EPFL Artlab in Lausanne

Drei Pavillons unter einem gefalteten Schieferdach

Auf einem riesigen Areal inmitten des Universitätscampus der École polytechnique fédérale de Lausanne, kurz EPFL, wurde das ArtLab nach Plänen von Kengo Kuma & Associates errichtet. Der außerordentlich lange und schmale Baukörper vereint drei verschiedene öffentlichkeitswirksame Nutzungen unter einem ausladenden, sanft geneigten und asymmetrisch geknickten Dach. Den Auftakt am südlichen, etwas breiteren Ende bildet das Montreux Jazz Café, wo sich ein Schieferdach schützend um die Glasfassade faltet. Der Arts & Science Pavilion nimmt den deutlich längeren Mittelteil ein. Unter einer enormen, dramatisch ausgeformten Auskragung weicht die Technology & Information Gallery im Norden zurück: Das Vordach hebt sich gen Osten, wo sich der gigantische Komplex des EPFL Rolex Learning Center befindet, neigt sich allmählich und knickt mit einer signifikanten Spitze ab, die auf die Esplanade Plaza als Herz des Campus ausgerichtet ist und an einer Stelle dreiecksförmig zu Boden geführt wird.

Der außerordentlich lange und schmale Baukörper vereint drei verschiedene öffentlichkeitswirksame Nutzungen unter einem sanft geneigten, asymmetrisch geknickten Dach (Nordostansicht)
Das ausladende Schieferdach dient als Witterungsschutz der Promenade zwischen Campus und Studentenwohnungen, seine Unterseite aus Holz ist im Gegensatz zur Fassadenbekleidung nicht vorbewittert und setzt einen warmen Kontrast
Die tragende Struktur besteht aus 57 Rahmen, deren Querschnitte dank einer variierenden Materialkomposition (Holzstützen mit beidseitigen Stahlblechen) gleichbleiben – trotz unterschiedlicher Spannweiten

Breite Passagen zwischen den drei Gebäudeteilen, die dem Technologiecampus eine soziale und kulturelle Dimension verleihen sollen, knüpfen an die bestehende Wegeführung an und schaffen neue Verbindungen. In die überwiegend eingeschossig konzipierten Baukörper, die den hohen Dachraum erlebbar machen, wurden teilweise Zwischenebenen für Technik- und Sanitärräume eingebaut. Das Montreux Jazz Café bietet über die Bewirtschaftung hinaus Raum zur Demonstration des Montreux Jazz Digital Project: Konzertaufnahmen von Festivals vergangener Jahrzehnte sind akustisch und visuell erlebbar, die Besucher können das digitalisierte Archiv an Terminals selbstständig durchforsten. Im mittleren, experimentellen Ausstellungsraum hängen Gemälde von Pierre Soulange, abstrakte Werke mit Strukturen in Schwarz, die je nach Licht und Perspektive des Betrachters sehr unterschiedlich wirken. Sie werden durch ein Forschungsprojekt der Hochschule in Szene gesetzt, um Licht, das auf die Farbe Schwarz trifft, für das menschliche Auge anders erlebbar zu machen. Durch Bewegung können die Besucher die Lichtführung beeinflussen. Der dritte Ausstellungsbereich an der nördlichen Gebäudespitze ist als Datasquare verschiedenen Projekten zum Thema „Big Data“ gewidmet. Hier wird die simulationsbasierte Forschung an komplexen Strukturen wie dem menschlichen Gehirn oder dynamischen Prozessen in der Stadt gezeigt. 

Tragende Struktur aus Holz und Stahl

Mit einer Breite von rund 5 Metern an seinem nördlichen und 16 Metern am südlichen Ende weist das Artlab gleichsam als Sichtachse vom Genfersee zur zentralen Esplanade Plaza auf dem Campus. Um die sich wandelnde Gebäudebreite ästhetisch und wirtschaftlich realisieren zu können, kombinierten die Planer bei der tragenden Struktur Holz und Stahl. Gefertigt wurden 57 Rahmen, deren Querschnitte dank der variierenden Materialkomposition (Holzstützen mit beidseitigen Stahlblechen) gleich groß bleiben, trotz unterschiedlicher Spannweiten. Dies ermöglichte eine modulare Vorfertigung der Gebäudehülle. Weil das ausladende Dach als Witterungsschutz der Nord-Süd-Promenade zwischen Campus und Studentenwohnungen dient, ist die Fassade Sonne, Wind und Niederschlägen unterschiedlich stark ausgesetzt. Als Bekleidung wurde daher eine vorbewitterte, bereits ergraute Lärchenholzschalung (aus regionaler Forstwirtschaft) verwendet, die ihr homogenes Erscheinungsbild über die Jahre bewahrt.

Dach aus Schiefer

Das 240 Meter lange Schieferdach vereint nicht nur die unterschiedlichen Gebäudeteile, es schützt die Fußgänger ebenso auf den neu geschaffenen, für den Campus wesentlichen Wegeverbindungen. Die Dachform mit den großflächigen Faltungen ist inspiriert von der japanischen Faltkunst Origami, die Dachdeckung mit Schiefer orientiert sich an Schweizer Gepflogenheiten für traditionelle Wohnhäuser. Die vorgegraute Schalung der Fassade und der dunkelgraue Naturstein harmonieren, fügen sich gut in die umgebende Bebauung und passen nicht zuletzt zum oft wolkenverhangenen Himmel von Lausanne.

Die Schiefersteine sind als Spitzwinkeldeckung verlegt und mit sichtbaren Haken befestigt (siehe Abb. 10). Die hinterlüftete Deckung macht aufgrund der teilweise geringen Dachneigung ein Unterdach erforderlich. Die Entwässerungsrinne liegt zurückversetzt, verborgen hinter einer breiten und spitz zulaufenden Traufkante, die mit verzinktem Stahlblech abgedeckt ist. us

Bautafel

Architekten: Kengo Kuma and Associates, Tokio mit CCHE Architecture et Design, Lausanne
Projektbeteiligte: Marti Construction, Lausanne (Generalunternehmer); L'Observatoire Internationale, New York (Lichtdesign); Ingphi, Lausanne (Statik); BG Ingenieurs Conseils, Lausanne (Gebäudetechnik); AAB, Carouge (Wärmeschutz und Akustik); JPF Ducret, Bulle (Holzbau)
Bauherr: École Polytechnique Fédérale de Lausanne
Standort: Route Cantonale, 1015 Lausanne, Schweiz
Fertigstellung: 2016
Bildnachweis: Joel Tettamanti, Lausanne; Michel Denancé, Paris; Valentin Jeck, Stäfa sowie Kengo Kuma and Associaties, Tokio

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