Blockheizkraftwerk, Kita und Café in London

Mischnutzung mit Mehrwert

Orte der Energieversorgung sind meist weiße Flecken auf der mentalen Landkarte − notwendige Infrastrukturen, aber unbegehbar, abgeschirmt und gesichert. Könnten das nicht Quartierszentren sein? Ein abwegiger Gedanke? Das Londoner Büro Morris + Company hat jedenfalls im Stadtbezirk Southwark, gut einen Kilometer südlich der Tate Modern, genau solch ein Konzept umgesetzt: Im Stadtviertel Elephant and Castle − benannt nach einem ehemaligen Pub und zur Zeit im Umbruch − haben die Architekten in einem viergeschossigen Gebäude Wärme- und Stromversorgung für 3000 Haushalte mit einer Kita für 100 Kinder sowie einem Café und Gemeinschaftsräumen kombiniert.

Das skulpturale, viergeschossige Gebäude vereint die ungewöhnliche Mischnutzung hinter einer Metallfassade.
Im Erdgeschoss gibt ein breites Schaufenster den Blick frei auf die Technik.
Café und Kita sind auf die rückwärtig angrenzende Wohnbebauung orientiert.

Funktionsmix mit Blickbeziehungen
Die programmatische Nähe scheinbar unvereinbarer Nutzungen spiegelt sich auch im Entwurf wider. Wo möglich, sind Blickbeziehungen hergestellt worden und sogar Räumlichkeiten gemeinsam nutzbar. Der außergewöhnliche Funktionsmix ist wie folgt auf einem trapezförmigem Grundriss organisiert: Die Energieanlagen sind zur verkehrsreichen Straßenecke von Heygate Street im Norden und Rodney Road im Osten ausgerichtet. Ein breites, didaktisch konzipiertes Schaufenster an der Ostfassade gibt den Blick frei auf die Technik im Erdgeschoss. Der notwendige Schornstein ist städtebaulich wirksam in einen Eckturm integriert.

Café und Kita mit Spielplatz sind auf die rückwärtig angrenzende, drei- bis zehngeschossig abgestaffelte, neue Wohnbebauung im Westen orientiert. Das Café mit Galerie befindet sich südwestlich im Erd- und ersten Obergeschoss, während das Energiezentrum sich wesentlich auf die Ostseite dieser beiden Geschosse konzentriert und nur im Norden noch Flächen in den oberen Etagen belegt. Der Kita im zweiten Obergeschoss sind mehrere Terrassen zugeordnet. Der skulpturale Baukörper mit seinen abgestaffelten Baumassen wirkt als homogenes Ganzes und und verwischt die Grenzen zwischen den einzelnen Funktionsbereichen.

Fassade: Perforierte Zackenprofile aus eloxiertem Aluminium
Über einem umlaufenden, unregelmäßig mäandrierenden Sockel aus rötlich pigmentierten Betonfertigteilen sind vor die Stahlrahmenkonstruktion des Gebäudes stehend montierte, regelmäßig perforierte Zackenprofilbleche aus eloxiertem Aluminium gehängt. Quadratische Fenster in unterschiedlichen Größen verteilen sich unregelmäßig über die Fassaden und akzentuieren die Gebäudehülle im Sinne einer Flächenkomposition, die eine klare Ablesbarkeit der Geschosse vermeidet. Teils sind die Fenster außenbündig mit hellen Metallrahmen und eingeklebter Festverglasung in die Fassade gesetzt, teils sind sie als Öffnungsflügel hinter den transluzenten Zackenprofilblechen versteckt und treten erst abends, wenn sie hinterleuchtet sind, in Erscheinung. Die Lichtwirkung der verborgenen Fenster wurde vorab an Fassadenmodellen erprobt. An den Brüstungsinnenseiten der Terrassen wurden statt der Zackenprofile flachere, hell gefärbte Wellbleche ohne Perforierung montiert.

Jack Hobhouse, London / Morris + Company, London

Bautafel

Architekten: Morris + Company, London
Projektbeteiligte: Joe Morris, David Storring, Holly Hayward (Team Morris + Company), DP9, London (Planungsberatung), Robert Bird Group, London (Statik), Bruce Shaw, London(Kostenplanung), Gillespies, London (Freiraumplanung), Eon Energy, London (Engergiekonzept), Gordon Ingrams Associates, London (Lichtplanung), RSK Environmental Consultants, Coventry (Nachhaltigkeit), Buro Happold, Bath / North East Somerset (Brandschutz), Sandy Brown, London (Akustik), Peter Brett Associates, Reading (Infrastrukturplanung)
Bauherr: Lendlease, London
Fertigstellung: 2019
Standort: 3 Bodley Way, London SE17 1FN, Vereinigtes Königreich
Bildnachweis: Jack Hobhouse, London / Morris + Company, London

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