Komera Leadership Center in Ostruanda
Geflochtene Wände, transluzente Tore und Mauerwerk
Das ruandische Wort „Komera“ heißt so viel wie „stark sein, Courage zeigen“. Unter diesem Namen engagiert sich eine lokale Organisation in Rwinkwavu, in der ländlich geprägten Ostprovinz Ruandas, seit rund zehn Jahren für die Stärkung und Emanzipation junger Frauen und Mädchen. Knapp 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Kigali, etwas abseits in der offenen Savanne des Akagera-Nationalparks gelegen, wurde 2022 das Komera Leadership Center eröffnet. Geplant hat es das Büro BE_DESIGN, das von New York und Kigali aus tätig ist.
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Getragen wird die Einrichtung vom ruandischen Bildungsministerium sowie von zahlreichen karitativen Institutionen. Sie soll fast 30.000 Menschen in der Region unterstützen, basierend auf den drei Säulen Bildung, Gemeinschaftsentwicklung und Gesundheit. Das an junge, weibliche Personen gerichtete Angebot umfasst Stipendien, Führungs- und Mentoringprogramme, Hilfe bei Familienentwicklung, Gewerbegründung sowie Gesundheitsfragen, Wellnessprogramme und Sportaktivitäten. Bereits der Bau, der vorwiegend mit lokalen Materialien errichtet wurde, war in die Aktivitäten des Komera Leadership Centers eingebunden. Es wurden einheimische Arbeitskräfte beschäftigt, davon 40 Prozent Frauen, und die Ausbildung von Fachkräften sowie die Vermittlung von Baukenntnissen waren Teil des Projekts.
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Gemeinsames Dach
Für die vielfältigen Angebote der Organisation haben die Architekt*innen einen sich auf rund 60 x 40 Metern ausgebreitenden, eingeschossigen Komplex entworfen. Unter einer gefalteten Dachlandschaft verstreut befinden sich zahlreiche Mauern, die mal rechtwinklig, mal zueinander verdreht verlaufen und eine Reihe kompakter wie lose miteinanderverbundener Räume einrahmen. Umgeben sind sie von einem Perimeter aus Sonnenschutzwänden mit Eukalyptusmatten, die von der Traufe spitz nach unten zeigen. Umlaufend unter den Dachrändern erzeugen sie mehr oder weniger abgegrenzte Freiräume, die zahlreiche Sitzgelegenheiten bieten. Zugleich fassen die Fassadenelemente in Kombination mit dem großen Dach die vielen Bereiche auch visuell zusammen: Verwaltung, Gesundheit und Beratung, Klassen- und Versammlungsräume sowie Küche, Speisesaal und Lager.
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Im Kern flexibel
Den Kern der Anlage bildet ein flexibler Raum unter einem langgestreckten Satteldach. Dieser lässt sich durch vier wandhohe, transparente Torflügel im mittleren Segment anpassen: Werden die Tore zu den Längsseiten des Dachs geschlossen, bildet sich ein länglicher Saal. Für den Unterricht können die Tore nach innen geklappt werden, sodass im nördlichen und südlichen Segment zwei je 8 x 8 Meter große Räume entstehen. In der nun seitlich offenen Mitte bleibt währenddessen ein genauso großer, überdachter Außenraum übrig. Werden die Tore jedoch vollständig nach außen geklappt, lässt sich der geöffnete Raum auch für größere Aufführungen mit zentraler Bühne und kreuzförmig angeordneten Stühlen nutzen.
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Zeichenhafte Fassade
Das Dach hat eine dunkle Wellblechdeckung und raumseitig eine filigrane Lattenverkleidung. Die massiven Wände sind mit hellgelben Lehmziegeln, teils im Blockverband, teils in fischgrätartigen Zierverbänden aufgemauert. Bei den Sonnenschutzwänden sind schlanke Stahlprofile zu einem System aus Dreiecks- und Rautenflächen zusammengefügt, vor denen die Matten aus vertikal angeordneten, miteinander verflochtenen Eukalyptusholz-Stäben hängen. Die breiten Stahlrahmenflügel der Tore des zentralen, teilbaren Saals laufen auf Rollen am Boden. Sie sind – wie auch mehrere, größere Dreiecksfenster – mit Doppelstegplatten versehen.
Die Verbindung aus dynamischer Dachlandschaft, seitlich vortretenden spitz aufragenden Mauerwerksecken und damit korrespondierenden Fensterfronten und Sonnensegeln gibt dem Ensemble eine signifikante, unverwechselbare Erscheinung. Die Zickzack-, Dreiecks- und Rautenmotive von Tor- und Fenstersprossen, Dachlinien und Fassade sind von der regional verbreiteten Imigongo-Kunst inspiriert, die im Zuge des Völkermords fast verlorengegangen wäre.
Bautafel
Architekten: BE_DESIGN, New York / Kigali
Projektbeteiligte: Bruce Engel, Emmanuel Havugimana (projektverantwortliche Architekten), Rwanda Village Enterprises, Kigali (Generalunternehmer; Beteiligte: Brian Halusan, Justin Twizere, mit örtlichen Arbeitskräften)
Bauherr: Komera Leadership Center
Fertigstellung: 2022
Standort: 4PC3+5J2, Akagera Road, Rwinkwavu, Ruanda
Bildnachweis: Bruce Engel (Fotos); BE_DESIGN, New York / Kigali (Pläne)
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