Kirche in Neudorf-Platendorf
Satteldach aus Brettstapelplatte mit Zinkblechdeckung
Sakralbauten sind keine alltäglichen Projekte für Architekten,
denn selten haben die Gemeinden Geld für einen Neubau. In
Neudorf-Platendorf entstand nach Plänen des Berliner Architekten
Ulrich Arndt ein Neubau für die evangelisch-freikirchliche
Gemeinde, der den Spagat zwischen kostengünstigen und einfachen
Baustoffen und den besonderen Ansprüchen hinsichtlich der
meditativ-spirituellen Atmosphären einer Kirche umsetzt.
Die freikirchliche Gemeinde kann in Neudorf-Platendorf, einem 6 km
langen Straßendorf im niedersächsischen Landkreis Gifhorn, bereits
auf eine langjährige Geschichte verweisen. So fand die erste Taufe
dort 1850 statt, 1894 wurde die alte Kapelle mit Predigerwohnung
gebaut und über lange Zeit hinweg war sie die einzige Kirche im
Dorf. Der Versammlungsraum in einem alten Fachwerkhaus blieb über
die Jahre nahezu unverändert erhalten. Lediglich die Bänke wurden
gegen Stühle ausgetauscht und ein zweigeschossiger Anbau mit
Flachdach diente der Verbesserung der
Arbeitsmöglichkeiten für die Gemeinde. Doch das Ganze blieb eher
unbefriedigend; schließlich waren die Toiletten nur über den Hof
erreichbar und die Treppe zum Versammlungsraum im ersten Geschoss
stellte eine große Barriere für Gehbehinderte und ältere
Gemeindemitglieder dar.
Realisiert wurde der Kirchenneubau, dessen zentrales Element ein
ebenerdiger Gottesdienstraum für 120 Personen ist, auf dem
vorhandenen gemeindeeigenen Grundstück nordwestlich des
Bestandsgebäudes. Formal handelt es sich um eine eingeschossige
Wegkirche mit Satteldach und zwei Seitenkapellen mit Flachdach,
die sich gut in die durch Einfamilienhäuser geprägte Umgebung
einfügt. Damit der öffentliche Bau dennoch als solcher erkennbar
ist, wählte der Architekt für die Fassade statt der im Ort üblichen
Klinker einen hellen Putz und ein Zinkbleckdach.
Über einen lang gestreckten Vorplatz erreichen Gemeindemitglieder
und Besucher die Kirche von der Straße aus. Über das Foyer gelangen
sie zu den beiden Stichfluren in den Gottesdienstraum mit
Seitenkapellen. Eine der beiden Kapellen kann mit einer beweglichen
Trennwand zum geschlossenen Saal umgewandelt werden, die andere
bildet das Baptisterium. Blickfang in diesem für Taufzeremonien an
Erwachsenen vorgesehenen Raum ist das große, runde Becken (ø = 3,30
m im oberen Ring) das sich stufenförmig nach unten verjüngt. Des
Weiteren prägt diesen Raum ein Zitat des Labyrinthes aus der
Kathedrale von Chartres, das sich auf der größten Fensterfläche der
Kirche befindet.
Dach
Das Dach der Kirche besteht aus einer massiven Brettstapelplatte
mit Zinkblechdeckung, die sich im Bereich des Gottesdienstraumes zu
einem Satteldach auffaltet, das von innen erlebbar ist. Das
ermöglicht einen einfachen Baukörper mit ökonomischer Konstruktion,
aber auch eine besondere Ästhetik im Innenraum. Die schräg
gefalteten Platten enthalten acht lamellenähnliche, licht- und
luftdurchlässige Zonen, hinter denen Dachfenster in der Oberseite
der Platte sitzen.
Gallerie
In diesem Bereich ist jedes zweite Brett aus der Brettstapelplatte ausgelassen. Die Platte bleibt dennoch weiter statisch wirksam und die planebene Unterseite des Daches behält ihre ruhige Erscheinung. Durch die Schlitze fällt Tageslicht gefiltert in den Gottesdienstraum und sorgt so mit geringem Aufwand für eine stimmungsvolle, sakrale Ästhetik.
Im Sommer können alle Fenster zur natürlichen Be- und Entlüftung
genutzt werden. Dazu dienen die elektrisch betriebenen Dachfenster,
die auf der Südseite zusätzlich mit Hitzeschutz-Markisen
ausgerüstet sind.
Bautafel
Planung: Ulrich Arndt Architekt, Berlin
Projektbeteiligte: Archim Frey Bausachverständiger, Berlin (TGA-Fachplaner); Norbert Hornburg, Sassenburg (Tragwerksplaner); Akustik-Labor Berlin, Berlin (Akustikplaner)
Bauherr: Freikirchliche Gemeinde Neudorf-Platendorf
Fertigstellung: 2012
Standort: Dorfstr. 53, 38524 Neudorf-Platendorf
Bildnachweis: Ulrich Arndt, Berlin