Bürogebäude Cube in Berlin

Künstliche Intelligenz in gläsernem Solitär

Beiderseits des Berliner Hauptbahnhofs entsteht die Europacity – dabei ist das Teilgebiet zwischen Bahntrasse und Spree schon nahezu vollständig bebaut. Maßgeblich für die Gestaltung dieses südlichen Areals war der Masterplan von 1994 des Kölner Architekten Oswald Mathias Ungers. Dieser wollte seinen Entwurf als Bekenntnis zur traditionellen europäischen Stadt und kontra einer Auflösung des Urbanen in eine Zukunft „mit super bits and bytes, Datenhighway, Internet und CD-Rom" verstanden wissen. Fast ironisch mutet es da an, dass das jüngst nach Plänen des Büros 3XN fertiggestellte Bürogebäude Cube Berlin, das als exponierter Solitär den Washingtonplatz überragt, als Herold eines zukünftigen Bauens begrüßt wird: Dabei spielt der Einsatz von künstlicher Intelligenz in einem weitreichend vernetzten Gebäude neben der architektonischen Komponente eine mindestens gleichberechtigte Rolle.

Dessen gläserne Fassade scheint längs der Knicke aufzubrechen - an diesen Stellen wird die äußere Hülle zur Balkonbrüstung.
Zusätzlich zu den Balkonen bietet der Neubau den Mietern eine Dachterrasse.
Die Geschossgrundrisse muten hingegen eher konventionell an.

Gläserner Stadtbaustein

Wer die Haupstadt erreicht und das Bahnhofsgebäude in Richtung Regierungsviertel verlässt, sieht vor sich den kubischen Bürobau aufragen – der, dem Blockraster entbunden, diagonal auf dem Vorplatz platziert ist – und findet sich in der vielfach genkickten Glasfassade gespiegelt. Gesteigert wird die spektakuläre Erscheinung durch den Eindruck, dass die äußere Hülle des Neubaus an einzelnen Falzen aufzubrechen scheint. Hinter diesen Einschnitten aber liegen Balkone, die den Angestellten auf jedem der zehn Bürogeschosse die Möglichkeit bieten, ins Freie zu treten. Während sich der Würfel mit 17.000 m² Nutzfläche von anderen Gewerbebauten zudem durch ein Mezzanin unterscheidet, das sich zum Erdgeschoss samt Café öffnet, sind die Grundrisse der Büroetagen konventionell gehalten: Die Arbeitsplatzebenen umschließen einen zentralen Kern, der Fahrstühle, Treppen und Sanitärräume birgt.

Umfassende Vernetzung

Für das Auge unsichtbar aber bleibt die lernfähige Steuerzentrale, die den Neubau zum smart commercial building macht, indem es die technischen Anlagen mit den Betriebs- wie den Nutzerdaten verknüpft. Unter dem Schlagwort „Tracking Everything" versorgen über 3.700 Sensoren das zentrale Elektronenhirm, eine KI-Systemplattform, mit Informationen. So können die Heizungs-, Kühlungs- und Lüftungsleistung anhand der gemessenen Personenzahl reguliert und können die Reinigungsintervalle an die Nutzungsintensität angepasst werden. Auch aus Daten einer hauseigenen App wird das Gehirn mit Informationen zum Nutzerverhalten gespeist. Die App dient als Schlüssel sowie als Bedienelement für Licht und Klimaanlage; sie gibt Hinweise zum Gebrauch der technischen Geräte ebenso wie Auskunft über den Aufenthaltsort anderer Nutzer. Auch werden freie Arbeitsplätze angezeigt, die ohne lange Voranmeldung gebucht werden können. Nicht nur die Hot-Desk-Büroraumverwaltung ist mit der App möglich, sondern auch das Bedienen der Paketstationen.

Eine Zukunft, die sich bewährt hat

Diese Anpassung an das Nutzerverhalten ermöglicht ein Mehr an Komfort bei verringertem Ressourcenaufwand und verspricht damit höhere Erträge bei niedrigeren Kosten. Der Datenschutz, so wird von den Projektbeteiligten immer wieder betont, sei dabei gewährleistet und im Pannenfall auch der manuelle Betrieb möglich. Ging der Inbetriebnahme des Cube noch ausführliche Tests voraus, die in Kooperation mit der RWTH Aachen durchgeführt wurden, soll die smarte Technologie zukünftig nicht nur in Neubauten zur Selbstverständlichkeit werden – auch wird über die digitale Nachrüstung von Bestandsgebäuden nachgedacht. -ar

Bautafel

Architektur: 3XN, Kopenhagen/Stockholm/New York/Sydney
Projektbeteiligte: Maedebach & Redeleit Architekten, Berlin (Planung der Untergeschosse); Remmel + Sattler Ingenieurgesellschaft, Frankfurt/Berlin (Tragwerksplanung); DS-Plan, Stuttgart; TAW Weisse, Hamburg (Fassadenplanung); CA Immo, Wien u. a.; Thing Technologies, Bad Homburg; Drees & Sommer, Stuttgart u. a. (Smart Building und Software App); hhpberlin, Berlin (Brandschutzplanung); DS-Plan, Berlin/Frankfurt (Gebäudetechnik)
Bauherrschaft:
CA Immo
Fertigstellung: 2020
Standort: Washingtonplatz 3, 10557 Berlin
Bildnachweis: CA IMMO, Wien u.a.; Andreas Muhs, Berlin; Adam Mørk, Kopenhagen

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