Beecroft Building der Universität Oxford

Einladendes „Oberhaus“ und entkoppelte Labore im Keller

Nicht höher als 18 Meter dürfen Neubauten sein, die im Umkreis von 1,2 Kilometern um den Carfax Tower in Oxford entstehen. Diese Vorgabe galt auch für ein Forschungsgebäude des Fachbereichs theoretische und experimentelle Physik, das die Londoner Hawkins Brown Architekten im Auftrag der Universität Oxford planten. Beim Entwurf des Beecroft Building, das repräsentative Funktionen und hochmoderne Laboratorien unter einem Dach vereint, machten die Planer aus der Not eine Tugend.

Eine hohe Transparenz mit viel Glas kennzeichnet das Gebäude, dessen Nachbarschaft überwiegend unter Denkmalschutz steht.
Bronzefinnen gliedern die Fassade und spenden Schatten.
Repräsentatives Foyer

Um das komplexe Raumprogramm des Gebäudes, das nach dem Förderer Adrian Beecroft benannt ist, unterbringen zu können, gingen sie nicht allein in die Höhe, sondern ebenso in die Tiefe. Und zwar um 16 Meter auf insgesamt fünf Ebenen: Zwei davon beherbergen die sensiblen Labore, zwei weitere haben Servicefunktion und eine bietet Platz für die spezielle Gründung der Laborbereiche. So war die notwendige Abschottung der Forschungsräume von der vielbefahrenen Kreuzung Keble Road / Parks Road einfacher.

Oben Licht und Luft, unten konstante Verhältnisse

Die erzwungene Zweiteilung des Gebäudes in einen oberirdischen und einen unterirdischen Teil erwies sich als großer Vorteil für die Nutzung. Raum für Dialog und Austausch internationaler Wissenschaftler ist im oberen Teil, wo die Lehr-, Seminar- und Verwaltungseinrichtungen mit den entsprechenden Licht- und Luftverhältnissen ausgestattet sind. Die für die Forschungsräume notwendigen konstanten, teils sterilen Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Licht, Schall und Vibration ließen sich unterirdisch besser realisieren.

Eine hohe Transparenz mit viel Glas kennzeichnet das Gebäude, dessen Nachbarschaft überwiegend unter Denkmalschutz steht – wie das neogotische Keble College aus dem späten 19. Jahrhundert gegenüber oder Teile des historischen Stadtzentrums im Süden und Osten. Auch die hoch gewachsene Zeder auf dem südöstlichen Vorplatz blieb erhalten. Die Fassade ist mit Sonnenschutzverglasung ausgestattet und gegliedert durch schattenspendende Bronzefinnen und Glaspaneele mit Kupferdrahteinlage.

Lichtdach, Galerien und Emporen als Treffpunkte

In einem offenen, zentralen Treppenraum setzt sich die Transparenz fort: Das Flachdach darüber ist erhöht und überwiegend verglast. Zueinander versetzte Treppenläufe, Galerien und auskragende Emporen erzeugen räumliche Spannung, sorgen für mannigfaltige Blickbezüge und dienen als Pausen-, Präsentations- und Besprechungszonen. Reichlich Tageslicht dringt tief ins Gebäude, gebrochen durch schmale vertikale Holzleisten als Brüstungen. Die Lehr- und Verwaltungsräume gliedern sich um diesen Treffpunkt und Erschließungsraum. Durch Glaselemente profitieren sie vom Lichteinfall und tragen selbst zur Helligkeit bei.

Bauphysikalische Aspekte: Schallschutz und entkoppelte Labore

Die Offenheit im Inneren des Gebäudes, die Treppenanlage und Gemeinschaftsbalkone bringen allerdings eine Schallproblematik mit sich. Die Holzlamellen der Brüstungen mindern die Halligkeit deutlich; sie streuen und absorbieren den Schall. Flure und Aufenthaltsbereiche sind mit schallschluckendem Teppichboden ausgestattet.

Für die Keller mit den Laboratorien galten andere bauphysikalische Herausforderungen: Neben konstanten Luftfeuchte-, Licht- und Temperaturbedingungen (die Temperaturschwankung wurde auf ±0,02°C stabilisiert) stellten insbesondere Vibrationen ein Problem für die hochpräzisen Messungen und Experimente dar. Vibrationen, die einerseits von mechanischen Erschütterungen der nahegelegenen Autobahn M40 entstehen, andererseits aus dem Körperschall der Autobahn. Der Lärm vorbeifahrender Autos wird wellenartig im Erdreich weitergeleitet und zeichnet sich zusätzlich zu den rein mechanischen Erschütterungen ab.

Um die Labore von solchen Schwingungen zu entkoppeln, sind sie als sogenannte Black Boxes auf Kielblöcken (engl.: keel slabs) aus Stahlbeton errichtet. Mit Gewichten bis zu 54 Tonnen sind diese auf einem komplexen Dämpfungssystem montiert, um eine Plattform für physikalische Experimente im Nano-Maßstab zu schaffen (Abb. 13, 19). Der Laborbereich bildet quasi ein „Gebäude im Gebäude“ und ist konstruktiv wie bauphysikalisch autark.

Bautafel

Architekten: Hawkins/Brown, London
Projektbeteiligte:
WSP Parsons Brinckerhoff, London (Projektmanagement); Laing O’Rourke, Dartford (Generalunternehmer); Peter Brett Associates, Oxford (Tragwerksplanung); Turner & Townsend, Leeds (Projektsteuerung); Hoare Lea, Oxford (Gebäudetechnik)
Bauherr:
Universität von Oxford
Fertigstellung:
2018
Standort:
Parks Road, Oxford OX1 3PU, Großbritannien
Bildnachweis: Jim Stephenson, Brighton; Jack Hobhouse, London; Hawkins/Brown, London

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