De Beauvoir Block in London

Aufstockung mit Modulen in Holzrahmenbauweise

Die Revitalisierung ehemaliger Industrie- und Gewerbeareale ist eine besondere Herausforderung für Architekten und Planer. Zum einen gilt es, die Geschichte und den Charakter der Vergangenheit zu bewahren, zum anderen, einen Rahmen für zeitgemäße, im Idealfall auch zukunftsträchtige Nutzungen zu schaffen. Mit der Umgestaltung eines Gebäudeensembles aus dem 19. Jahrhundert im Londoner Stadtteil Hackney gelang den Architekten Henley Halebrown eine Initialzündung für das gesamte Quartier.

Im Unterschied zur Nachbarschaft sind die zuletzt als Werkstätten genutzten Bauten in Anlehnung an holländische Giebelhäuser gestaltet
Der gemeinsame Innenhof soll die Nutzer und Anwohner zusammenführen
Lücken wurden geschlossen und Einbauten abgerissen, um einen klar definierten Blockrahmen mit hochwertigem Innenhof zu schaffen

Zum Komplex De Beauvoir Block gehören sechs Warenlager aus dem viktorianischen Zeitalter (1837-1901). Im Unterschied zu den Häusern in der Nachbarschaft, die nach damals üblichen Musterbüchern im italienischen Stil errichtet wurden, sind die zuletzt als Werkstätten genutzten Bauten in Anlehnung an holländische Giebelhäuser gestaltet. Investor und Bauherr Edward Benyon, zu dessen Familienbesitz ein deutlich umfassenderes Areal gehört, sah insbesondere Bedarf an kleinteiligen Arbeitsplätzen für lokale Unternehmen. Das Quartier De Beauvoir Square sollte neue Identität erhalten, durch ein kreatives Zentrum, das den Austausch zwischen Anwohnern und Unternehmern fördert.

Im Zuge der Sanierung und Erweiterung des zu einem Großteil denkmalgeschützten Bestands stellten die Architekten zunächst die über Jahrzehnte durch An- und Umbauten zergliederte Struktur des langen Gebäudeblocks wieder her: Lücken wurden geschlossen und Einbauten abgerissen, um einen klar definierten Blockrahmen mit hochwertigem Innenhof zu schaffen. Dieser soll nicht nur die verschiedenen Nutzer, sondern auch die Anwohner zusammenführen. Ergänzt durch ein Café, bietet er Raum für Gespräche und gemeinsame Veranstaltungen. Nach der behutsamen Sanierung und Restaurierung der historischen Ziegelfassaden stehen knapp 6.500 Quadratmeter Büro- und Arbeitsfläche zur Verfügung, die auf vier Etagen und Einheiten mit 25 bis 280 Quadratmetern verteilt sind.

Bauphysikalische Aspekte

Prägnant ist die Aufstockung des Bestands durch Module in vorgefertigter Holzrahmenbauweise, die Künstlern und Designern als Ateliers dienen. Hinter den historischen Fassaden treten sie zurück und lassen Raum für gemeinschaftliche Dachterrassen. Da sich die oberste Bestandsdecke bzw. das vorhandene Flachdach als nicht ausreichend tragfähig für eine Aufstockung erwies, wurden Stahlträger zur Lastabtragung auf die gemauerten Außenwände montiert. Außenwände und Dächer der Studios wurden als vorgefertigte Holzrahmenbauelemente auf den Dächern zusammengefügt. Im Kontrast zum historischen Ziegelmauerwerk entschieden sich die Architekten für eine vollständige Bekleidung mit mattschwarzen EPDM-Abdichtungsbahnen.

Ethylen-Propylen-Dien-(Monomer)-Kautschuk (EPDM) ist ein gummielastischer Werkstoff als Alternative zu Abdichtungen mit Bitumenbahnen. Er ist äußerst strapazierfähig, dehnbar und unempfindlich gegen Umwelteinflüsse wie beispielsweise UV-Strahlung. Da Holzkonstruktionen gegenüber eindringender Feuchtigkeit sehr empfindlich sind, wurden die Bahnen vollflächig auf die äußere Spannplattenverkleidung geklebt. Um Durchdringungen der Abdichtung zu umgehen, wurde auf eine mechanische Fixierung verzichtet. Als Wärmedämmung wurde die Holzrahmenkonstruktion mit PIR-Hartschaum ausgefüllt. Dessen Wärmeleitfähigkeit ist mit einem Lambda-Wert von 0,022 W/mK äußerst gering. Zur Herstellung einer luftdichten Ebene und als Dampfsperre wurde eine mechanisch befestigte, mehrlagige Bahn verwendet, die aus einer Aluminiumverbundfolie, Glasgewebe und Polymerbitumen zusammengesetzt ist. Die Dampfsperre hat einen sd-Wert > 1.500 m.

Im Gegensatz zur schwarzen Haut sind die aufgesetzten Boxen innen mit weiß geölten Sperrholzplatten verkleidet. Durch große Verglasungen entstehen helle, ruhige Räume. Neben gestalterischen waren baukonstruktive und bauphysikalische Gründe ausschlaggebend für den bei Wand- und Dachflächen gleichen Aufbau. Auf diese Weise ließen sich nicht nur Nahtstellen unterschiedlicher Materialien vermeiden, sondern auch unterschiedlicher bauphysikalischer Eigenschaften an Übergängen wie Ortgang und Traufe. Zudem konnten baukonstruktiv fehlerträchtige Anbindungen unterschiedlicher Konstruktionen umgangen werden.

Der Gebäudekomplex wurde im Jahr 2018 mit dem RIBA London Award ausgezeichnet.

Bautafel

Architekten: Henley Halebrown, London
Projektbeteiligte:
John Marshall (Projektleiter); Simon Henley, Gavin Hale-Brown, Ken Rorrison, Neil Rodgers (Mitarbeiter); Sullivan Brothers, London (Generalunternehmer); Castle-Davis, London (Projektsteuerung); AJ Energy, Colchester (Versorgungstechnik); MMP Design, Uxbridge (Tragwerksplanung); CMA Planning, (Planungsberatung)
Bauherr:
The Benyon Estate, London
Fertigstellung:
2018
Standort:
92-96 De Beauvoir Road, London N1 4EN, Großbritannien
Bildnachweis: Nick Kane, Kingston

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