Bibliothek Maison de la littérature in Quebec
Structural-Glazing-System für glatte Fassadenansicht
Inmitten der dichten städtischen Umgebung der historischen
Altstadt von Quebec, die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört,
findet sich der Wesley-Tempel – eine denkmalgeschützte Kirche im
neugotischen Stil aus dem Jahr 1848. Genutzt wird die Kirche seit
1944 als öffentliche Bibliothek und Veranstaltungsort für das
Institut Canadien namens Maison de la litterature (dt. Haus
der Literatur). Um die Räumlichkeiten zu erweitern und weitere
Nutzungen zu ermöglichen, verwirklichten Chevalier Morales
Architekten einen zeitgenössischen Anbau, der im ausgelobten
Architekturwettbewerb durch seine zurückhaltende und gleichermaßen
außergewöhnliche Gestaltung überzeugte.
Revitalisierung der alten Gebäudestruktur
Nachdem der
Konzert- und Vortragssaal des Institut Canadien 1999 für die
Öffentlichkeit geschlossen wurde, bietet das Maison de la
littérature nun wieder Räumlichkeiten für die Umsetzung
vielfältiger Veranstaltungen des Instituts. Gleichzeitig fungiert
der Anbau als neuer, transparenter Eingangsbereich verleiht dem Bau
ein offenes, zeitgemäßes Erscheinungsbild. Hinter der Glashülle
innenseitig angeordnete, gelochte Messingbleche sorgen dabei für
eine spannungsvolle Tiefenwirkung als Flachrelief. Durch die
Reflexion der Nachbargebäude auf der verglasten
Fassadenfläche fügt sich der gläserne Kubus harmonisch in den
historischen städtischen Kontext der Altstadt von Québec
ein.
Neben der Errichtung des Neubaus gehörte auch die
Revitalisierung des alten Wesley-Tempel-Gemäuers zur
architektonischen Aufgabe. Ziel war es dabei, die ursprüngliche
Raumstruktur der Gesamtanlage wiederherzustellen. Im Altbau
integriert sind nun die Bibliothek, ein Café, ein Raum für
Wechselausstellungen sowie eine Dauerausstellung, eine Wohnung für
einen Schriftsteller, Ateliers, einen Projektionsraum, ein
Klassenzimmer sowie ein Multimedia-Studio. Der Anbau wartet dabei
mit modernerer Technik auf: Hier stehen E-Books und Computer zur
Verfügung. In den oberen Etagen finden sich Kreativ- und
Arbeitsräume, während im Untergeschoss die Technikräume
untergebracht sind.
Moderne Innenraumgestaltung in altem Gemäuer
Betreten
werden kann die Einrichtung sowohl über den historischen Bau als
auch über das neue Eingangsgebäude. Alle Wege müden dabei im
Zentrum der Bibliothek im Altbau, das von einem kreisförmigen
Durchbruch im Boden markiert wird. Dieser verbindet das Café, zwei
Ausstellungsbereiche sowie den Sammlungsbereich der Bibliothek
vertikal miteinander. Darüber schwebt eine Art moderner
Kronleuchter, der den Raum hell ausleuchtet.
Insgesamt ist Bibliothek im Obergeschoss des Altbaus hell und
offen gestaltet; fast alle Oberflächen sind in Weiß gehalten. Die
großzügigen Kirchenfenster lassen dabei viel Tageslicht in den
hohen Innenraum und stärken die lichtdurchflutete, freundliche
Atmosphäre. Die Besonderheit ist hier das Spiel aus erhaltenen
Originalelementen, wie etwa die Spitzbogenfenster sowie die Gesimse
an der Decke und dem zeitgenössischen Mobiliar. So fügt sich die
skulpturale weiße Wendeltreppe harmonisch in den großzügigen
Charakter des ehemaligen Kirchenraums ein.
Der neue kreisförmige Konzert- und Vortragssaal befindet sich
ebenfalls im Altbau unterhalb der Bibliothek und kann durch in die
Decke integrierte konzentrische und verschiebbare Akustikpaneele
akustisch isoliert werden. Der Raum ist technisch so ausgestattet,
dass Konferenzen, Theateraufführungen, Konzerte und öffentliche
Präsentationen stattfinden können. Zusätzlich war Raum für eine
Dauerausstellung zum Thema Freiheit gefordert. Statt diese in einen
einzigen abgeschlossenen Raum zu verlagern, konzipierte das
Architektenteam einen Ausstellungsparcours, der sich mit einer
Vielzahl anderer programmatischer Nutzungen auf den drei Ebenen des
Maison de la littérature integriert.
Komplexe Isolierverglasungen
Der schlichte Glasanbau
stellt mit seinen hochwertigen Materialien, seiner Transparenz und
seiner Detailschlichtheit einen materiellen und formalen Dialog mit
dem bestehenden Altbau her, ohne mit der Qualität der angrenzenden
historischen Baustruktur zu konkurrieren. Maßgeblichen Beitrag
hierzu liefert die Pfosten-Riegel-Fassade, welche als
Structural-Glazing-System ausgebildet ist. Durch die Ausbildung als
SG-Verglasung, ist außenseitig keine Tragstruktur sichtbar, sodass
eine glatte, ungestörte Fassadenansicht entsteht.
Die Ausfachung der Pfosten-Riegel-Konstruktion erfolgte mit etwa
1.200 mm x 3.000 mm großen zweifach Isolierverglasungen. Der Aufbau
der Verglasungen besteht außenseitig aus einem 12 mm dicken
Einscheibensicherheitsglas mit semi-transluzenten
Siebdruck auf Position 2. Der 14 mm dicke
Scheibenzwischenraum ist mit Argon gefüllt.
Innenseitig besteht die Vertikalverglasung aus Verbundsicherheitsglas aus 2 x 6 mm
Einscheibensicherheitsglas. Sämtliche Glasschichten sind als
Weißglas ausgebildet, bei welchem durch Reduktion des
Eisenoxidanteils der für Kalknatron-Silikatglas typische Grünstich
reduziert wird. Das verwendete Glas ist im speziellen
Anwendungsfall um 87 % weniger grünstichig als konventionelles Glas
und bietet eine Lichttransmission von über 90 %.
Bautafel
Architektur: Chevalier Morales, Montreal
Projektbeteiligte: Stekar Systems, Beauceville (Fassadenhersteller); VITRO Flat Glass, Cheswick (Glaslieferant); EMS Ingénierie, Québec (Tragwerksplanung)
Bauherr/in: Stadt Québec
Fertigstellung: 2017
Standort: 40 Rue Saint-Stanislas, Québec, QC G1R 4H1, Kanada
Bildnachweis: Chevalier Morales, Montreal
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