Bauernhaus in Feldkirchen

Krüppelwalmdach mit Kärntner Schopf neu interpretiert

Im Ortsteil Niederdorf in Feldkirchen, der fünftgrößten Stadt Kärntens, entstand nach Plänen des Wiener Architektenteams von Christian Prasser ein modernes Bauernhaus inklusive eines neuen Stallgebäudes mit traditionellen Bezügen. Für den Entwurf war vor allem die Topografie des Geländes auf einer Waldlichtung und die Südausrichtung des ursprünglichen Stalls mit integrierter Tenne ausschlaggebend. Inspiration bezogen die Architekturschaffenden zudem aus der Bauform des Oberkärntner Paarhofes, denn ein solcher war früher auf dem Grundstück beheimatet.

Das Dach des Wohnbereiches ist ein Krüppelwalmdach mit Kärntner Schopf. Diese spezielle Art des Krüppelwalmdaches findet man hauptsächlich bei traditionellen ländlichen Nutzbauten.
Direkt an den Wohnbereich ist der L-förmige Bürotrakt angegliedert.
Der Wohnbereich geht in den Bürobereich über, darunter liegt die Hofeinfahrt.

Traditionelles Vorbild Paarhof

Auf dem Hanggrundstück ist ein neuer Komplex aus zwei getrennten Baukörpern entstanden – mit dem traditionellen Vorbild Paarhof. Die weite Verbreitung dieser Bauweise im alpinen Raum beruht darauf, dass sie sich besonders für Hanglagen eignet, bei denen ausladende Einhöfe nicht ausreichend Platz fänden. Für kurze, effiziente Wege stehen die Gebäude möglichst nahe zusammen. Meist besteht das Ensemble aus zwei zweigeschossigen, in der Kubatur recht gleichartig gestalteten Bauten. Abhängig vom Gelände können die beiden Gebäude parallel zueinander, hintereinander oder quer zueinander angeordnet sein.

Neue Interpretation: Wohnbereich und Büro

Bei dem Neubau in Feldkirchen von CP Architektur folgt die Aufteilung der Gebäude in einen Stall und ein Wohnhaus den historischen Vorbildern, wobei hier allerdings dem Wohnbereich ein L-förmiger Bürobereich angegliedert wurde. Das Wohngebäude entspricht dem Typus einer zeitgemäß interpretierten im Erdgeschoss gemauerten Stallscheune. Der Bürotrakt, der in Holzbauweise errichtet wurde, schließt sich in Richtung Norden an. Dessen Giebelfront kragt weit über das Gelände hin aus und scheint – gestützt von einem großen Findling – quasi über der Landschaft zu schweben. Die Zufahrt des Hauses ist von Ost nach West orientiert. Sie bildet ein Hoftor und einen Carport.

Kleid aus Lärchenholzlatten

Der neue Baukörper ruht auf einem Sockel, der aus verputzten 50er-Ziegelwänden in einer monolithischen Bauweise ohne zusätzliche Dämmung errichtet wurde. Ein Kleid aus Lärchenholzlatten verzahnt sich auf der Wohnebene mit dem darüber liegenden Holzbau. Formal erinnert die Außenverkleidung aus schmalen Holzlatten an eine Tenne. Diese ist aber nicht nur ein schmückendes Element, sondern dient der Erweiterung des Wohnraumes nach außen mit einem Laubengang und einer Südterrasse. Diese überdachten Außenbereiche bieten einen Regen- und Sonnenschutz für das lichtdurchflutete Haus und stellen einen Filter zwischen Innenraum und Landschaft dar.

Hoher Wohnraum mit Kachelofen im Zentrum

Insgesamt verfügen der Wohn- und Bürobereich, die Laubengänge und die überdachte Terrasse über eine Nutzfläche von 400 Quadratmetern. Dem Untergeschoss des Wohntraktes ist eine in Granit eingefasste Poollandschaft dem Gebäude vorgelagert. Im Untergeschoss befinden sich ein Schlafraum, eine Sauna und ein Bad. Der Bereich des Erdgeschosses umfasst den Eingangsbereich mit Garderobe und Gästetoilette, einen offenen Essbereich mit Wohnküche und das Wohnzimmer mit einem Lufraum zum Obergeschoss sowie dem vorgelagerten Carport. Der Wohnbereich löst sich über zwei Geschosse bis unter das Krüppelwalmdach mit einem für die Gegend typischen Kärntner Schopf auf. Im Zentrum dieses Bereiches dient ein fünf Meter langer Kachelofen als Raumteiler zwischen der Küche, dem Esstisch und dem Wohnbereich. Im ersten Obergeschoss werden alle Zimmer über einen seitlich angeordneten langen Gang erschlossen. Dem Wohntrakt mit Schlafzimmer und Ankleide, Bad und Gästeschlafzimmer mit eigenem Badbereich, schließt sich der Bürotrakt an.

Bei den Materialien im Innenbereich kam neben Lärchenholz für alle stark beanspruchten Flächen ein grau-grüner Granit aus der Region zum Einsatz. Dieses Material wurde auch teilweise für die Gestaltung des Außenraums – so etwa bei der Pooleinfassung verwendet. Der Hof wird durch große Betonplatten mit offenen Gras- und Schotterfugen geprägt. Ebenso wie der Brunnen aus Sichtbeton am Hauseingang, greifen diese auf moderne Weise traditionelle bäuerliche Gestaltungselemente auf.

Laufstall für 50 Brillenschafe

Bei dem neuen Stall handelt es sich um einen Offenfrontstall. Sein Dach wurde mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet. Gegenüber der Ausrichtung des früheren Stallgebäudes wurde er um 90° gedreht und öffnet sich dadurch an seiner Breitseite für Licht und Luft. Er ist als Lärchenholzlaufstall auf einem Betonsockel umgesetzt und bietet Platz für 50 Kärntner Brillenschafe. Diese Rasse sorgt für eine natürliche Abweidung und Festigung der Böden der umliegenden Fischgewässer.

Krüppelwalmdach mit Kärntner Schopf

Das 42 Grad geneigte Steildach des Wohnbereiches ist mit Tonziegeln gedeckt. Es handelt sich um ein Krüppelwalmdach mit Kärntner Schopf. Diese spezielle Art des Krüppelwalmdaches findet man hauptsächlich bei traditionellen ländlichen Nutzbauten. Hierbei ist der kleine Walm offen, wodurch die Luft unter dem First zirkulieren kann. Heutzutage setzt man den Kärntner Schopf häufig als optische Reminiszenz an regionale Bautraditionen ein.

Über den seitlichen Laubengängen wurde das Dach ohne Unterdach ausgeführt. Dort ist die Sparrenlage sichtbar. In die Deckung mit Tonziegeln wurden hier transluzente Ziegel eingestreut, die für zusätzliches Licht sorgen. Der anschließende Bürotrakt erhielt ein asymetrisches Satteldach. Das gesonderte Stallgebäude erhielt ein klassisches Satteldach.

Dachaufbau (von außen nach innen):

  • Tonziegel Strangfalz, 6 cm
  • Dachlattung, 4 cm
  • Konterlattung, 6 cm
  • Nageldichtband
  • diffusionsoffene Unterdachbahn, 0,08 cm
  • Vollschalung Schnittholz Fichte sägerau und lufttrocken, 2,4 cm
  • Sparren, dazwischen Mineralwolldämmung, 24 cm
  • Lattung, dazwischen Mineralwolldämmung, 6 cm
  • Dampfbremse
  • Sparschalung, 2,4 cm
  • Beplankung Gipskarton, 1,25 cm
  • Innenpuntz, 0,5 cm
Dachbereiche über dem Laubengang (ohne Unterdach und mit sichtbarer Sparrenlage):
  • Tonziegel mit Anteil transluzenter Ziegel, 6 cm
  • Dachlattung, 4 cm
  • Sparren Aufdopplung (Ausgleichsebene), 8,48 cm
  • Sparren sichtbar, 24 cm

Bautafel

Architektur: cp architektur / Christian Prasser, Wien 
Projektbeteiligte: Duhs & Bergmann, Feldkirchen (Generalunternehmer); Ing. Roland Fürstler, Feldkirchen (Statik); Spitzer Installationen, St. Veit/Glan (Haustechnik); Elektro Technik Jerabek, Klagenfurt (Elektrotechnik); Naturstein Kogler, St. Urban (Bodebeläge Stein); Fairholz (Bodebeläge Holz); Schnabl (Tischlerei); Seyerlehner, Enns (Hafnermeister Ofen); Franz Peschka’s WTW, St. Veit/Glan (Dachdecker); Kamin-SOS Schlagbauer, Feldkirchen Ktn. (Kaminbau); Garald Wagner Tischlermeister (Bautischler); Wohnkeramik Seyerlehner (Ofen)
Bauherr/in: privat
Standort: 9560 Feldkirchen in Kärnten, Österreich
Fertigstellung: 2020
Bildnachweis: Christian Brandstätter

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