Bürogebäude Energybase in Wien/A

Strom, Wärme und Kühlung mit Solarenergie

Sunny Research ist ein Forschungsprojekt, das der Wiener Wirtschaftsförderungsfond (WWFF) gemeinsam mit dem Büro Pos Architekten ins Leben gerufen hat. Ziel war, ein möglichst nachhaltiges Architekturkonzept für ein Büro- und Verwaltungsgebäude zu entwerfen. Bei dieser Studie ist analog zu Louis Sullivans „form follows funktion“ der Leitsatz „form follows energy“ entstanden, bei dem der Grundriss und die äußere Form der Sonne folgen, die so genannte „Energybase“. Der Ansatz umfasste drei zentrale Punkte: maximale Energie- und Ökoeffizienz, maximale Nutzung erneuerbarer Energien und optimaler Nutzerkomfort. Nach 15 Monaten Bauzeit ist ein Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien mit einer Gesamtfläche von 7500 m², verteilt auf fünf Geschosse, entstanden. Es kann bis zu 20 Unternehmen oder Forschungs- und Bildungseinrichtungen aufnehmen.

Bürogebäude Energybase in Wien/A
Bürogebäude Energybase in Wien/A
Bürogebäude Energybase in Wien/A

Für das gesamte Gebäude wurden Materialien ausgewählt, die im Falle eines Rückbaus mit geringem Aufwand nach Stoffgruppen getrennt zu entsorgen wären. Diese sind zusätzlich baubiologisch und -chemisch geprüft um eine hohe Innenraumluftqualität zu gewährleisten. Die Außenwand besteht aus einer Holzleichtbaukonstruktion mit Eternitverkleidung. Sie weist bei einem sehr gutem Dämmstandard nur eine Dicke von 31 cm auf, wodurch wertvolle Nutzfläche gewonnen werden konnte. Zudem ist der Primärenergiefaktor wesentlich geringer als z. B. bei einer klassischen Stahlbetonwand mit Vollwärmeschutz aus Styropor.

Im Süden befinden sich große Gruppenbüros mit einer vertikal gezackten Glasfassade, die das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes prägt. Hinter dieser Fassade kann die Wärme zirkulieren und das Licht tief in den Raum eindringen. Im Norden bilden kleine Einheiten kompakte Zellenbüros, die mithilfe der kühleren Fassadenseite über eine individuelle thermische Steuerung verfügen. Im der Mittelzone befinden sich Teeküchen, Sanitärräume und anderen Nebenräume. Um unnötige künstliche Beleuchtung zu vermeiden, wurden diese Bereiche mit Oberlichtern oder Ganzglastrennwänden versehen. Durch diese Maßnahme reduziert sich die benötigte Beleuchtungsenergie um 65 Prozent.

Solares Bauen
Die gezackte Fassade im Süden hat zwei wichtige Aufgaben: Zum einen fällt zur passiven Solarenergienutzung die Wintersonne ungehindert in den Raum, zum anderen sind auf der Oberseite der Faltung gebäudeintegrierte Photovoltaikmodule angebracht. Über drei Geschosse auf insgesamt 400 m² angebracht, bieten sie eine Gesamtleistung von ca. 46 kWp. Damit wird jährlich etwa 37.000 kWh Strom erzeugt, etwa 20 Prozent des Endenergiebedarfs. Zudem dienen die Module als Verschattungselemente. Die nach außen geneigten Fensterflächen reflektieren auch flach einfallende Solarstrahlen und ermöglichen so ganzjährig ein komfortables Arbeiten an der Fassade.

Neben den Photovoltaikmodulen ist auf den gefalteten Flächen auch eine 300 m² große Solaranlage aus thermischen Flachkollektoren installiert. Im Sommer dient diese zur Kälteerzeugung und im Winter unterstützen die Kollektoren die Heizungsanlage. Als weiterer Wärmeerzeuger kommt eine Wärmepumpe zur Nutzung von Grundwasser zum Einsatz. Sowohl die Wärme als auch die Kälte wird über die Betondecken mittels Bauteilaktivierung an die Räume übertragen.

Eine Neuheit ist die Technik der hier verwendeten Luftbefeuchtungsanlage. Entlang der Südfassade befinden sich in regelmäßigen Abständen spezielle Wintergärten. In diesen Glasboxen stehen insgesamt rund 500 Zyperngraspflanzen, die für ein behagliches Raumklima sorgen. Über nicht sichtbare, stockwerksübergreifende Lüftungsschächte wird mithilfe von Lüftungsklappen geregelt, in welchen Raum die so befeuchtete Luft strömt. Durch dieses System konnte eine Luftbefeuchtungsanlage entfallen. Darüber hinaus wird ein gesünderes Arbeitsumfeld ermöglicht, was sich positiv auf die Kreativität und das Leistungsvermögen der Nutzer auswirken soll. Durch die Maßnahmen hat das Gebäude eine Energieeinsparung bei Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung von etwa 80 Prozent gegenüber einem vergleichbaren Projekt.

Das Gebäude wurde mit dem GreenBuilding certificate, dem Solid-Baupreis 2008 und dem Österreichischen Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologie ausgezeichnet.

Bautafel

Architekt: Pos Architekten, Wien /A
Projektbeteiligte: RWT + ZT, Wien /A (Statik); KWI Consultants & Engineers, Wien/A (HKLSE); IBO-Ö., Wien/A (Bauphysik); Manfred R. Radtke, Veitshöchheim (Grünplanung)
Bauherr: Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF)
Fertigstellung: 2008
Standort: Giefinggasse 6, Wien/A
Bildnachweis: Hertha Hurnhaus, Wien/A (1, 2 und 4); WWFF, Wien/A (3); Pos Architekten, Wien/A (5);  Hei consult, Wien/A (6);

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