Bauhaus-Museum in Dessau

Schwebende Black Box im Glasmantel

In Dessau steht ein Quader mit Glasfassade und Black Box mitten in der Stadt. Gäbe es an der Fassade nicht ein Leuchtband mit der Inschrift bauhaus museum dessau, nichts würde auf den Zweck des Gebäudes hindeuten. Schon die Lage des Museums ist unerwartet und war lange umstritten. Es befindet sich nämlich nicht in unmittelbarer Nähe der Dessauer UNESCO-Weltwerbe-Stätten wie Bauhausschule und Meistervillen, sondern auf der anderen Seite der Stadt, direkt an den Stadtpark grenzend. Das multidisziplinäre Architekturbüro Addenda Architects aus Barcelona hatte 2015 den offenen internationalen Wettbewerb unter 831 Einreichungen gewonnen. Ihre Entwurfsidee: ein Haus im Haus – ein schwebender Riegel aus Beton in einer gläsernen Hülle. Das 105 Meter lange, 25 Meter breite und 12 Meter hohe Gebäude entfaltet seine volle Wirkung im Dunkeln, wenn die Beleuchtung den Baukörper scheinbar zum Levitieren bringt.

Die Ansichten des Neubaus unterscheiden sich stark je nach Tageszeit. Nachts scheint im Inneren scheinbar schwerelos ein Quader aus Beton fünf Meter über dem Boden zu schweben.
Tagsüber spiegelt die gläserne Hülle vor allem die Umgebung des zentral und am Rand vom Stadtpark gelegenen Museums.
Das Erdgeschoss des Museums ist als offene Bühne konzipiert. Hier finden Performences, Gespräche, Filmvorführungen und andere Events statt.

Black Box mit Glashülle

Das Erdgeschoss wirkt im Zusammenspiel mit der Glasfassade sehr offen und bietet auf 600 m² Platz für Wechselausstellungen und Veranstaltungen. Neben dem Konzept der offenen Bühne gibt es hier auch feste Funktionsbereiche wie Kasse, Café und Shop. „Eine Blackbox mit einem Wintermantel aus Glas“, so beschreibt Architekt Roberto González von Addenda Architects den Museumsbau. Im Erdgeschoss schwebt fünf Meter über den Köpfen der Besucher ein schwarzer Kubus aus Beton. Die Konstruktion der  aufgeständerten, tonnenschweren Black Box (99 x 18 m) war eine statische Herausforderung, denn sie liegt lediglich auf den zwei 50 Meter voneinander entfernten Treppenkernen auf.

Dauerausstellung Versuchsstätte Bauhaus

In der Black Box im Obergeschoss ist die Sammlungspräsentation Versuchsstätte Bauhaus untergebracht, die sich auf 1.500 m² Ausstellungsfläche unterteilt in einen Nord-, Süd- und Zentralraum – ohne Tageslichteinfall und mit optimalen klimatischen Bedingungen für die Ausstellungsobjekte. Hier geht es vor allem darum, die Schule und ihre Studierenden vorzustellen, den Alltag des Lernens und der Lehre zwischen freiem Entwurf und industriellem Prototyp. Unter den 1.000 Exponaten befinden sich Möbel, Leuchten, Textilien und Gebrauchsgegenstände ebenso wie Figurinen aus dem Triadischen Ballett von Oskar Schlemmer, Gemälde, Grafiken und (Muster-)Bücher. Besonders auffällig ist die Ausstellungsgestaltung vom Berliner Büro Chezweitz im Zentralraum: ein Hochregal in Orange setzt einen knalligen Farbakzent, unterteilt die Fläche und nimmt Objekte wie Möbel, Leuchten und Tableware effektvoll auf.

Lichtplanung: Lichtbänder und -strahler

Das Büro Lichtvision Design hat die Klarheit und Stringenz des architektonischen Entwurfs in den Fokus der übergreifenden Lichtplanung gestellt. Die künstliche Beleuchtung schafft im Bereich der Decke ein serielle, industrielle, flexible und lineare Grundstruktur, wobei ein Lichtbandsystem zum Einsatz kommt. Im Erdgeschoss schafft es diffuses Licht. Es wird ergänzt um Einzelstrahler, die Akzente setzen. Da die Nutzung der offenen Gemeinschaftsfläche nicht genau definiert ist, wurde ein adaptives Lichtsystem installiert, das sich den Nutzungen dynamisch anpasst.

Die vom Berliner Büro Envue Licht Homburg konzipierte Ausstellungsbeleuchtung arbeitet mit einem Strahlersystem, das die Exponate akzentuiert und sie authentisch erscheinen lässt. Dabei wird die LED-Beleuchtung mit abgestimmten Reflektoren und ausgewählten Optiken kombiniert. Der Raum der Black Box nimmt sich maximal zurück und ist aufgrund seiner dunklen Wände quasi nicht vorhanden, denn alles Streulicht wird absorbiert. -csh

Bautafel

Architektur: Addenda Architects, Barcelona
Projektbeteiligte: Envue Licht Homburg, Berlin (Ausstellungsbeleuchtung), Chezweitz, Berlin (Szenographie), Inros Lackner, Salzburg (Haustechnik), Teamproject, Berlin (Projektsteuerung); Zumtobel Lighting, Dornbirn (Lichtbandsystem Tecton, Strahlersystem Arcos Xpert); Lichtvision Design, Berlin (Lichtplanung)
Bauherrschaft: Stiftung Bauhaus Dessau
Fertigstellung: 2019
Standort: Mies-van-der-Rohe-Platz 1, 06844 Dessau-Roßlau
Bildnachweis: Stiftung Bauhaus Dessau, Dessau/ Thomas Meyer/ Ostkreuz, Berlin; Zumtobel Lighting, Dornbirn

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