Bürohochhaus in Teheran

Perforiertes Ziegelkleid

Der Freiheitsturm in Teheran ist das wohl bekannteste jüngere Wahrzeichen von Irans Hauptstadt. Fünf Autominuten östlich davon befindet sich der Campus der Technischen Universität. Beide wurden noch unter dem Schah errichtet und nach der Iranischen Revolution von 1979 umbenannt. Die heutige Sharif University of Technology war 1965 nach dem amerikanischen Vorbild des MIT Cambridge eröffnet worden und gehörte dann ab 2012 zu den vorübergehend von der EU sanktionierten iranischen Hochschulen. 2016, nach Aufhebung der Strafmaßnahmen, begann rund um die Universität die Entwicklung der Sharif Innovation Area – eines 250 Hektar großen, staatlich initiierten Technologieparks, der im Südwesten bis an den Freiheitsturm reicht. In diesem Quartier hat die Hooba Design Group um den Architekten Hooman Balazadeh ein Bürohochhaus errichtet. 

Die Backsteinfassade nimmt Bezug auf die benachbarten Universitätsbauten.
In den kompakten Kubus schneiden vertikale Volumina ein.
Teilweise sind sie bepflanzt.

Das Sharif Office Building, auch Bontech Tower genannt, ist ein kompakter Turmbau mit acht Ober-, drei Untergeschossen und 7200 Quadratmetern Bruttogeschossfläche. Der Hauptnutzer – Bontech – ist ein Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie an der Schnittstelle von Wissenschaft und Privatwirtschaft. Der an einem Quartierspark gelegene Bau entstand auf einem bereits bis zum Erdgeschoss bebauten Grundstück und berücksichtigte u.a. Vorgaben von TU-Professoren für gemeinschaftliche Arbeitsräume in Universitätsnähe. 

Zwei Aufzüge und zwei Treppenhäuser sind zu einem kompakten Erschließungskern an der Nordseite zusammengefasst. Im Erdgeschoss nehmen die Lobby und ein Vortragssaal mit Bühne und rund 60 Plätzen maßgebliche Flächenanteile ein. In den oberen Geschossen sind dies die Bürobereiche, ergänzt durch mehrere kleinere Besprechungsräume, die sich auf die Westseite und die Nordostecke des Baus konzentrieren. Die Organisation der Büroflächen im südlichen Gebäudebereich variiert von Räumen für zwei, sechs, acht, zehn und zwölf Personen. Bis hin zu Großraumbüros mit mehr als 30 oder auch 50 Arbeitsplätzen. Nebenräume wie Teeküchen, WC und Serverräume sind nahe des Erschließungskerns angeordnet.

Fassade: Perforierte Vorhangfassade aus drehbaren Backsteinmodulen

Der kubische Baukörper ist aufgelockert durch einige kleinere, vertikale Einschnitte, die mit Säulenkoniferen bepflanzt sind und zugleich Licht ins Gebäudeinnere mit den Bürobereichen bringen. Die Hülle ist aus wiederkehrenden Elementen zusammengesetzt, die eine Adaption des klassischen Mauerwerksziegels in drei unterschiedlichen Variationen darstellen. Um einen Bezug zu den 1960er-Jahre-Backsteinbauten der benachbarten Technischen Universität herzustellen, nahmen die Architekten die Abmessungen der dort vermauerten Steine von 10x20 Zentimeter als Ausgangspunkt. Allerdings negierten sie das kompakte Volumen und bildeten um dieses Format herum einen flachen, roten Backstein-Hohlquader mit 19,5 x 35 Zentimetern Außenabmessungen und einer zentralen Aussparung von eben jenen 10x20 Zentimetern. 

Nur die Flanken des Rechtecklochs wurden Türkisblau glasiert. Je achtzehn dieser Hohlquader – drei neben- und sechs übereinander – wurden hochkant in Stahlrahmen gehängt, welche die hochrechteckigen Module einer Backstein-Vorhangfassade bilden. Einige dieser, vor den Fensterflächen angeordneten Module sind drehbar gelagert, wodurch das Fassadenbild zusätzlich belebt wird. Als intelligente Sonnenschutz-Paneele konzipiert, passen sie sich automatisch an die Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf an und optimieren durch Schrägstellung den Verschattungsgrad.

Visuelles Paradox

Die Fassade bekommt durch die Hohlquader mit den farbig glasierten Aussparungen eine leichte, textile Anmutung, trotz des sonst optisch schweren Backsteinmaterials. Dieses visuelle Paradox verweist gestalterisch auf den Zweck des Gebäudes als Standort der Informationstechnologie mit ihren fließenden Grenzen zwischen physisch realer und virtueller Dimension. Während der überwiegende Anteil der Fassadenflächen aus den perforierten Modulen besteht, befinden sich an einigen Stellen, etwa im Brüstungsbereich der bepflanzten Einschnitte, auch Module mit geschlossenen Backsteinquadern. 

Diese weisen lediglich flache Profilierungen auf, bei denen jeweils die zentrale Rechteckfläche – ohne Glasurkante – nur leicht zurückspringt. Ergänzt wird das Fassadenbild durch einen dritten, ebenfalls geschlossenen Element-Typus mit tiefer Profilierung und glasierten Innenflanken. Wenn die Fassade bei Dunkelheit von innen hinterleuchtet ist, wird ihr leichter, gewebeartiger Charakter erst vollständig erlebbar. Dan wirkt der Bau extrovertiert, während er tagsüber aufgrund der homogenen Hülle eher introvertiert erscheint.

Bautafel

Architektur: Hooba Design Group, Teheran 
Projektbeteiligte: Hooman Balazadeh, Elham Seyfiazad, Saman Soleimaniha, Mona Razavi, Saeed Farshbaf, Davood Raeesi (Designteam Architektur), Dariush Ghorbani, Teheran (Detailplanung und Baustellenüberwachung), Mohsen Agahimand, Teheran (Bauleitung), Bahram Eksiri, Teheran (Mechanik), Majid Naghipour, Teheran (Statik), Amin Khaniki, Teheran (Elektroplanung), FAD Lighting, Teheran (Lichtplanung), Mehran Alinezhad, Teheran (Modellbau), Ehsan Lessani, Teheran (Grafik)
Bauherr/in: Danak Group, Teheran, Iran
Fertigstellung: 2020
Standort: Tehran Province, Tehran, Nahid St, P83X+686, Iran
Bildnachweis: Parham Taghioff, Teheran / Mohammad Hassan Ettefagh, Teheran / Hooba Design Group, Teheran

Fachwissen zum Thema

Die wichtigen Linien der Fassadengestaltung basieren unter anderem auf den Maßen des menschlicher Körper, statischen Erfordernissen und Baustandards.

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Grundlagen

Raster, Module und Maßordnung

Inkunabel der Architekturgeschichte: Das Bauhaus in Dessau mit Vorhangfassade, Architektur Walter Gropius, Baujahr 1926

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