Laborgebäude für Biokatalyse in Graz
Perforierte Aluminium-Faltschiebeläden mit farbiger Rückseite
Auf dem Campus der Technischen Universität Graz entstand vor einiger Zeit ein Forschungs-, Labor- und Bürogebäude, das universitäre Forschungsgruppen gemeinsam mit Firmen aus den Bereichen Biochemie/ -katalyse, Mikrobiologie und Gentechnik nutzen. Der Entwurf für den sechsgeschossigen Baukörper stammt von dem ortsansässigen Architekten Ernst Giselbrecht, der in dem kompakten Neubau eine Gesamtfläche von 3.270 m² unterbrachte.
Gallerie
Besucher und Nutzer betreten das Gebäude über einen zurückgesetzten Eingang von Nordwesten. Dieser ist über Eck angeordnet und führt in ein öffentlich zugängliches Foyer, das sich über die gesamte Breite des Gebäudes erstreckt. Um das Foyer herum gruppieren sich drei Seminar- und verschiedene Sanitär- und Nebenräume, an seiner Westfassade liegt ein Erschließungskern mit Treppe und Aufzug.
In den Obergeschossen befinden sich sogenannte Forschungsplattformen, die als geschlossene Raumeinheiten sowohl technisch als auch inhaltlich unabhängig voneinander agieren können. Jede Plattform besteht aus größeren, nach Norden ausgerichteten Labors und mehreren kleineren Büros, die sich mit vorgelagerten Balkonen nach Süden orientieren. Die dazwischen liegende Gang- und Servicezone ist mit zwei freistehenden Boxen ausgestattet, die mit Neben- und Sanitärräumen ausschließlich den Nutzern der jeweiligen Plattform zur Verfügung stehen. Jeweils zwei Forschungsplattformen sind in jedem Obergeschoss untergebracht. Durch die farbige Gestaltung der Boxen in Gelb, Rot oder Blau und die Fortsetzung der jeweiligen Farbgebung in Akustikpaneelen unter der Decke sind die einzelnen Raumeinheiten klar definiert.
Ein hoher Anteil an Glastrennwänden erlaubt die natürliche Belichtung aller Arbeitsbereiche. Mittels Betonkernaktivierung werden diese je nach Bedarf beheizt oder gekühlt. Eine zusätzlich installierte Lüftungsanlage sorgt für eine gute Raumluftqualität.
Das Gebäude wurde als Stahlskelettbau errichtet und ist vollständig unterkellert. Die Nord-, Ost- und Westfassaden sind als Band- bzw. Lochfassaden ausgebildet und mit Stahlbetonfertigteilen bekleidet. Einen Gegensatz bildet die transparente Pfosten-Riegel-Fassade im Süden, die sich zum Freiraum zwischen den einzelnen Universitätsbauten auf dem Campus öffnet.
Sonnenschutz
Um einer möglichen Überhitzung entgegenzuwirken, wurde auf der
Südseite des Gebäudes eine Sonnenschutzverglasung installiert. Die
Innenseite der äußeren Scheibe ist mit einer reflektierenden
Metallbeschichtung versehen, die als thermischer Spiegel
funktioniert: Sie wirft die im Sonnenlicht enthaltende
Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung) beim Auftreffen auf die
Fensterscheibe zurück, wodurch die Gesamtenergiedurchlässigkeit bei gleichbleibender
Lichtdurchlässigkeit reduziert wird. Auf diese
Weise ist eine maximale Ausnutzung des Tageslichts möglich.
Vor der Glasfassade sind Balkone angeordnet, die sich über die volle Länge des Gebäudes erstrecken. Sie bilden an ihrer Außenkante eine zweite Fassadenebene, in der jeweils sechs Faltschiebeläden pro Geschoss als Sonnenschutz befestigt sind. Im aufgefaltetem Zustand bedecken sie die gesamte, rund 600 m² große Glasfassade und schützen die dahinter liegenden Büroräume vor zu viel Sonnenlicht und Blendung.
Die Schiebeläden bestehen aus witterungsbeständigen, perforierten Aluminium-Blechen, die auf der Außenseite und Innenseite weiß ausgebildet sind. Die jeweils mittleren Elemente sind innenseitig gelb, blau, rot, violett oder orange gestaltet. Die farbigen Oberflächen sind von außen nur aus bestimmten Blickwinkeln sichtbar, und auch nur dann, wenn die Faltschiebeläden geöffnet sind. Die weiße Gebäudehülle verwandelt sich dann in eine unerwartet abwechslungsreiche und farbenfrohe Fläche.
Aufgrund der engen Kostenplanung sind die raumhohen Faltschiebeläden nicht automatisch per Knopfdruck steuerbar, stattdessen dient ein manuell bedienbarer Hebelmechanismus dem Öffnen und Schließen der Läden. Durch Betätigen des Bedienhebels setzen sich die Läden in Bewegung. Auf ihrer Unterseite befinden sich Zapfen, die in vorgesehenen Bohrungen auf den unteren Führungsschienen versenkt werden. Auf diese Weise lassen sich die Sonnenschutzmodule arretieren und unabhängig voneinander öffnen und wieder schließen. Diese manuelle Bedienung ergibt ein sich ständig änderndes Erscheinungsbild der Fassade.
Im Falle eines Sturmes schützt eine automatische Sicherung die Sonnenschutzelemente vor möglichen Beschädigungen. Sollte ein Faltschiebeladen einmal nicht durch den Zapfen in einer Bohrung arretiert sein, „fährt“ er wie von selbst auf der Schiene bis zur nächsten Bohrung und ist somit wieder fixiert. Zusätzlich wird durch das Einspannen der Module der Effekt des „Flatterns“, also deren ungewolltes, geräuschvolles Bewegen verhindert.
In den Abendstunden zeigt sich die Südfassade aufgrund der
Perforation in den Faltschiebeläden von ihrer
transluzenten Seite. Dabei schützen sie die beleuchteten Innenräume
vor ungewollten Einblicken.
Bautafel
Architekten: Ernst Giselbrecht Architekten, Graz/A
Projektbeteiligte: Rinderer & Partner, Graz/A (Statik); Planungsgruppe Grünbichler, Kapfenberg/A (Haustechnik); Planungsgruppe Grünbichler, Kapfenberg/A (Elektrotechnik); Rosenfelder & Höfler, Graz/A (Bauphysik); Metallbau Heidenbauer, Bruck an der Mur/A (Faltschiebeläden)
Bauherr: Bundes Immobilien Gesellschaft, Wien/A
Fertigstellung: 2004
Standort: Petersgasse 14 in Graz
Bildnachweis: Paul Ott, Graz
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