Bürogebäude H7 in Münster

Sieben Geschosse Holzhybridbauweise

Eine Mischung aus moderner Architektur und umgebauten Speicherhäusern kennzeichnet den Stadthafen von Münster im Hansaviertel südöstlich des Zentrums. Neben Gastronomiebetrieben finden sich hier Werbeagenturen, Architekturbüros, Verlage und andere Unternehmen. Auf einem schmalen Grundstück am südlichen Ufer des Hafenbeckens realisierten Andreas Heupel Architekten ein in der Höhe gestaffeltes, siebengeschossiges Büro- und Verwaltungsgebäude. Der Holzhybridbau trägt den Namen H7. Als Hauptinvestor und Mieter war es einer regionalen Bio-Einzelhandelskette wichtig, mit dem Neubau ihrer Verwaltung die Qualitäten natürlicher Rohstoffe aufzuzeigen.

Glasfassaden an den Stirn­seiten gen Norden und Süden ermöglichen schöne Ausblicke; die Konstruktion bleibt hier ablesbar
An den Längsseiten kamen grün glasierte, keramische Fassadenplatten mit einem feinen Relief zum Einsatz (Südwestansicht)
Die Keramikmodule in drei unterschiedlichen Grüntonen schaffen ein lebendiges Fassadenbild (Westansicht)

Das 26 Meter hohe Gebäude wird im Westen von einem weiteren Büroneubau flankiert. Gemeinsam mit diesem bildet es einen Vorplatz aus. Der Eingang führt unmittelbar in ein zweigeschossiges Foyer mit dem anschließenden zentralen Erschließungskern. Auf sieben Geschossen stehen insgesamt 4.500 Quadratmeter zur Verfügung, untergliedert in zwölf Mieteinheiten. Im nördlichen Teil des Erdgeschosses sowie auf den Etagen zwei und drei befindet sich der Verwaltungssitz des Biomarktes, dessen Ebenen über eine interne Treppe verbunden sind. Im südlichen Teil des Erdgeschosses ist auch Platz für eine von allen Mietern nutzbare Seminarzone. Die Obergeschosse sind als Büroetagen ausgebildet, das Untergeschoss beherbergt eine Tiefgarage.

Die gestufte Kubatur erzeugt ein markantes Erscheinungsbild. Der Baukörper gliedert sich mit seinen verschieden hohen Dachterrassen in die heterogene Umgebung ein, notwendige Abstandsflächen werden eingehalten. Glasfassaden an den Stirn­seiten gen Norden und Süden ermöglichen schöne Ausblicke über das Wasser und das Hafengelände; die Konstruktion ist hier klar ablesbar. An den Längsseiten kamen grün glasierte, keramische Fassadenplatten mit einem fein strukturierten Relief zum Einsatz. Die 135 x 50 cm großen Keramikmodule in drei unterschiedlichen Grüntönen schaffen ein lebendiges Fassadenbild mit je nach Tageslicht und Witterung variierenden Lichtreflexionen.

Nachhaltig Bauen

Unter- und Erdgeschoss des Siebengeschossers in Holzhybridbauweise bestehen aus Stahlbeton, ebenso der Erschließungs- und Versorgungskern. In den einzelnen Etagen des Gebäudes wurden außerdem massive Stahlbetonstützen und -träger mit einer Spannweite von 8,10 Metern eingesetzt. Die Stahlbetonkonstruktion, die sich zentral im Gebäude über die gesamte Höhe erstreckt, wird durch Holzbetonverbunddecken auf sämtlichen Ebenen ergänzt. Unter die 5,89 x 2,68 m großen, 12 cm dicken Stahlbetonplatten, die in unmittelbarer Nähe zur Baustelle gegossen wurden, sind 5,85 m lange, weiß lasierte Fichtenholzbalken (24 x 26 cm) verschraubt. Die Holzbalken sorgen für die Abtragung der Zugkräfte, die Betonelemente nehmen die Druckkräfte auf.

Die Außenwände sind eine tragende Massivholzkonstruktion. Zwischen Außenwand und Mittelachse wurden die vorgefertigten Verbunddecken eingehängt. Spezielle Schrauben verbinden die BSH-Balken mit den Stahlbetondeckenplatten. Die Decke wurde mit einem Ringbalken aus Ortbeton bis an die Vorderkante der Holzaußenwände geführt, um die Geschosse im Sinne des Brandschutzes konsequent voneinander zu trennen. Sämtliche tragende Bauteile aus Holz wurden um 63 mm stärker ausgeführt als statisch notwendig, damit sie einer theoretischen Branddauer von 90 Minuten standhalten. Die großformatigen Wandelemente wurden weiß lasiert und mit bereits eingebauten Fenstern angeliefert. Auch die Verbunddecken wurden vorgefertigt (in einer nur 1 km entfernten Halle), um dann termingerecht zur Baustelle gebracht zu werden. So waren Bauzeit und Transportwege kurz, und der Energieaufwand samt dem damit verbundenen CO2-Ausstoß gering. Durch das Ersetzen bzw. Ergänzen von Beton und Stahl durch Holz werden allein bei der Produktion je Kubikmeter Holz die CO2-Emissionen um 1,1 Tonnen (t) gesenkt. Darüber hinaus speichert Holz weitere 0,9 t CO2 je Kubikmeter. So ließen sich durch den Einsatz des Holzes im Vergleich zu einem herkömmlichen Stahlbetonbau rund 262 t CO2 einsparen.

Die hochwertig abgedichtete Gebäudehülle ist mit dreifachverglasten Holz-Aluminium-Fenstern und einer bis zu 24 cm dicken Fassadendämmung aus Mineralwolle ausgestattet. Die keramischen Fassadenplatten sind aus Ton und Lehm gefertigt. Das vorgehängte hinterlüftete System ist sortenrein demontierbar und kann recycelt werden. Die Glasuren der Platten sind bleifrei.
Die Fernwärme des angrenzenden Kraftwerks wird als Heizenergie genutzt. Im gesamten Haus wird LED-Lichttechnik verwendet. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert einen Teil der benötigten elektrischen Energie.

Als höchster Holzhybridbau Nordrhein-Westfalens erhielt das Projekt eine Anerkennung beim Deutschen Holzbaupreis 2017, beim best architects18 award erhielt es eine von 12 Prämierungen in Gold.

Bautafel

Architekt: Andreas Heupel Architekten, Münster
Projektbeteiligte:
Arup Deutschland, Berlin, Düsseldorf (Tragwerksplanung und Bauphysik), Ingenieurbüro Nordhorn, Münster (Planung Haustechnik); nees Ingenieure, Münster (Brandschutzplanung); Moeding Keramikfassaden, Marklkofen (Keramikfassade)
Bauherr:
Desrad Immobilien, Münster
Fertigstellung:
2016
Standort:
 Am Mittelhafen 16, Münster
Bildnachweis: Christian Richters, Berlin

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