Wohn- und Geschäftshaus am Park in Wien
Symbiose aus privat und öffentlich
Bis zur voraussichtlichen Fertigstellung im Jahr 2025 werden im Wiener Sonnwendviertel 5.000 Wohnungen für etwa 13.000 Menschen gebaut. Dazu kommen noch einmal 25.000 Arbeitsplätze. Bereits 2016 wurde der Helmut-Zilk-Park eröffnet – die „grüne Lunge” des neuen Stadtteils nahe des Hauptbahnhofs. Genau hier steht das von Feld72 Architekten geplante Haus am Park. Bei dem sogenannten Quartiershaus sind die Übergänge von öffentlichen und halböffentlichen Räumen fließend gestaltet.
Gallerie
Der Vorplatz des Wohn- und Geschäftshauses ist als barrierefreie Begegnungszone ausgestaltet, mitsamt Sitzbänken und Bäumen. Mit zunehmendem Wachstum sollen diese zu Schattenspendern werden. Zum Nachbargrundstück orientiert, fungiert ein kleiner Spielplatz als Bindeglied und Treffpunkt.
Arbeiten und Wohnen
Das Erdgeschoss bildet mit einem darüber liegenden Bürogeschoss den Sockel und ist als halböffentlicher Ort konzipiert. Eine Loggia mit weit auskragendem Balkon im ersten Obergeschoss markiert den Hauseingang und ist zugleich Vordach. Durch transluzente Profilbauverglasung und hellen Putz ist der Sockel optisch von den Wohngeschossen getrennt. Diese werden an der Fassade über französische Fenster, metallische Laibungen und unregelmäßig verteilte Balkone charakterisiert. Im Bereich der Treppenhäuser wird das Profilbauglas über den Sockel hinaus weitergeführt, als vor und rückspringendes vertikales Element.
Für gemeinschaftliche Individualisten
Auf jeder Ebene gibt es individuell zugeschnittene und durch die jeweiligen Bewohner definierbare Gemeinschaftsräume, die Verkehrsraum mit Begegnungsraum verknüpfen. Über ein Atrium, das sich hinter dem Profilbauglas verbirgt, sind alle Ebenen räumlich miteinander verbunden, wobei jedes Geschoss seine eigene Wandfarbe erhielt. Erschlossen werden die Wohnungen hauptsächlich über Laubengänge, die sich zum Atrium hin öffnen.
Das Gebäude hat über 29 Ein- bis Vierzimmerwohnungen, wobei der Großteil über zwei oder drei Zimmer verfügt. Die Größe variiert zwischen 38 und 120 Quadratmetern. Dabei sind die Grundrisse flexibel veränderbar. Ermöglicht wird dies, indem bei der Konstruktion weitgehend auf tragende Wandscheiben verzichtet wurde. Nicht zuletzt soll so eine soziale Durchmischung bei der Bewohnerschaft begünstigt werden.
Flachdach: Dachterrassen zum „Chillen“ und
Gärtnern
Das Quartiershaus schließt mit einem Flachdach und
diversen Dachterrassen ab, die sowohl privat als auch
gemeinschaftlich genutzt werden können. Auf dem Dach des vierten
Stockwerks wurde das sogenannte Chilletarium eingerichtet – ein
eigens entworfenes Podest mit umlaufender Sitzbank und Liegefläche,
die von Hochbeeten eingefasst und über ein paar Stufen von zwei
Seiten zugänglich ist.
Auf dem Dach des sechsten Geschosses entstand zur Förderung der Hausgemeinschaft ein bepflanzter Dachgarten. Hier können die Bewohner gemeinsam einen Gemüsegarten bewirtschaften, der sich über einigen Beete und Hochbeete erstreckt. Dies soll einen Ausgleich schaffen zu fehlenden Gartenflächen in der Stadt. Die Idee des „Urban Farming“, also Landwirtschaft in der Stadt zu betreiben, ist gerade in dicht besiedelten Städten auf dem Vormarsch.
Der Anbau sowie der Konsum regionaler und saisonaler Lebensmittel stärkt das ökologische Bewusstsein und trägt zur Nachhaltigkeit bei. Auf Dachflächen kann dafür Regenwasser aufgefangen und die Abwärme des Gebäudes nutzbar gemacht werden. Die Bepflanzung bewirkt Kühlung im Sommer und Wärmedämmung in den Wintermonaten. Gründächer wirken sich somit positiv auf das Gebäudeklima aus und schonen darüber hinaus Ressourcen.
Bei bepflanzten Dächern ist zu beachten, dass der Dachaufbau
mit einer wurzelfesten Abdichtung versehen wird. Je nach Pflanzenart
empfiehlt sich ein Substrat-Aufbau zwischen 20 und 40 cm. Die
Bewässerung erfolgt in Abhängigkeit der Pflanzenauswahl.
Bautafel
Architektur: Feld72 Architekten, Wien
Projektbeteiligte: Susanne Kallinger / Yewo Landscapes, Wien (Landschaftsarchitektur); Alexander Katzkow & Partner (Tragwerksplanung / Bauphysik)
Bauherrschaft: Kallinger Projekte
Fertigstellung: 2018
Standort: Sissy-Löwinger-Weg 7, 1100 Wien, Österreich
Bildnachweis: Hertha Hurnaus, Wien
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