Bürogebäude Ferrum 1 in St. Petersburg

Gewebe gerostet

Fürstenpark, Maschinenfabrik, Business- und Wohnviertel – das ist in Kürze die wechselvolle, gut 250-jährige Geschichte des Poljustrowo-Areals in St. Petersburg. Am rechten Newa-Ufer, sechs Kilometer nordöstlich der Eremitage, hat sich das Palais von Zarin Katharinas wichtigstem Sekretär Alexander Besborodko aus den 1780er-Jahren erhalten. Der Park des Anwesens, im Sumpf (lat. palustris) der Newa als Englischer Garten angelegt, fiel dagegen der Industrialisierung zum Opfer. Ab 1911, zwischen den beiden Revolutionen, entstand hier die Maschinenfabrik „Rossija“, die nach dem Ende des Kommunismus geschlossen wurde.

Der Neubau befindet sich auf dem Areal eines früheren Fürstenparks, der ab 1911 Fabrikgelände war.
Laut den Architekten ist es eines der ersten Gebäude in Russland mit plastischer Cortenstahl-Fassade.
Am Dachrand ist der Cortenstahl mit gold eloxiertem Aluminium kombiniert worden.

Konvertierung eines Industrieareals

Seit zehn Jahren läuft die Konversion des Areals, auf dem sich Produktionsstätten, Lager-, Verwaltungsgebäude und zum Teil nie fertiggestellte Bauten befanden. Tchoban Voss Architekten haben hier zuletzt die Fassade und das Foyer des neuen Büroriegels Ferrum 1 gestaltet, dessen Name auf die industrielle Vorgeschichte anspielt. Vom Büro stammt auch der Masterplan, der auf die Kuppel der Smolny-Kathedrale am gegenüberliegenden Newa-Ufer ausgerichtet ist. Zudem haben Tchoban Voss hier bereits mehrere Industrierohbauten zu Geschäftshäusern ausgebaut und nördlich davon fünf gebogene Wohnhochhausscheiben errichtet.

Der Büroneubau mit sieben Vollgeschossen zuzüglich Staffelgeschoss ist nahezu spiegelsymmetrisch auf der Grundrissform eines Trapezes organisiert, das jedoch als Rechteck wahrgenommen wird. Das zentral angeordnete Foyer mit dem Haupteingang an der Nord- und vier Aufzügen hinter Strukturverglasung an der Südseite ist leicht aus der Mitte gerückt. Hier, im Eingangsbereich, sind goldglänzende Aufzugsportale mit grauen Metalloberflächen und Wandverkleidungen aus bedrucktem Glas kombiniert. Die als Einbünder organisierten Bürogeschosse sind weitgehend flexibel teilbar. Auf der gegenüberliegenden Parzelle entsteht ein zweiter Büroneubau Ferrum 2 mit identischer Fassade und einem begrünten Innenhof.

Fassade: plastisch ausgeformter Cortenstahl
Der Name „Ferrum 1“ hat sich buchstäblich in der Wahl des Fassadenmaterials niedergeschlagen beziehungsweise ist daraus entwachsen: Laut Tchoban Voss handelt es sich um eines der ersten Gebäude in Russland mit plastisch ausgeformter Cortenstahl-Fassade. Zugleich lässt sich die Materialität aber auch als Hinweis auf die industrielle Vorgeschichte des Ortes lesen. Die Fassade ist auf einem regelmäßigen, stehenden Rechteckraster aufgebaut, das Assoziationen an ein braunes Korbgeflecht weckt oder an ein Gewebe aus Kett- und Schussfäden – die aber eher an breite Bänder oder Gurte als an Fäden erinnern. Dieser Eindruck entsteht aus dem Wechsel von flachen und – im rechten Winkel dazu – mit leichtem Schwung darübergelegten Modulen. Die Verglasungsebene befindet sich hinter diesem wellenförmigen Cortenstahl-Geflecht, das sich auch um die Gebäudeecken herumzieht.

Die 1,20 Meter breiten Cortenstahl-Kassetten sind vor ein Raster aus armiertem Beton gehängt und kaschieren gleichzeitig die 150 Millimeter starke Mineralwoll-Wärmedämmschicht wie auch die thermische Entkoppelung der rund 1,50 Meter breiten Fenster mit schlanken, in Goldbronze eloxierten Aluminium-Randprofilen und je einem Querriegel im oberen Bereich. Den Dachabschluss bilden ebenfalls goldbronzene Paneele, die in einer Ebene mit den vertikalen Cortenstahl-Bändern liegen. Auch im Erdgeschoss mit bodentiefen Verglasungen sind die vertikalen Cortenstahl-Bänder und die Deckenkante glatt ausgebildet. Die plastische Gewebestruktur erstreckt sich somit vollständig über das zweite bis ins fünfte Obergeschoss und läuft im ersten und sechsten Obergeschoss aus.

Bautafel

Architekten: Tchoban Voss Architekten, Hamburg/Berlin/Dresden
Projektbeteiligte: Sergei Tchoban, Valeria Kashirina, Severin Burr, René Hoch, Natalia von Krüchten, Puk Paludan, Evgenia Sulaberidze (Projektteam Architekten), Teorema Business Park Polustrovo, Sankt Petersburg (Generalunternehmer Projektsteuerung und Landschaftsplanung), Nord Fassade, Sankt Petersburg (Statik)
Bauherr/in: Teorema Business Park Polustrovo, Sankt Petersburg
Fertigstellung: 2021
Standort: Swerdlowskaja Naberezhnaja, 44 B, Block 16, 195027 Sankt Petersburg, Russland
Bildnachweis: Ilya Ivanov, Moskau

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Materialien

Metalle

Eine der frühesten Vorhangfassaden aus Stahl und Glas ist die Fassade der Fagus-Werke in Alfeld von Walter Gropius. Die Aufnahme von 1913 zeigt das Gebäude kurz nach Fertigstellung der zweiten Bauphase noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs.

Eine der frühesten Vorhangfassaden aus Stahl und Glas ist die Fassade der Fagus-Werke in Alfeld von Walter Gropius. Die Aufnahme von 1913 zeigt das Gebäude kurz nach Fertigstellung der zweiten Bauphase noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs.

Materialien

Stahl, Edelstahl, Cortenstahl

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