Brick Curtain House in Surat

Geschwungene Vorhangfassade als klimatischer Puffer

Für einen privaten Bauherrn, der eine Figur des öffentlichen Lebens in Indien ist, realisierte das Architekturbüro Design Group Work in Surat das Brick Curtain House. Bei diesem Wohnhaus fungiert eine gemauerte, geschwungene Vorhangfassade als klimatischer Puffer für die dahinterliegenden Räume. Surat liegt am Golf von Khambhat an der Westküste des indischen Subkontinents. In der schnell wachsenden, viereinhalb Millionen Einwohner fassenden Metropole herrscht tropisches Klima mit einer durchschnittlichen Temperatur von 27 Grad Celsius und hoher Luftfeuchte. Für den Entwurf waren vor allem zwei Parameter entscheidend: Die Architektur sollte an die klimatischen Bedingungen angepasst sein und ein angenehmes Raumklima fördern. Wichtig war außerdem eine sinnvolle Zonierung halböffentlicher und privater Räume, da der Bauherr häufig Besuch empfängt.

Die Westfassade dient als klimatischer Puffer für die dahinterliegenden Räume
Surat liegt am Golf von Khambhat an der Westküste des indischen Subkontinents; hier herrscht tropisches Klima mit einer durchschnittlichen Temperatur von 27 Grad Celsius und hoher Luftfeuchte
Eingang und Stellplätze sind unterhalb der Auskragung vor direkter Sonneneinstrahlung und Regen geschützt

Das Baugrundstück des Hauses der fünfköpfigen Familie liegt im Stadtviertel Mota Varachha und wird im Süden und Westen von einer Straße begrenzt. Erschlossen wird der viergeschossige, nicht unterkellerte Neubau von Westen. Die markante Eingangsfassade mit dem roten Mauerwerksrelief, das die auskragenden, mittleren Wohnebenen verhüllt, prägt sein Erscheinungsbild. Der Eingang und die Stellplätze sind unterhalb der Auskragung vor direkter Sonneneinstrahlung und Regen geschützt.

Die Familie bewohnt vornehmlich die oberen drei Etagen. Im Parterre befinden sich ein Medienraum mit Zugang zum Garten, eine separate Toilette, Hauswirtschaftsräume sowie ein Zimmer für die Hausangestellte mit eigenem Bad. An der Nordwestecke führt eine zweiläufige Außentreppe zum Haupteingang im Obergeschoss. Der Grundriss ist dreigeteilt: Eine mittlere funktionelle Zone, die auch der Erschließung dient, trennt einen vorderen, halböffentlichen Bereich von den privaten Räumen gen Osten. Auf der Beletage und Eingangsebene ist Platz für den repräsentativen, zweigeschossigen Wohnraum, in dem der Bauherr Gäste, Geschäftspartner und Nachbarn empfängt. Mit einer lichten Raumhöhe von 5,4 Metern liegt er direkt hinter der gemauerten Vorhangfassade, die hier ablesbar bleibt. Südlich schließt eine Loggia an. Große Fenster gen Norden ermöglichen Querlüftung. Die private, hintere Zone umfasst eine offene Küche mit Speisekammer, das Esszimmer sowie ein Schlafzimmer mit Bad. Im zweiten Obergeschoss befinden sich drei weitere Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad. Der zentrale Flur ist hier als Galerie mit Blick in den Wohnraum ausgebildet. Am Ende liegt ein nach oben offener Gebets- und Andachtsraum („Pooja“, s. Abb. 29), der vom Flur der obersten Etage aus einsehbar ist. Es ist ein Staffelgeschoss, das ein Arbeitszimmer mit umlaufendem Dachgarten, ein WC sowie eine ausgedehnte Dachterrasse beherbergt.

Mauerwerk

Die Außenwände des Wohnhauses sind in Stahlbeton ausgeführt. Eine Ausnahme bildet die namensgebende und prägende Vorhangfassade aus Mauerziegeln: Diese kennzeichnet nicht nur ein Relief vor- und zurückspringender Ziegel, sondern auch ein wellenförmiger Schwung. Dabei verschatten die konvexen Wölbungen die konkaven. Auf diese Weise gelang es den Planern, die Hitzeeinstrahlung um fünfzig Prozent zu reduzieren. Die 23 Zentimeter tiefe Vorhangfassade misst 7,6 Meter in der Breite und 5,4 Meter in der Höhe. Sie besteht aus 83 Schichten gelochter Mauerziegel im Format 23 x 11,5 x 7,5 cm. Diese wurden mit Zementmörtel im Flämischen Verband mit vorstehenden Bindern vermauert. Da die Fassade breiter ist als der dahinterliegende Innenraum, sind die Seiten flächig ausgeführt und rahmen die Wölbungen. Die Statik der selbsttragenden Wand machte eine Bewehrung erforderlich. Es wurden daher fünf horizontale und sieben vertikale Bewehrungslagen in das Mauerwerk eingearbeitet. Aufgrund der gekrümmten Struktur mussten alle horizontalen sowie drei der vertikalen Bewehrungsstäbe eigens für das Projekt angefertigt werden.

Bautafel

Architekten: Design Group Work, Surat
Projektbeteiligte: Dinesh Suthar, Bharat Patel, Jitendra Sabalpara, Sonakshi Berlia, Bhavika Suthar, Vishakha Jain, Ankit Sojitra, Chirag Katrodiya, Surat (Designteam); Angle Consultancy (Tragwerksplanung/Rohbau); Himmat Patel (Bauunternehmen); Leo Electrical (Elektro); Mithun Vishvak (Ziegelfassade); Sureshbhai Suthar (Tischler); Praveen Tank (Steinarbeiten); Kesari Singh (Pflasterarbeiten); Jay Jalaram Bricks, Godhara (Ziegelsteine)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2016
Standort:
Mota Varachha, Surat, Gujarat
Bildnachweis: phxindia – Sebastian Zachariah, Ira Gosalia; Design Work Group, Surat

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