360° Bar in Innsbruck/A

Tragwerk aus gebogenem Glas

Tief im Tal zwischen Nordkette auf der Nordseite und dem Mittelgebirge auf der Südseite Richtung Brenner liegt die Stadt Innsbruck. Von hier ist die Bergwelt aber kaum zu sehen. Um sich eine Übersicht zu verschaffen, lohnt der Besuch der 360° Bar auf dem Dach des Rathauses. Die kreiszylindrische Gebäudeform der Bar hat einen Durchmesser von ca. 9,35 m und eine Gebäudehöhe von 3,60 m. Seine vollständig gläserne Fassade erlaubt einen Rundumblick über die Stadt und auf die umliegenden Berge.

Membrandach mit Wassereinlauf
Innenansicht
360° Bar in Innsbruck/A

Klar gegliederte Bauelemente prägen den Entwurf des Pavillons. Als Dach dient eine in einen Druckring gespannte Membran, deren Vorspannung an einem exzentrisch liegenden Punkt im Gebäude liegt, wo sie nach unten gespannt wurde. Aufgrund der elastischen Verformung des Materials ergibt sich eine Trichterform, an dessen tiefsten Punkt die Entwässerungsöffnung angeordnet ist. Am Randträger ist die Membran mittels Keder-Saum und Aluminium-Klemmleisten befestigt. Im Tiefpunkt ist sie in Aluminium-Ringen geklemmt, über die eine vertikale Zugkraft eingeleitet wird und damit die Membran vorspannt.

Der äußere Druckring ist als Stahl-Kastenträger ausgeführt, der neben statischen Aufgaben auch die Funktionen der Gebäudeausrüstung übernimmt. Er liegt auf gekrümmten Glaspaneelen auf. Gasdruckfedern sorgen für die mittlere Spannvorrichtung der Membran, deren eingeleitete Federkraft einer Gewichtsbelastung von etwa 800 kg entspricht. Die Einstellung dieser Federkraft bewirkt eine Vorspannung, die auch unter Wasser- und Schneelast die Formstabilität der Membran gewährleistet. So bleibt der Ablauf an der tiefsten Stelle und die Bildung von Wassersäcken wird vermieden.

Glas

Die gebogenen Scheiben sind an ihren Fußpunkten in dem umlaufenden Stahlring eingespannt, der mit einem Stahlträgerrost verschraubt ist. Sowohl der vertikale als auch der horizontale Lastabtrag des gesamten Gebäudes erfolgt ausschließlich über die gebogenen Verbundsicherheitsglasscheiben. Durch ihre Krümmung mit einem Radius von rund 4.500 mm erreichen die feststehenden Scheiben eine ausreichende Stabilität zum Abtrag der Vertikallasten. Die horizontale Aussteifung erfolgt allein über die im Kreisring angeordneten Scheiben.

Die Segmente der tragenden Scheiben bestehen aus Verbund-Sicherheitsglas (VSG) aus 2 x 10 mm Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG), die Schiebetüren aus Verbund-Sicherheitsglas (VSG) aus Floatglas. Mittels Zweikomponenten-Hybridmörtel sind die Scheiben in einen Stahlschuh eingeklebt und zur Lagesicherung mittels Bolzen in Bohrungen fixiert. Weniger ist mehr.

Bautafel

Architekten: Dominique Perrault, Paris/F
Projektbeteiligte: Bollinger und Grohmann, Holger Techen, Frankfurt (Tragwerksplanung), Hans Landmann, Innsbruck (Bauüberwachung, Fassadenplanung), Fa. Hörburger, Roppen/A (Ausführung)
Bauherr: Stadt Innsbruck
Fertigstellung: 2005
Standort: Rathaus, 7. Stock, Maria-Theresienstr. 18, Innsbruck
Bildnachweis: Jens Schneider, Holger Techen

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Die gläsernen Kegelstümpfe im Besucherzentrum des Joanneumviertels in Graz leiten großzügig Tageslicht in das Untergeschoss (eep Architekten)

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Glastrichter im unterirdischen Besucherzentrum des Grazer Universalmuseums Joanneum (Architekten: eep, Graz mit Nieto Sobejano, Madrid)

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