Büro- und Wohnhaus in Bischofsheim

Holz für Konstruktion, Dämmung, Fassade und Innenausbau

Südlich der Mündung des Mains in den Rhein befindet sich im sogenannten Mainspitzdreieck die Gemeinde Bischofsheim. Auf einem relativ kleinen Grundstück inmitten des verdichteten Ortszentrums planten MIND Architects Collective einen zwei- bis dreigeschossigen Holzmassivbau mit Flachdach. Die Architekten sind zugleich Bauherren und schufen ein Gebäude mit einer offen und flexibel gestaltenen Bürostruktur, in dem sie selbst arbeiten, das jedoch zu einem späteren Zeitpunkt ebenso gut als Einfamilienhaus genutzt werden kann.

Das Holzhaus wirkt als Blickfang im verdichteten Ortszentrum von Bischofsheim
Das Büro- und Wohnhaus bildet drei unterschiedliche Höfe aus, z.B. hier einen geschützten Gartenhof im Nordwesten
Attika und Fensterbleche liegen verborgen hinter der Holzfassade

Bauordnungsrechtlich vorgegeben war eine Grenzbebauung an das nordwestliche Nachbargebäude, zudem sollte die Flucht der angrenzenden Häuser auf der Straßenseite aufgegriffen werden. Die Planer entwickelten einen abgewinkelten, dreiarmigen Baukörper, dessen einer, dreigeschossiger Seitenteil mit einer Brandwand in Brettsperrholz an das Nachbarhaus anschließt. Der andere Seitenteil wendet sich mit zwei Geschossen zur Straße und nimmt dort die Häuserflucht auf. Beide treffen in einem dreigeschossigen Strang aufeinander. So entstehen drei verschiedene Höfe, dem größten, im Süden gelegenen wendet das Gebäude seine Schauseite zu, mit großen, im Erdgeschoss durchgehenden und raumhohen Verglasungen. Der kleine Straßenhof ist dem Eingang vorgelagert, rückwärtig befindet sich ein geschützter Gartenhof.  

Der Eingang befindet sich im nördlichen, ans Nachbarhaus anschließenden Gebäudeteil: es ist ein helles Foyer mit einem über alle Etagen offen konstruierten Treppenaufgang. Gitter bilden die Zwischenpodeste der mehrfach abgewinkelten und gänzlich weiß lackierten Stahltreppe, die Geländer sind mit Stahlnetzen bespannt, Treppenwangen und Stufen aus relativ dünnen Blechen gefertigt. An der Brandwand zum Nachbarhaus ist eine Bibliothek angeordnet, die sich über mehrere Etagen erstreckt. Ein Dachfenster führt Tageslicht in die Erschließungszone, die zum Gartenhof verglast ist. Im Erdgeschoss liegen straßenseitig ein Technikraum und ein WC. In südwestliche Richtung folgen eine Teeküche, das Sekretariat sowie ein Besprechungsraum, jeweils beidseitig durch große Fensterflächen gut belichtet. Im Obergeschoss befinden sich vier Arbeitsplätze. Die Etage ist offen gestaltet, gegliedert nur durch einen WC-Kern und hölzerne Sichtschutzwände. Im Dachgeschoss befinden sich zwei Arbeitsplätze und ein weiterer Besprechungsbereich. Auf dem zweigeschossigen Vorbau an der Nordostseite schließt eine Dachterrasse an.

Nachhaltig Bauen
Insbesondere durch die Verwendung von Holz für Konstruktion, Dämmung, Fassade und Innenausbau kommt eine nachhaltige Bauweise zum Tragen. Eine lichtdurchflutete, offene Raumstruktur mit wechselnden Blickbeziehungen und eine reduzierte Gestaltung zeichnen den Flachbau aus.

Der Holzmassivbau wurde auf einer Bodenplatte aus Stahlbeton errichtet. Für die hinterlüftete Fassade kamen 30 cm breite, horizontal angeordnete und unbehandelte Douglasienholzbohlen auf einem Wandaufbau aus tragendem Brettsperrholz und einer Holzweichfaserdämmung zum Einsatz. Mit einer Wärmeleitfähigkeit von rund 0.038 W/(mK) bieten Holzweichfaserplatten eine gute Wärmedämmleistung; sie besitzen außerdem gute Schalldämmeigenschaften. Attika und Fensterbleche liegen verborgen hinter der Holzfassade, sodass keine umlaufenden Fensterrahmen sichtbar sind. Die Massivholzwände wurden im Werk vorgefertigt, ohne Dämmung und Fenster. Es handelt sich um Douglasienholz aus der Pfalz, sodass die Transportwege kurz und der Energieaufwand samt dem damit verbundenen CO2-Ausstoß gering waren.

Die Wand- und Deckenbekleidungen im Innenraum sowie die Einbaumöbel sind gefertigt aus unbehandelten Birken-Multiplexplatten. Das Holz wirkt temperatur- und feuchteausgleichend, ist also günstig für das Raumklima. Der Boden im Erdgeschoss ist geschliffener Sichtestrich, in den oberen Geschossen sind die Böden mit großformatigen Grobspanplatten ausgestattet.

Das Dach ist ebenfalls mit Holzweichfaserdämmung gedämmt und begrünt. Sämtliche Fenster sind mit Dreifach-Isolierglas versehen. Die kompakte Bauweise und die Aufteilung der Räume stellen eine effiziente Flächennutzung dar. Hüllfläche und Volumen stehen in einem ausgewogenen, energetisch wirkungsvollen Verhältnis (siehe A/V-Verhältnis). Große Fensterflächen gen Süden und Westen ermöglichen passive solare Gewinne. Als Energiequelle zur Wärmeerzeugung dient eine Wärmepumpe mit Spiralkollektoren: Die mit den spiralförmigen Erdwärmekollektoren gewonnene Sonnenenergie wird mithilfe der Wärmepumpe in Heizenergie umgewandelt. Das Haus ist mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Das offene Treppenhaus mit Dachflächenfenster und Lüftungsklappen ermöglicht eine stete natürliche Belüftung.

Bautafel

Architekt: MIND Architects Collective, Bischofsheim
Projektbeteiligte:
ABA Holz van Kempen, Adelsried (Statik, Elementplanung und Lieferung des Brettsperrholzes); BTS Estrichtechnik, Heidenrod (Sichtestrich); mfg – Manufaktur für Gestaltgebung, München (Wandbeschichtung Birke Multiplex)
Bauherr: privat
Fertigstellung:
2016
Standort:
 Schulstraße 21 A, 65474 Bischofsheim
Bildnachweis: Nick Frank, München

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