigen zeigt sie sich bis auf eine zentrale Fensterreihe hoch über dem Eingang, die hinter tiefen Laibungen zurücktritt, relativ geschlossen. Etwa doppelt so breit und deutlich länger ist das gegenüberliegende Ausstellungshaus, dessen Dach in zwei Spitzgiebel unterteilt und dadurch maßstäblich angepasst ist. Diese Zweiteilung ist auch im Grundriss und in der Fassade ablesbar: So sind die Treppen und Aufzüge als einzige Einbauten beidseitig der zentralen Längsachse angeordnet und die kurzen Gebäudeseiten haben eine verglaste, mit Erker ausgeführte Mittelzone.

Aus der Platzmitte stoßen zwei messingumhüllte, als entgegengesetzte Sheds ausgeformte Oberlichter hervor. Sie lassen an einen Brunnen denken und leiten Tageslicht in die unterirdische Verbindungsebene mit Garderobe und Café. Äußeren Zusammenhalt erhalten die Neubauten auch über eine gemeinsame Materialität mit Basalt für die Gebäudesockel und Pflasterung des Platzes.

Schiefer
Ähnlich wie die Basis der Museumserweiterung sind auch die Satteldächer grau: Sie haben eine steile Dachneigung und sind mit Schiefer in Altdeutscher Deckung gedeckt (s. Abb. 19 und 20). In der näheren Umgebung gibt es zahlreiche, zumeist historische Bauten mit ähnlichen Dachformen aus dem gleichen Material. In diesem Fall wurde Schiefer der Sortierung 1/8 - 1/16 verwendet; d.h. die Steine variieren in der Höhe zwischen 20 und 34, in der Breite zwischen 17 und 30 Zentimetern. Ihre Befestigung erfolgte mit mindestens drei Schiefernägeln pro Stein.

Dachaufbau von oben nach unten:

  • Schiefer
  • Unterspannbahn
  • Vollflächige Holzschalung 24 mm
  • Holz-Stegträger mit dazwischenliegender Mineralwolledämmung (240 mm)
  • Notabdichtung
  • Stahlbetondach
Entlang der Traufkanten werden Grabenrinnen gestützt durch Winkelkonsolen; offene Fallrohre aus Kupferblech sorgen für die Entwässerung.

Bautafel

Architekten: LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart
Projektbeteiligte: Wenzel + Wenzel, Frankfurt a. M. (Objektüberwachung); Hochbauamt Frankfurt a. M. (Projektsteuerung); Lenz Weber Ingenieure, Frankfurt a.M. (Tragwerksplanung); Werner Sobek Frankfurt (Prüfstatik); Bobran Ingenieure Akustik + Bauphysik, Stuttgart (Bauphysik); Lobensteiner Dachdecker, Bad Lobstein (Dachdeckung)
Bauherr:
Stadt Frankfurt am Main, Hochbauamt
Fertigstellung: 2017
Standort: Saalhof 1, 60311 Frankfurt am Main
Bildnachweis: Roland Halbe Fotografie, Stuttgart

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