Berufsbildungszentrum in Münnerstadt

Intelligente Fassadengestaltung senkt Energiebedarf

Ein Kind hat drei Lehrer – die Erwachsenen, andere Kinder und den Raum, schrieb einst der Pädagoge Loris Malaguzzi. Diese Aussage nahmen Benkert Schäfer Architekten bei der Entwicklung des Berufsbildungszentrums (BBZ) in Münnerstadt als Leitlinie. Der Bildungsbau, der insgesamt fünf Fachschulen für soziale Berufe und einer Fachakademie beherbergt, soll für Lehrende und Lernende gleichermaßen eine gute Orientierung und ein attraktives und angenehmes Arbeitsumfeld bieten – mit viel Tageslicht sowie natürlichen und robusten Materialien.

Um eine ausreichende Belichtung ohne technischen Aufwand zu gewährleisten, wurde die Ausrichtung des Baukörpers dementsprechend der Sonne angepasst und die Fenster wurden ausgewogen dimensioniert.
Einen wichtigen Beitrag zur Senkung des Energiebedarfs leistet auch die Gestaltung der Fassade aus Aluminium-Verbundplatten.
Im spitzen Winkel legen sich die tiefen, metallenen Fensterlaibungen jeweils an der gen Süden gelegenen Seite vor die Gebäudeöffnungen und sorgen so für maximale Verschattung in den Mittags- und Nachmittagsstunden.

Fünf Lernhäuser, ein Campusgarten

Der Neubau ist in fünf dreigeschossige Lernhäuser gegliedert und bildet mit dem bestehenden, historischen Seminargebäude einen Campushof im ehemaligen Garten des Augustinerkonvents St. Josef im Südosten des Komplexes. Die Lernhäuser sind in zwei zueinander versetzten Reihen angeordnet, sodass im Westen ein zusätzlicher, kleinerer Lesehof entsteht. Eine einfache Orientierung und kurze Wege innerhalb der Cluster war den Verantwortlichen ein wichtiges Anliegen. Das Herzstück der Schule bildet die Aula im Parterre, die beidseitig bespielbar ist und Raum lässt für Theater und darstellende Künste, die im Schulleben des BBZ eine wichtige Rolle einnehmen. Ebenerdig sind zudem Werkstatt- und Musikräume, Lehrerzimmer sowie ein Schülercafé untergebracht. In den Obergeschossen gestalteten die Architekturschaffenden sogenannte Lernlandschaften aus Klassenzimmern und Gruppenräumen sowie sich aufweitenden Fluren, die zum Ort der Begegnung und des Austausches werden. Akustisch gedämpfte Räume sollen die Konzentration fördern. Einbauten aus hellem Holz bringen eine warme, natürliche Komponente in das von ruhigen Grautönen dominierte Innere.

Form follows light

Klimaangepasste Gebäude sollten nicht nur haustechnisch optimiert sein, sondern auch einfache bauliche Lösungen zur Senkung des Energiebedarfs bieten. Für einen Schulbau mit großen internen Lasten und konzentrierten Nutzungszeiten sei es im Sommer besonders wichtig für einen moderaten solaren Wärmeeintrag bei gleichzeitig optimierter Tageslichtführung zu sorgen, so Gunther Benkert. Um eine ausreichende Belichtung ohne technischen Aufwand zu gewährleisten, wurde die Ausrichtung des Baukörpers dementsprechend der Sonne angepasst und die Fenster wurden ausgewogen dimensioniert. Die großen Fensterflächen der Aula sind zudem dreifach verglast.

Einen wichtigen Beitrag zur Senkung des Energiebedarfs leistet auch die Gestaltung der Fassade aus Aluminium-Verbundplatten. Im spitzen Winkel legen sich die tiefen, metallenen Fensterlaibungen jeweils an der gen Süden gelegenen Seite vor die Gebäudeöffnungen und sorgen so für maximale Verschattung in den Mittags- und Nachmittagsstunden, während die Morgensonne durch die abgeschrägten Laibungen der anderen Seiten einfallen kann. Neben der funktionalen Bedeutung, weist diese Lösung auch eine ästhetische Dimension auf. Die spitzen Laibungen wirken wie ein Schuppenkleid, das die Fassade optisch belebt. Zur individuellen Steuerung der Verschattung gibt es darüber hinaus Lichtlenklamellen im oberen Fensterbereich. Aufgrund der ausreichenden Verschattung sind die Fenster in den Obergeschossen nur zweifach verglast, wodurch sie leichter und somit sicherer zu öffnen sind.

Zur Deckung des bereits baulich verminderten Energieverbrauchs wird Wärmeenergie aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Zudem wurden eine Hybrid-Lüftung mit Wärmerückgewinnung und gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen verbaut. Damit erreicht der Schulbau den gesetzlich verpflichtenden Standard eines sogenannten Effizienzhauses 55, bei dem der Jahres-Primärenergiebedarf nicht über 40 Kilowattstunden pro Quadratmeter liegen darf. -sh

Bautafel

Architekten: Benkert Schäfer Architekten, München mit Babler + Lodde Architekten, Herzogenaurach und Armin Röder Architekten, Bad Neustadt an der Saale
Projektbeteiligte: GTL Michael Triebswetter Landschaftsarchitekt, Kassel (Landschaft); Tragraum Ingenieure, Bad Kissingen (TWP); Rathmann Architektur und Fassade, Würzburg (Fassade); Renninger Brandschutzplanung, Würzburg (Brandschutz); Ingenieurbüro Sorge, Nürnberg (Bauphysik); Prefa, Wasungen (Hersteller Aluminium-Verbundplatten „Reynobond“)
Bauherrschaft: Landratsamt Bad Kissingen und Caritas-Schulen Würzburg
Fertigstellung: 2020
Standort: Altstadtweg 1, 97702 Münnerstadt
Bildnachweis: Gunther Benkert, München; Dieter Leistner, Würzburg; Daniel Wehner, Bad Kissingen

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Die Anordnung der Fenster erfolgt zwar klassischerweise nach den vier Himmelrichtungen, aber in einem präziseren Sinne nach der Ekliptik der Sonne (im Bild: Fensterwand mit beweglichen Glaslamellen als Sonnen- und Blendschutz).

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