Cinéma Gaumont Alésia in Paris

Medialer LED-Vorhang als Fassade

Das berühmte Stadtviertel Montparnasse, in dem sich durch alle Zeiten die Künstler der Ecole de Paris am wohlsten fühlten, ist nun um eine Attraktion reicher: Das alte Kino Alésia, das ursprünglich aus den 1920er-Jahren stammt und anfangs nur einen einzigen großen Saal mit 2.800 Sitzplätzen hatte, ist nun von der Architektin Manuelle Gautrand erneut modernisiert worden. Erstmalig geschah dies in den 1950er-Jahren und auch in den folgenden Dekaden kam es zu weiteren Umbauten. Im Inneren verfügt das Lichtspielhaus nunmehr über acht Säle mit noch 1.380 Sitzplätzen. Am augenfälligsten ist jedoch die neue Medienfassade, die wahrscheinlich die alte Zunft der Plakatmaler endgültig aussterben lassen wird. 

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Das Gebäude am Boulevard du Général Leclerc steht zwischen einem nur zweigeschossigen Nachbarn sowie einem typischen, siebengeschossigen Pariser Wohnhaus und wurde im Zuge des Umbaus auf gut 21 Meter erhöht. Vier hohe, durch Lufträume miteinander verbundene Foyergeschosse erschließen die sechs kleinen und zwei großen Säle. Die Untersichten der Ränge geben die Struktur des Foyers vor und werden dort in Treppen und gestuften Sitzbereichen fortgeführt. Im Erdgeschoss übernimmt der Empfangs-, Kassen- und Erschließungsbereich auch die Funktion einer Passage: Durch ihn gelangen die Besucher bis zur Rue d'Alésia, nach der das Kino benannt ist und wo es eine kurze zweite Fassade hat.

Hell, gut ausgeleuchtet und weitläufig ist das Foyer; schwarz, pragmatisch und vor allem mit der neuesten akustischen und visuellen Technik ausgestattet sind die Black Boxes der acht Kinos.

Fassade
Kinofassaden zeichnen sich in der Regel durch große geschlossene Wandflächen aus, auf denen das laufende Programm über (beleuchtete) Plakate vermittelt wird. Die Gebäudehülle des Gaumont Alésia hingegen ist als riesiger medialer Vorhang konzipiert, der ständig wechselnde, bewegte Bilder in den Straßenraum schickt.

Gegliedert wird die Straßenfront durch vierzehn vertikale, mehrfach geknickte Fassadenbänder, die sich weitgehend auf die vier dahinterliegenden Foyergeschosse beziehen. Die jeweils zwei äußeren bestehen aus Metall und schließen das Volumen zu den Nachbarn ab; sie kaschieren Fluchttreppen und Technikräume. Die mittigen Fassadenbänder setzen sich aus 1,70 Meter breiten und 4,70 Meter hohen, doppelten Glasplatten zusammen. Sie sind mit einer solaren Beschichtung sowie außen liegenden LEDs versehen und formen in ihrer Gesamtheit ein großes, animierbares Gitter

Die Glaselemente wurden auf Stahlprofilen befestigt, die zur Dachkante nach hinten abknicken und auch die Dachkonstruktion bilden. Vierendeelträger mit starren Verbindungen stabilisieren die frei stehend wirkende Fassade. Die LEDs werden durch U-förmige Stäbe gehalten, die auf einem vorgefertigten Rahmen aus Stahlprofilen montiert sind; jeder zweite dieser Rahmen lässt sich zur Glasreinigung hinter den benachbarten verschieben.

Über dem Erdgeschoss sind die wie erstarrte Kaskaden herabfallenden Bänder hochgezogen in die Horizontale und bilden ein etwa drei Meter weit auskragendes Vordach. Da auch diese Elemente mit LED-Modulen bedeckt sind, können die Filmsequenzen auch auf das Trottoir projiziert werden. Für die Besucher entsteht der Eindruck, durch die Leinwand hindurch ins Kino einzutreten. Sobald es draußen dunkel ist, werden die Fassadenbilder auch im Foyer sichtbar und verkürzen den zu früh gekommenen die Wartezeit.

Bautafel

Architektin: Manuelle Gautrand, Paris
Projektbeteiligte: On (Lichtdesign); T/E/S/S, Paris (Fassade); Khephren Ingénière, Arcueil (Tragwerk); Peutz, Düsseldorf (Akustik)
Bauherr: Gaumont-Pathé, Paris
Fertigstellung: 2016
Standort: 73 Boulevard du Général Leclerc, 75014 Paris
Bildnachweis: Luc Boegly und Guillaume Guerin, beide Paris

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Die Glasfassade der Hamburger Elbphilharmonie setzt sich aus 1.100 unterschiedlichen Elementen zusammen, Architekten: Herzog & de Meuron

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Fassadenarten

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Verwendung der Fassadenfläche als Werbeplattform

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Sonderform: Medienfassaden

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